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Ein Blick auf den teilweise kollabierten Rhonegletscher in Obergoms Ein Blick auf den teilweise kollabierten Rhonegletscher in Obergoms  Leitartikel

„Multilateralismus von unten“ zur Bekämpfung des Klimawandels

Franziskus' neues Schreiben unterstreicht die Bedeutung globaler Autoritäten, die in der Lage sein müssen, Verpflichtungen durchzusetzen, und die Notwendigkeit, dass alle sich daran beteiligen.

Andrea Tornielli

Mit dem apostolischen Schreiben Laudate Deum hat Papst Franziskus nicht nur die Botschaft der vor acht Jahren veröffentlichten Enzyklika Laudato si' präzisiert und ergänzt, ebenso wie dieses neue Dokument, das reich an Daten und Zahlen aus der neuesten wissenschaftlichen Literatur ist, mehr ist als nur ein weiterer dramatischer Alarmruf über die immer schwerwiegenderen Folgen des Klimawandels in der Hoffnung, dass die Klimakonferenz COP28 in Dubai den Trend endlich umkehren kann, bevor es zu spät ist.

Laudate Deum enthält viel mehr, und in dem Kapitel, das der Schwäche der internationalen Politik gewidmet ist, legt es den Finger auf einen Missstand unserer Zeit: das Fehlen von supranationalen Institutionen und Organisationen, die in der Lage wären, Verpflichtungen durchzusetzen und Streitigkeiten beizulegen. Diese Hinweise stellt die der Nachfolger Petri in den Kontext der Klimakrise und der Notwendigkeit, die schädlichen Emissionen durch eine echte ökologische Umkehr zu reduzieren, aber sie betreffen unsere Zukunft nicht nur in Bezug auf die Bewahrung der Schöpfung. Sie sind auch auf andere Bereiche anwendbar, man denke nur an den Krieg, oder besser gesagt an die vielen Kriege, die derzeit in der Welt geführt werden, Teile eines gespenstischen Mosaiks, das Franziskus wiederholt als „Dritter Weltkrieg in Stücken“ bezeichnet hat.

Die Vision, die der Papst vorschlägt, ist die multipolare, die des Multilateralismus, wobei er auf der Notwendigkeit besteht, multilaterale Vereinbarungen zwischen den Staaten und die Möglichkeit „einer Form von politischer Weltautorität (...), die sich dem Recht unterordnet“, zu fördern, also von „die mit der Autorität ausgestattet sind, das weltweite Gemeinwohl, die Beseitigung von Hunger und Elend sowie die wirksame Verteidigung der Menschenrechte zu gewährleisten“. Organisationen, die damit in der Lage seien, „die Erfüllung bestimmter unverzichtbarer Ziele zu ,gewährleisten'." Es werden neue Instrumente benötigt, keine bloße Auffrischung alter Instrumente.

Wie im Fall des Krieges in der Ukraine hofft der Papst auf eine Wiederentdeckung des „Geistes“ von Helsinki, wohl wissend, dass die Konferenz von 1975 über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa als solche heute unwiederholbar ist. So schreibt er im Hinblick auf die Umweltkrise: „Mehr als den alten Multilateralismus zu retten, scheint es, dass die Herausforderung heute darin besteht, ihn im Lichte der neuen globalen Situation neu zu konfigurieren und zu erschaffen“, wobei er die Arbeit anerkennt und wertschätzt, die so viele Zusammenschlüsse und Organisationen der Zivilgesellschaft leisten, um die Schwächen der internationalen Gemeinschaft auszugleichen. In diesem Zusammenhang ist es bezeichnend, dass der Papst den Ottawa-Prozess gegen die Herstellung und den Einsatz von Antipersonenminen anführt, als „ein Beispiel dafür, wie die Zivilgesellschaft und ihre Organisationen in der Lage sind, effiziente Dynamiken zu schaffen, die die Vereinten Nationen nicht erreichen“.

In seinem Schreiben schlägt der Bischof von Rom daher den Multilateralismus als „unausweichlichen Weg“ vor, einen „Multilateralismus ,von unten' (...), der nicht einfach von den Machteliten beschlossen wurde“. Er erkennt die Bedeutung der neuen aufstrebenden Mächte an, die „zunehmend an Bedeutung“ gewinnen. Um diesen neuen Multilateralismus zu verwirklichen, sind neue Verfahren für die Entscheidungsfindung erforderlich, wir brauchen „Räume des Gesprächs, der Konsultation, der Schlichtung, der Konfliktlösung und der Supervision, letztendlich also eine Art größere Demokratisierung auf Weltebene (...), damit die verschiedenen Situationen wahrgenommen und einbezogen werden können.“ 

Denn, so Franziskus abschließend: „Es wird nicht mehr hilfreich sein, Institutionen aufrechtzuerhalten, die die Rechte der Stärksten wahren, ohne sich um die Rechte aller zu kümmern.“ Ob es um die Klima- und Migrationskrise geht oder um die Konflikte, die den Globus mit Blut beflecken, oder schließlich um den Skandal des Hungers und des Durstes in der Welt mit dem Vorschlag, das derzeitige Finanz- und Wirtschaftssystem zu ändern, das „Ungleichgewicht“ produziert. All dies sind miteinander verbundene Phänomene, wie die Enzyklika Laudato si' bereits deutlich gezeigt hat.

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04. Oktober 2023, 12:06