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Kardinal Leonardo Sandri in Abu Dhabi zur Zayed-Preis-Vergabe Kardinal Leonardo Sandri in Abu Dhabi zur Zayed-Preis-Vergabe 

Kardinal Sandri: Ohne Geschwisterlichkeit riskiert die Welt die Selbstzerstörung

Deshalb müsste alle Länder ihr Zusammenleben auf Geschwisterlichkeit und Soldiarität gründen. Das betont der argentinische Kardinal, der auch Subdekan des Kardinalskollegiums und Jury-Mitglied für den Zayed-Preis für menschliche Geschwisterlichkeit 2024 ist, bei den Feierlichkeiten in Abu Dhabi zur Preisvergabe und anlässlich des von der UNO ins Leben gerufenen Welttags gegenüber Radio Vatikan. Richter Abdelsalam: Preisträger sind „Leuchttürme der Inspiration“ für alle Kontinente.

Alessandro Di Bussolo - Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate)

In seiner Botschaft zum Internationalen Tag der Geschwisterlichkeit unter den Menschen, die in Abu Dhabi während der Versammlung im Haus der abrahamitischen Familie verlesen wurde, beklagt Papst Franziskus, dass „die Auswirkungen eines Mangels an geschwisterlicher Solidarität“ zu „Umweltzerstörung“ und „sozialer Degradierung“ und damit zu „unermesslichem Leid“ bei so vielen Brüdern und Schwestern in der Welt führten. Leonardo Sandri war schon vor fünf Jahren bei der historischen Unterzeichnung des Dokuments über menschliche Brüderlichkeit in der Gründergedenkstätte in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate dabei. Er betont zur aktuellen Feierstunde in den Emiraten gegenüber unserem Korrespondenten, dass es immer noch zu viele „Kriege, Leiden und Hass zwischen Menschen und zwischen Ländern“ gebe, die den Werten dieser Erklärung zuwiderliefen.

Ein konkreter Schritt - der Zayed-Preis mit über 140 Bewerbungen

„Wie können wir in dieser Welt vorankommen“, fragt sich Sandri, der auch emeritierter Präfekt des Dikasteriums für die Orientalischen Kirchen ist, „wenn es keine Geschwisterlichkeit und keinen Frieden unter uns gibt? Es ist eine Frage, die an das Gewissen aller Menschen gestellt werden muss: Wenn die Grundsätze des Dokuments über die Brüderlichkeit der Menschen nicht respektiert werden, läuft die Welt auf den Abgrund des Hasses, der Spaltung und der Selbstzerstörung zu“. Stattdessen können die drei monotheistischen Religionen, „und ich spreche insbesondere für uns Christen, im Glauben an Gott und an Jesus Christus, daran arbeiten, die Welt zu erheben und konkrete Schritte zu unternehmen. Konkrete Schritte gibt es bereits, wie den Zayed-Preis, für den sich in diesem Jahr mehr als 140 Kandidaten beworben haben, was beeindruckend ist“. Was dem argentinischen Kardinal jedoch noch fehlt, ist, „dass die gesamte Gesellschaft und alle Länder der Welt ihrem Handeln, ihrem Dialog und ihrem Zusammenleben diese Identität der Geschwisterlichkeit verleihen. Und es ist besorgniserregend, dass viele Länder anstelle dieser Werte die Lösung ihrer Spannungen im Krieg oder in Hass, Spaltung und der Aufweichung der Menschenwürde suchen“.

Alle Preisträger arbeiten „gedrängt durch die Gegenwart Gottes“

In seiner Botschaft betont der Papst, dass „keine individuelle oder menschliche Anstrengung allein den Weg der menschlichen Brüderlichkeit voranbringen kann“, und zitiert die Enzyklika „Fratelli tutti“, um daran zu erinnern, dass es „ohne eine Offenheit gegenüber dem Vater aller keine soliden und stabilen Gründe für einen Aufruf zur Geschwisterlichkeit geben wird“. Mit Blick auf die Preisträger des Zayed-Preises können wir alle, so der Papst, „nicht nur durch das Beispiel“ ihrer guten Werke ermutigt werden, „sondern auch durch die religiösen Intuitionen und Überzeugungen, die in ihnen eine solche Großzügigkeit des Herzens inspiriert haben“. Kardinal Sandri stellt in diesem Zusammenhang fest, dass alle Preisträger der fünf Ausgaben, „ob Christen, Muslime oder Juden, mit dem Impuls arbeiten, der ihnen aus der Gegenwart Gottes in der Welt und in den Menschen erwächst“. Die Existenz des Menschen, unterstreicht er, „der Gesellschaft und damit der universellen Geschwisterlichkeit existiert nicht ohne Gott. Dieser Gedanke kehrt in der Erklärung immer wieder: Gott steht im Mittelpunkt des menschlichen Lebens.“

Engagement für die Würde von Mann und Frau

Der Kardinal, der auch als Diplomat in Madagaskar, in den Vereinigten Staaten als päpstlicher Vertreter bei der Organisation Amerikanischer Staaten, in Venezuela und in Mexiko tätig war, erklärt, dass wir in den drei Preisträgern des diesjährigen Zayed-Preises Menschen und Vereinigungen finden, „die sich auf der Grundlage der Liebe Gottes für den Menschen und seine Weiterentwicklung eingesetzt haben. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich für die Würde von Männern und Frauen, von alten Menschen und Kindern einsetzen. Dies kommt in dem Dokument über die menschliche Brüderlichkeit sehr deutlich zum Ausdruck, auch was die Würde der Frauen betrifft.“ Sandri denkt an die indonesischen islamischen Organisationen Nahdlatul Ulama und Muhammadiyah, an den ägyptischen Herzchirurgen Magdi Yacoub, vor allem aber an die chilenische Schwester Nelly León, genannt die „Mutter der Gefängnisinsassinnen“, eine Ordensfrau der Kongregation vom Guten Hirten.

Schwester Nelly an der Seite von Gefangenen, den ärmsten Frauen

Der argentinische Kardinal betont, dass „bis jetzt noch nie eine Persönlichkeit aus Lateinamerika unter den Preisträgern des Zayed-Preises war“ und begrüßt daher die Anerkennung von Schwester Nelly, die vor allem, aber nicht nur, in Santiago de Chile arbeitet. „Wir hören, was der Papst über die Würde und die Bedeutung der Frauen im Leben der Welt und der Kirche sagt. Und stattdessen“, so Sandri weiter, „sehen wir, wie Frauen in vielen Fällen zur Ware gemacht oder mit Missachtung der Menschenwürde behandelt werden. Dies ist in vielen Bereichen der Wirtschaft, auf der Führungsebene und in den zwischenmenschlichen Beziehungen der Fall: Frauen, die verlassen werden, die Gewalt erleiden: ein Thema, das uns heute hier in Europa sehr beschäftigt, ist das der Frauenmorde“. Die chilenische Ordensfrau, die die Stiftung „Mujer, Levántate“ gegründet hat, so der Kardinal, „hat sich dafür eingesetzt, die Würde der Frauen zu stärken und sie auch bei denjenigen hervorzuheben, die wegen eines Verbrechens im Gefängnis sitzen. In einer Zeit, in der die Würde der Frauen so verachtet wird, setzt sich diese Frau, eine Ordensfrau, für sie ein“.

Bei der Veranstaltung zum Welttag der Geschwisterlichkeit (Richter Abdelsalam 1. v. l.)
Bei der Veranstaltung zum Welttag der Geschwisterlichkeit (Richter Abdelsalam 1. v. l.)

Abdelsalam: Wenn man diesen Frauen hilft, werden sie nicht wieder kriminell

Auch der ägyptische Richter Mohammed Abdelsalam, Generalsekretär des Zayed-Preises für Geschwisterlichkeit, der erste Araber und der erste Muslim, der mit einer päpstlichen Auszeichnung geehrt wurde und mit Fratelli tutti auch eine päpstliche Enzyklika vorgestellt hat, zeigt sich beeindruckt von Schwester Nellys Arbeit. Er erinnert im Gespräch mit Vatican News daran, dass sei „aus eigenem Antrieb beschlossen hat, ihren Dienst im Gefängnis zu leben und den weiblichen Gefangenen zu helfen. Frauen, die in ihrem Leben, aufgrund bestimmter Umstände und Bedingungen, Verbrechen und Fehler begangen haben, aber ohne jegliche Unterstützung ins Gefängnis geworfen worden sind. Und wenn sie ohne Hilfe aus dem Gefängnis kommen, frustriert und verzweifelt, könnten sie weitere Verbrechen begehen“. Die chilenische Ordensfrau und ihre Stiftung stellen sich also „in den Dienst ihrer Gemeinschaft“, indem sie sich auch außerhalb des Gefängnisses für sie einsetzen. Mehr als 95 Prozent der von Schwester Nelly und ihrer Stiftung unterstützten Frauen, so Abdelsalam, „haben die Kriminalität hinter sich gelassen und sind zu sehr aktiven und teilnehmenden Mitgliedern ihrer Familien und Gemeinden geworden".

Das Beispiel der indonesischen Organisationen in die Welt tragen

Der Generalsekretär des Zayed-Preises betont auch, dass die Jury bei dem schwierigen Bewertungsprozess „verschiedene Modelle aus verschiedenen Teilen der Welt, aus Afrika, Lateinamerika und Südostasien, hervorheben und auswählen wollte, um Leuchttürme der Inspiration aus verschiedenen Breitengraden zu präsentieren, die auch andere Menschen dazu motivieren, die Werte der menschlichen Geschwisterlichkeit zu leben, gegen den Rauch, der von Kriegen und Konflikten in verschiedenen Teilen der Welt aufsteigt“. Dies ist der Fall bei den beiden islamischen Organisationen Nahdlatul Ulama la Muhammadiyah, die „seit mehr als hundert Jahren in Indonesien tätig sind und kostenlose Bildung für die Armen, Gesundheitsdienste und auch Bildung für verschiedene bedürftige Familien anbieten“. Aber in all diesen Jahren, so betont Richter Abdelsalam, „haben nur wenige außerhalb Indonesiens von ihrem Engagement für diese humanitären Werte erfahren. Deshalb war die Jury der Meinung, dass wir, indem wir sie mit diesem Preis für menschliche Geschwisterlichkeit auszeichnen, die Menschen in Indonesien und Asien, aber auch außerhalb Asiens, in der ganzen Welt, motivieren und inspirieren können, den Bedürftigen die Hand zum Dienst, zum Engagement und zur Solidarität zu reichen.“

Der Herzchirurg Yacoub, „Retter der Kinder“ und Ausbilder für Ärzte

Schließlich kommt der Ägypter Abdelsalam auf seinen Landsmann, den Herzchirurgen Magdi Yacoub, zu sprechen, den er als „Retter der Kinder und Retter der Herzen“ bezeichnet, „weil er sein ganzes Leben als Chirurg einer Behandlung gewidmet hat, die in Ägypten und Afrika nicht ohne Weiteres verfügbar ist, und so Tausende von Leben gerettet und Hunderte von Chirurgen und Ärzten ausgebildet hat“. Und auch nach seiner Pensionierung, so betont der Generalsekretär des Preises, „hat er sich nicht zur Ruhe gesetzt, wie so viele andere Ärzte, die sich zur Ruhe gesetzt haben. Stattdessen begann er eine neue Reise, auf der er viele Krankenhäuser gründete und Hunderte von Ärzten und Herzchirurgen ausbildete und dazu beitrug, das Leben Tausender von Kindern zu retten. Und ich habe das in Ägypten miterlebt, denn die Art von Operationen, die er anbietet, sind in unserem Land nicht ohne Weiteres verfügbar. Er hat sein Leben der Aufgabe gewidmet, das Leben vieler Familien zu verändern, die keine Hoffnung für die Zukunft ihrer kranken Kinder hatten.“

(vatican news - cs)

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04. Februar 2024, 12:08