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Kardinal Parolin und der Bischof von Shanghai (Bild: Teresa Tseng Kuang Yi) Kardinal Parolin und der Bischof von Shanghai (Bild: Teresa Tseng Kuang Yi) 

Vatikan/China: Papst-Gehorsam schadet Liebe zum eigenen Land nicht

Die katholische Kirche in China folgt einem Weg der Sinisierung, „der im Einklang mit der heutigen Gesellschaft und Kultur steht“. Das hob der Bischof von Shanghai, Giuseppe Shen Bin, bei einer Konferenz in Rom hervor. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin bekräftigte am Rande des Treffens in Rom seine Hoffnung auf eine Erneuerung des Abkommens über die Ernennung von Bischöfen.

Mario Galgano und Salvatore Cernuzio – Vatikanstadt

Es braucht einen direkten Dialog zwischen dem Heiligen Stuhl und den chinesischen Behörden. Das war die einstimmige Meinung der Teilnehmer der Konferenz an der Päpstlichen Universität Urbaniana. Bei dem Austausch ging es um das Konzil von Shanghai, das 1924 Schritte für eine stärker in China verankerte Kirche in Abkehr von einer kolonialen Prägung hervorbrachte. Dies sei ein „großartiges Werk“ gewesen, würdigte Parolin bei dem Kongress. Der Titel der Veranstaltung am Dienstagnachmittag lautete: „100 Jahre Konzil von Shanghai: Zwischen Geschichte und Gegenwart“.

Anders als lange Zeit üblich habe sich der damalige Vorsitzende des Konzils, Erzbischof Celso Costantini, dagegen gewandt, dass ausländische Missionare in China Einfluss geltend machen wollten. Stattdessen sollten sie sich als Gäste betrachten, Bischofsstühle sollten mit Geistlichen aus China besetzt werden, so Costantini, der der erste Apostolische Delegierte in China war. An die Bischöfe habe er appelliert, den Stil der Synodalität zu nutzen, also Entscheidungen gemeinsam zu treffen, erinnerte Parolin vor rund 300 internationalen Gästen vor allem aus China und dem Vatikan.

Auf Costantini geht auch das Zitat zurück, dass der Papst das „geistliche Oberhaupt aller Katholiken der Welt, gleich welcher Nation sie angehören" sei; und weiter: „Aber dieser Gehorsam gegenüber dem Papst schadet nicht nur nicht der Liebe, die jeder seinem eigenen Land schuldet, sondern reinigt und belebt sie."

Die Konferenz in Rom
Die Konferenz in Rom
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Costantinis Erbe reiche auch bis in unsere Zeit, die von 2018 bis heute auch eine Stärkung der gegenseitigen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China durch die vorläufige Vereinbarung über die Ernennung von Bischöfen mit sich brachte. Eine Vereinbarung, an der „wir alle interessiert sind, dass sie erneuert werden kann und auch, dass einige Punkte weiterentwickelt werden können“, sagte Parolin am Rande der Konferenz. Gleichzeitig äußerte der Kardinal die Hoffnung, „eine stabile Präsenz in China“ haben zu können: „Auch wenn es zunächst nicht die Form einer päpstlichen Vertretung und einer apostolischen Nuntiatur haben mag, könnte es dennoch unsere Kontakte erweitern und vertiefen. Das ist unser Ziel.“

Inkulturation der Kirche

Das im Herbst 2018 für zwei Jahre geschlossene Abkommen wurde 2020 und 2022 verlängert. Ausdrücklich dankte Parolin dem Shanghaier Bischof Joseph Shen Bin: Seine Anwesenheit verleihe der Konferenz eine besondere Bedeutung. Der Vorsitzende der - von Rom bislang nicht anerkannten - offiziellen Chinesischen Bischofskonferenz wurde im April 2023 ohne Billigung des Papstes von einem kleinen Bistum in die wichtige Diözese Shanghai versetzt. Drei Monate später ernannte ihn auch Papst Franziskus zum Bischof von Shanghai.

Auch Bischof Shen Bin verwies auf das Engagement von Erzbischof Costantini für eine Inkulturation, um die Kirche in der chinesischen Gesellschaft sichtbar zu machen, was angesichts einer herrschenden kolonialen Gesinnung lange Zeit nicht möglich gewesen sei. Die Kirche in China sei daher nicht Architekt ihrer selbst gewesen. Musik, Sprache und Traditionen seien wichtige Elemente der Sinisierung, betonte der Bischof.

Shen Bin versicherte von der Rednerbank aus: „Wir werden die Kirche in China weiter aufbauen, als eine heilige und katholische Kirche, die dem Willen Gottes entspricht, die das hervorragende traditionelle chinesische Kulturerbe akzeptiert, und die für die heutige chinesische Gesellschaft akzeptabel ist“.

Die Konferenz in Rom
Die Konferenz in Rom

Bedeutung für die Gegenwart

Der chinesische Bischof erläuterte dann die Bedeutung für die Gegenwart der katholischen Kirche in seinem Land. Ihm läge vor allem eines am Herzen: „Zunächst einmal geht es um die Entwicklung der Kirche in China. Sie muss dem Evangelium Christi treu bleiben, also dem traditionellen katholischen Glauben.“ Seit 1949, dem Gründungsjahr des neuen China, sei die Kirche in dem Reich der Mitte dazu eingestanden – erinnerte er – „ihrem katholischen Glauben immer treu zu bleiben, wenn auch mit großen Schwierigkeiten, und passte sich fortlaufend an das neue politische System an“. Damals habe die von der chinesischen Regierung umgesetzte Politik der Religionsfreiheit kein Interesse daran gehabt, „den katholischen Glauben zu ändern, sondern hoffte nur, dass der katholische Klerus und die Gläubigen die Interessen des chinesischen Volkes verteidigen und sich von der Kontrolle ausländischer Mächte befreien“ würden. Und das habe die Kirche auch getan.

Die Konferenz in Rom
Die Konferenz in Rom

Zwei Expertinnen

Unter den Rednern waren auch zwei Expertinnen anwesend: Zheng Xiaoyun, Präsidentin des Instituts für Weltreligionen der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, die daran erinnerte, dass es heute in China nach Angaben der Regierung 98 Diözesen, 9 Institute, 6.000 Kirchen und mehr als 6 Millionen Gläubige gebe, sowie über 8.000 Ordensleute in der „vollen Garantie der Religionsfreiheit“, in ihrem Beitrag äußerte sie auch die Hoffnung auf die Erneuerung des Abkommens zwischen China und dem Heiligen Stuhl; dann sprach Elisa Giunipero, Professorin für chinesische Geschichte an der Katholischen Universität Mailand, die an den „oft unterschätzten erheblichen Einfluss des Konzils auf katholische Missionen in China und auf der ganzen Welt“ erinnerte.

(vatican news)

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22. Mai 2024, 12:26