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Vatikan: „KI zu Instrument des Friedens machen“

Die Nutzung Künstlicher Intelligenz darf nicht verteufelt werden, doch sollte man sich bei der Diskussion über den technischen Fortschritt stets von der Prämisse leiten lassen, welche Auswirkungen dieser auf die menschliche Würde hat und wie er zur Friedensstiftung beitragen kann. Das ist das Herzstück der Botschaft des Papstes zum kommenden Weltfriedenstag. Im Rahmen einer Pressekonferenz wurde die Botschaft an diesem Donnerstag vorgestellt.

Christine Seuss - Vatikanstadt

In seiner Botschaft, die der Vatikan an diesem Mittwoch veröffentlicht hat, spricht Papst Franziskus mit Blick auf die Künstliche Intelligenz (KI) von einem „Zeichen der Zeit“. Dieses müsse die Kirche im Licht des Evangeliums interpretieren, hob Kurienkardinal Czerny bei der Vorstellung hervor.

„Künstliche Intelligenz ist ein Zeichen der Zeit und bedarf ebenso wie jede andere Form menschlichen Einfallsreichtums einer sorgfältigen Prüfung, um sicherzustellen, dass sie wirklich dem Gemeinwohl dient, den unveräußerlichen Wert der menschlichen Person schützt und unsere Grundrechte fördert“, so die Beobachtung des Kanadiers, der seit April 2022 dem Dikasterium für ganzheitliche menschliche Bildung vorsteht, das Papst Franziskus einige Jahre zuvor geschaffen hatte und welches ihm auch besonders am Herzen liegt. Bereits jetzt übe Künstliche Intelligenz einen starken Einfluss auf unser tägliches Leben aus und werde dies in Zukunft auch weiter tun, betonte Czerny: „Da wir nicht wissen, wohin die Künstliche Intelligenz die Menschheitsfamilie führen wird, muss jeder besser über die Entwicklungen informiert sein, wenn sie eintreten, um seine Meinung zu äußern und Verantwortung zu übernehmen.“

„Wenn das technokratische Paradigma die einzige Regel ist, die die künstliche Intelligenz beherrscht, wird dies zu unsäglichen Kollateralschäden führen: Ungleichheit, Ungerechtigkeit, Spannungen, Konflikte“

Den Beitrag, den der aktuelle wissenschaftliche und technische Fortschritt für die Menschheit leiste, nehme Papst Franziskus „positiv zur Kenntnis“; er erteile aber dem rücksichtslosen Fortschritt nur um des wirtschaftlichen Profites willen eine Absage, unterstrich Czerny.

„Wenn das technokratische Paradigma die einzige Regel ist, die die Künstliche Intelligenz beherrscht, wird dies zu unsäglichen Kollateralschäden führen: Ungleichheit, Ungerechtigkeit, Spannungen, Konflikte.“

Die Herausforderungen, die die Künstliche Intelligenz mit sich bringe, seien technischer, aber auch anthropologischer, pädagogischer, sozialer und politischer Natur: „Denken Sie an den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zu Kriegszwecken. Sie werden nicht nur immer raffinierter und zerstörerischer, sondern entziehen dem Kampfgeschehen auch die menschliche Verantwortung. Letztlich drückt niemand den Abzug oder wirft die Bombe ab - nur ein Algorithmus.“

„Letztlich drückt niemand den Abzug oder wirft die Bombe ab, sondern ein Algorithmus“

Gleichzeitig würden in der Arbeitswelt durch fortschreitende Nutzung von Robotik und KI immer mehr Arbeitsplätze vernichtet, was einen Anstieg der Armut begünstige. Ebenso eröffne KI mittlerweile auch neue Möglichkeiten dafür, „Worte und Bilder absichtlich zu verzerren, Fehlinformationen zu liefern und zu manipulieren“, was „die bürgerliche Ordnung und die demokratische Staatsführung ernsthaft“ untergrabe, so die Bestandsaufnahme negativer Folgen der Entwicklung.

Verbindliche Regelungen

Um dem entgegenzusteuern, brauche es Bildung der Nutzer ebenso wie eine durchgehende Überwachung und Regulierung neuer Technologien, so der Appell in der Botschaft des Papstes, paraphrasiert durch Kardinal Czerny:

„Um die Entwicklung und den Einsatz von künstlicher Intelligenz verantwortungsvoll zu regeln, sind wirksame Regelungen innerhalb der Staaten sowie multilaterale Vereinbarungen und verbindliche Verträge erforderlich. Genau das, was auch Papst Franziskus bei Cop 28 angemahnt hat. Es liegt also an allen Beteiligten, den Eigentümern und den Entwicklern, aber auch an den Staatsoberhäuptern, den politischen Behörden, den Führern der Zivilgesellschaft und den religiösen Führern. Aber wir brauchen eine noch breitere Mitverantwortung unter ihnen und auch mit allen anderen, wenn wir den nachfolgenden Generationen eine bessere, friedlichere Welt hinterlassen wollen..“

KI muss allen offenstehen

Einen anderen Akzent in der Pressekonferenz setzte Barbara Caputo, ihres Zeichens Ordinarprofessorin an der Technischen Universität Turin und Leiterin des universitären AI-Hubs. Sie berät auch die italienische Regierung in Fragen der Künstlichen Intelligenz. Es sei eine „große Freude“, in diesen Zeiten zu Künstlicher Intelligenz zu forschen und zu unterrichten, handele es sich doch um eine technische Neuerung, die allmählich „zur Reife“ gelange, so die Professorin vor den Journalisten. Doch gebe es dabei auch eine „große Verantwortung“ zu stemmen, gab sie zu bedenken:

„Die Schüler von heute werden die Protagonisten von morgen sein, wenn es um die Entwicklung, den Einsatz und die Kontrolle von Technologien geht, die zunehmend Teil unseres täglichen Lebens sind. Was und wie unterrichtet wird, kann einen sehr starken Einfluss auf ihr Leben und das unsere haben.“

„Was und wie unterrichtet wird, kann einen sehr starken Einfluss auf ihr Leben und das unsere haben“

Grundlegend sei es in diesem Zusammenhang, in der Lehre den ständig neuen Entwicklungen nicht hinterherzuhinken, ohne Modeerscheinungen aufzusitzen. Doch vor allem müsse die Ausbildung zu Künstlicher Intelligenz allen offenstehen, wenn sie als Werkzeug zum Frieden dienen soll. „Leider gibt es heute zu wenige Universitäten auf der Welt, an denen Studenten Zugang zu einer angemessenen Recheninfrastruktur für Künstliche Intelligenz haben“, gibt sie mit Blick auf so genannte „Supercomputer“ zu bedenken, die für die Entwicklung und den Einsatz von generativer künstlicher Intelligenz notwendig und aufgrund ihrer komplexen Funktionsweise und ihres erhöhten Energieverbrauchs extrem kostenaufwendig sind.

Doch auch wenn teils erhebliche öffentliche Förderungen zur Konstruktion solcher Maschinen aufgewendet worden seien, stünden diese hauptsächlich zur Unterstützung privater Forschung und Entwicklung auf Kosten der universitären Ausbildung zu Verfügung:

„Wenn die Künstliche Intelligenz ein Instrument des Friedens sein soll, müssen wir uns bemühen, dies zu ändern. Wenn wir, wie der Heilige Vater sagt, wollen, dass ,die Stimmen aller gehört werden‘, müssen wir dafür sorgen, dass es mehr und mehr maßgebliche technische Stimmen aus der ganzen Welt gibt, die den Reichtum ihrer Erfahrung, Geschichte und Kultur in die technische Entwicklung der zukünftigen Künstlichen Intelligenz einbringen können“, so der Appell der Universitätsprofessorin. Dafür sei es nötig, jedem Interessierten und Talentierten jungen Menschen, egal welcher Herkunft, eine angemessene technische Ausbildung zu ermöglichen: „Machen wir die Künstliche Intelligenz zu einem echten Instrument des Friedens, indem wir sie wirklich für alle zugänglich und verständlich machen, und somit wirklich zu einer Frucht der Arbeit der ganzen Menschheit“.

Begleitmaterialien

Begleitend zu der Botschaft hat der Vatikan auch ein Video in verschiedenen Sprachen veröffentlicht (darunter allerdings nicht Deutsch), das bei der Annäherung an das Thema helfen soll. Ebenso finden sich auf einer eigens eingerichteten Webseite Materialien und Hilfsmittel für eine weitere Beschäftigung und Vertiefung auch in den Pfarrgemeinden.

Weitere Relatoren bei der Konferenz waren der Dominikaner und Dozent für Theologie der technischen Wissenschaften und Moraltheologie an der römischen Universität LUMSA, Riccardo Lufrani, sowie der französische Professor für Philosphie und Ethik der Wissenschaften und Technologie am Projekt CONFLUENCE der Katholischen Universität Lyon Mathieu Guillermin. Beide beschäftigen sich in ihrer Forschung eingehend mit den Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz.

(vatican news)

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14. Dezember 2023, 12:41