Suche

Blick über Kolonnaden und Petersplatz Blick über Kolonnaden und Petersplatz  (VATICAN MEDIA Divisione Foto) Leitartikel

Fiducia supplicans und die Unterscheidung Joseph Ratzingers

Dass Papst Franziskus mit „Fiducia supplicans“ im Einklang mit den vorherigen Pontifikaten steht, erläutert der Chefredakteur von Vatican News, Andrea Tornielli, in einem Leitartikel von diesem Dienstag.

Bereits im Jahr 2000 unterschied der damalige Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, in einer Erklärung zwischen rituellen und in liturgischen Büchern enthaltenen Heilungsgebeten sowie pastoralen oder spontanen Gebeten. Das gleiche Kriterium wird in „Fiducia supplicans“ angewandt, um die Möglichkeit einer Segnung von irregulären Paaren zuzulassen.

Andrea Tornielli

Die Erklärung „Fiducia supplicans“, die vom Dikasterium für die Glaubenslehre im vergangenen Dezember veröffentlicht wurde, ändert bekanntlich nichts an der traditionellen Lehre über die Ehe, die den ehelichen Segen nur einen Mann und eine Frau vorsieht, die heiraten. Was durch das Dokument - das die Möglichkeit einfacher spontaner Segnungen auch für irreguläre oder gleichgeschlechtliche Paare zulässt, ohne dass dies bedeutet, ihre Verbindung zu segnen oder ihre Lebensführung zu billigen - noch vertieft wird, ist vielmehr die Art der Segnungen. „Fiducia supplicans“ unterscheidet nämlich zwischen liturgischen oder rituellen Segnungen sowie spontanen oder pastoralen Segnungen.

Was die liturgischen Segnungen betrifft, so gibt es zwei Möglichkeiten, sie zu verstehen. Da ist zunächst ein weites Verständnis, nach dem jedes Gebet eines geweihten Amtsträgers als „liturgisch“ betrachtet wird, auch wenn es ohne rituelle Form und ohne einen offiziellen Text gesprochen wird. Und da ist, andererseits, ein engeres Verständnis, demzufolge ein Gebet oder eine Anrufung über Menschen nur dann „liturgisch“ ist, wenn es „rituell“ verrichtet wird, genauer gesagt, wenn es auf einem von der kirchlichen Autorität genehmigten Text beruht.

Einige der Kritiker, die die jüngste Erklärung in Frage gestellt haben, sehen nur die weite Bedeutung für zulässig an und halten daher die Unterscheidung zwischen „rituellen“ und „liturgischen“ Gebeten oder Segnungen und „pastoralen“ und „spontanen“ Gebeten oder Segnungen nicht für akzeptabel. Unter ihnen wenden einige ein, dass auch die Liturgie eine pastorale Bedeutung hat. In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, dass „Fiducia supplicans“ dem Wort „pastoral“ einen besonderen Sinn gibt, nämlich den Sinn einer besonderen Fürsorge für die Begleitung derer, denen der Segen gespendet wird – nach dem Bild des „guten Hirten“, der nicht eher ruht, als bis er alle gefunden hat, die sich verirrt haben.

Andere argumentieren, dass alle Gebete „liturgisch“ seien und daher alle den für die Liturgie der Kirche geltenden Kriterien unterliegen würden. Auf diesen Einwand ging Papst Franziskus selbst in seiner Ansprache an die Teilnehmer der Vollversammlung des Dikasteriums für die Glaubenslehre am 26. Januar ein, in der er davon sprach, dass für den Empfang solcher pastoralen oder spontanen Segnungen „außerhalb jedes liturgischen Kontextes und jeder liturgischen Form“ „keine moralische Vollkommenheit vorausgesetzt wird“. Die Worte des Papstes bestätigen somit die Orientierung an dem engeren Verständnis der liturgischen Segnungen.

Ein wichtiger Präzedenzfall bezüglich der Unterscheidung zwischen dem, was liturgisch ist, und dem, was nicht liturgisch ist, findet sich in einer Instruktion aus dem Jahr 2000, die von der damaligen Kongregation für die Glaubenslehre veröffentlicht, von Kardinal Joseph Ratzinger unterzeichnet und von Johannes Paul II. gebilligt wurde.

Das Thema dieser Instruktion sind Gebete, um Heilung durch Gott zu empfangen. In Punkt zwei des ersten Teils des Dokuments wird daran erinnert, dass es „im De benedictionibus des Rituale Romanum (des liturgischen Buches der Feiern nach dem römischen Ritus, Anm.) einen Ordo benedictionis infirmorum gibt, in dem mehrere euchologische Texte enthalten sind, in denen um Heilung gebeten wird“. Im letzten Teil der Instruktion, der den Disziplinarbestimmungen gewidmet ist, findet sich dann ein Artikel (2), in dem es heißt: „Heilungsgebete gelten als liturgisch, wenn sie in den von der zuständigen Autorität der Kirche approbierten liturgischen Büchern enthalten sind; andernfalls sind sie nicht-liturgisch“. Es wird also anerkannt, dass es liturgische oder rituelle Heilungsgebete gibt, und andere, die keine sind, die aber rechtmäßig erlaubt sind. Im folgenden Abschnitt wird daran erinnert, dass die „liturgischen Feiern nach dem vorgeschriebenen Ritus und mit den im Ordo benedictionis infirmorum des Rituale Romanum angegebenen heiligen Gewändern gefeiert werden“.

„Eine Entwicklung, aber im Einklang mit dem Lehramt der letzten Jahrzehnte“

Diese Zitate aus dem von Ratzinger unterzeichneten und von Papst Wojtyla gebilligten Text zeigen, dass die Bedeutung des Begriffs „liturgisch“, der in der „Fiducia supplicans“ verwendet wird, um andere rituelle Segnungen als die pastoralen Segnungen zu definieren, sicherlich eine Entwicklung darstellt, die jedoch im Einklang mit dem Lehramt der letzten Jahrzehnte steht.

„Eine Bitte an Gott, die Saat des Guten in die von ihm gewünschte Richtung wachsen zu lassen.“

Es gibt noch weitere Unterscheidungen zwischen den Segnungen: Einige stellen Weihen oder die Besiegelung des vom Paar gefeierten Sakraments dar (im Falle des Ehe-Segens); andere sind Bittgebete, die zu Gott aufsteigen; wieder andere (im Falle der Exorzismen) sollen das Böse abwenden. „Fiducia supplicans“ stellt wiederholt klar, dass die Erteilung eines pastoralen oder spontanen Segens ohne jedes eheliche Element an ein „irreguläres“ Paar, das sich einem Priester oder Diakon nähert, in keiner Weise eine Form der Zustimmung zu der Verbindung zwischen den beiden darstellt und darstellen kann. Ein solcher Segen kann, so heißt es in dem Dokument, weder als „moralische Legitimation einer Verbindung, die sich als Ehe ausgibt“, noch „einer außerehelichen Sexualpraktik“ angesehen werden. Vielmehr handelt es sich um eine Bitte an Gott, die Saat des Guten in die von ihm gewünschte Richtung wachsen zu lassen.

(vatican news)

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

27. Februar 2024, 13:30