Kardinal Fernández: „Oft gibt es nicht nur Schwarz und Weiß"
Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt
Der Vorsitzende des Glaubensdikasteriums, Kardinal Víctor Manuel Fernández, erklärte zu Beginn der Pressekonferenz:
„Die Normen, die wir heute vorstellen, sind Leitlinen, um eine Unterscheidung zu treffen, immer dann, wenn es in der christlichen Gemeinschaft Vorkommnisse gibt, die über das Gewöhnliche hinausgehen: Visionen, Erscheinungen, innere Eingebungen, Erscheinungen in Verbindung mit Bildnissen und weitere Phänomene, die der Heilige Geist hervorrufen kann, um die Gemeinschaft zu stimulieren und zu bereichern". In vielen Fällen könne der Ortsbischof das ganze auch alleine klären und begleiten, und es sei nicht nötig, das Glaubensdikasterium einzuschalten. Wenn es aber größere Kreise zieht, gelte es, nach den neuen Normen zu handeln.
Berufung auf Papst Benedikt XVI.
Gerade weil eine Übernatürlichkeits-Festellung sehr gewichtig sei - denn sie bedeute, dass etwas von Gott komme, göttlichen Ursprungs sei - also Übernatürlich - sei eine Einschätzung nicht immer einfach. Die Lage sei komplex und man müsse „da schon sehr sicher sein" , machte Kardinal Fernández klar:
„Es kommt auch vor, dass in einer konkreten Situation nicht immer alles schwarz oder weiß ist. Oft vermischen sich mögliche echte Handlungen des Heiligen Geistes mit menschlichen Bedürfnissen, Wünschen oder Phantasien. (...) In jedem Fall muss man gut Unterscheiden, bereinigen von dem, was verwirrt und das bewahren, was gut ist und gut tut."
Daher gibt es in den Normen auch noch all jenes, was zwischen dem Nihil Obstat und der Erklärung der Nicht-Übernatürlichkeit liegt. Der Präfekt des Glaubensdikasteriums bezog sich auch auf Papst Benedikt XVI. Wenn nach den neuen Normen für Nihil obstat entschieden werde, bedeute das lediglich, wie Papst Benedikt XVI. bereits erläuterte, dass es Gläubigen in Bezug auf dieses Phänomen „gestattet [ist], ih[m] in kluger Weise ihre Zustimmung zu schenken“. Man kann dies tun, muss es aber nicht, betonte Fernández:
„Die Kirche hat bekräftigt, dass Gläubige nie gezwungen sind, solchen Phänomenen glauben schenken zu müssen. Sie können nie gewzungen werden. Die Verkündigung gibt es schon, das Wort Gottes enthält alles, was wir brauchen. So hat es Benedikt XVI. in Verbum Domini erklärt."
Manipulationen und schwere Verstöße
Es sei daher wichtig, dass Evangelium nie zu vergessen und stets zu unterscheiden. Im Umgang mit möglicherweise übernatürlichen Ereignissen mahnte der Präfekt des Glaubensdikasteriums auch zu großer Vorsicht. Unter Verweis auf Artikel 15 des Dokuments, der die negativen Kriterien auflistet, erinnerte er explizit an die Gefahr von Manipulationen und persönlichen Interessen:
„Artikel 15.4. spricht von ,Offensichtlichem Streben nach Profit, Macht - Macht, Ruhm, gesellschaftlicher Anerkennung, persönlichen Interessen`. Und der folgende Artikel, 16, sagt: ,Die Verwendung behaupteter übernatürlicher Erfahrungen oder anerkannter mystischer Elemente als Mittel oder Vorwand, um Menschen zu beherrschen oder Missbrauch zu begehen, ist als moralisch besonders schwerwiegend anzusehen.`"
Auf die Frage, welche Strafen es kirchenrechtlich geben kann, wenn soloche Fälle festgestellt werden, antwortete Fernández, alles müsse immer gut geprüft werden und dann entsprechend dem Kirchenrecht und dem kirchlichen Strafrecht gehandelt werden. In Extremfällen könne am Ende auch eine Exkommunikation stehen. Man werde aber immer zuerst versuchen, alls im Dialog mit den Betroffenen zu klären.
Was ist mit Medjugorje?
Mit Blick auf vergangene Fälle oder ausstehende Entscheidungen sagte Glaubens-Präfekt Fernández, alle bisherigen Entscheidungen blieben weiter gültig, sofern dazu nicht neue Erkenntnisse oder Anfragen vorgebracht würden. Mit Blick auf Medjugorje zeigte er sich zuversichlich, dass es Dank der neuen Normen wahrscheinlich leichter sein werde, zu einer Entscheidung zu kommen, er habe aber nicht alles Material dazu gesehen. „Wir werden sehen." Der Heilige Stuhl hat die angeblichen Marienerscheinungen in Medjugorje bisher nicht als echt anerkannt. Papst Franziskus ließ aber seelsorgliche Strukturen für die Pilgerströme nach Medjugorje ausbauen. Fernández sagte bei der Pressekonferenz auch, dass es gar nicht immer eine Übernatürlichkeits-Erklärung brauche: „In Fällen wie Lourdes, Fatima oder Guadalupe war der enorme Zulauf nicht von einer Übernatürlichkeitserklärung abhängig."
(vatican news - sst)
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