Petrus: Unsere neue Radio-Akademie (1)
Eigentlich heißt er Simon; auch Jesus spricht ihn in den Evangelien fast immer so an. Simon hat einen jüngeren Bruder: Andreas. Der Vater hat seinen beiden Söhnen griechisch klingende Vornamen gegeben, vielleicht ist das schick. Dabei ist die Provinz, in der Simon aufwächst, alles andere als schick. Galiläa. Eine Provinz am Rand. Auch Jesus kommt von hier. Die Juden in Jerusalem rümpfen über die Galiläer die Nase; aus ihrer Sicht sind das gar keine richtigen Juden, sondern von den religiösen Vorstellungen der Nachbarvölker angesteckt.
Simon wächst offenbar in Bethsaida auf, am nordöstlichen Ufer des heute noch idyllischen See Gennesaret. Und: Simon spricht den Dialekt Galiläas – daran wird ihn jedenfalls die Magd in Jerusalem erkennen, im Moment des Verrats.
Simon spricht galiläischen Dialekt
Eigentlich beginnt die Geschichte so: „Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er Simon und Andreas, den Bruder des Simon, die auf dem See ihre Netze auswarfen; sie waren nämlich Fischer. Da sagte er zu ihnen: Kommt her, mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. Und sogleich ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm nach.“ Eine Berufung einfach so, von den Netzen weg in die Nachfolge. Die Erzählung aus dem Markusevangelium ist beeindruckend in ihrer Kürze. Sie gibt keine Erklärungen, was den beiden Fischern durch den Kopf geht. Oder was sie sich von diesem Mann am Ufer erwarten.
Etwas anders schildert, Jahrzehnte nach Markus, das Johannesevangelium die Berufung des Petrus: „Am Tag darauf stand Johannes dort und zwei seiner Jünger standen bei ihm. Als Jesus vorüberging, richtete Johannes seinen Blick auf ihn und sagte: Seht, das Lamm Gottes! Die beiden Jünger hörten, was er sagte, und folgten Jesus (…) Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer der beiden, die das Wort des Johannes gehört hatten und Jesus gefolgt waren. Dieser traf zuerst seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: Wir haben den Messias gefunden - das heißt übersetzt: Christus. Er führte ihn zu Jesus. Jesus blickte ihn an und sagte: Du bist Simon, der Sohn des Johannes, du sollst Kephas heißen, das bedeutet: Petrus, Fels.“
Zwei unterschiedliche Berufungs-Geschichten
Seltsam, der Gegensatz zwischen diesen beiden Berufungserzählungen. Nach dem Johannesevangelium ist Simon gar nicht der Erste, den der Herr in seine Nachfolge ruft, sondern nur der Dritte. Dafür kriegt er aber schon im Moment, wo Jesus ihn zum ersten Mal zu Gesicht bekommt, von diesem den Beinamen Petrus. Übrigens gibt dieses Evangelium an, Simons Vater habe Johannes geheißen, nicht Jona. Eines steht jedenfalls fest: Simon gehört, zusammen mit Andreas, zu den ersten Jüngern Jesu.
Die Heilung der Schwiegermutter
Hat Simon Familie? Jedenfalls hat er eine Frau. Die beiden Brüder Simon und Andreas wohnen mit Simons Frau und seiner Schwiegermutter zusammen in Kafarnaum unter einem Dach. Von Kindern ist keine Rede, aber ausgeschlossen ist es nicht, dass Simon welche hat; die Legende weiß von einer Tochter namens Petronilla. Der Bibeltext, der am besten Aufschluss gibt über Simons Familienverhältnisse, steht bei Markus im ersten Kapitel, kurz nach der Berufungs-Episode. „Sie verließen die Synagoge und gingen zusammen mit Jakobus und Johannes in das Haus des Simon und Andreas. Die Schwiegermutter des Simon lag mit Fieber im Bett. Sie sprachen sogleich mit Jesus über sie, und er ging zu ihr, fasste sie an der Hand und richtete sie auf. Da wich das Fieber von ihr, und sie diente ihnen.“
Was für ein geringfügiges Wunder, mag man denken. Jesus hat doch später auch Tote erweckt und ganz andere Zeichen gewirkt, warum bewahrt die Bibel also so ein Mini-Wunder? Vielleicht, weil man die Schwiegermutter des Simon in der frühen christlichen Gemeinde noch kannte. Nach dem Motto: „Das ist doch die, die damals von Jesus geheilt worden ist.“ Auch Simon von Cyrene hat es durch einen ähnlichen Zufall in die Evangelien geschafft; man kannte eben in der christlichen Gemeinde Roms seine beiden Söhne, Alexander und Rufus; Paulus erwähnt sie am Ende seines Briefs an die Römer.
Was eine Notiz des Paulus verrät
Übrigens: Paulus. Von Paulus erfahren wir, dass Simon auch nach seiner Berufung durch Jesus nicht etwa seine Frau verstößt, sondern weiter mit ihr zusammenlebt. Sie kommt auch auf seine Reisen mit, ja sie gehört offenbar zur frühen christlichen Gemeinschaft. Wir erfahren das alles durch eine ganz beiläufige Passage im ersten Korintherbrief. Da verteidigt Paulus sich gegen den Vorwurf, dass er irgendwie gar kein richtiger Apostel sei, und schreibt dann: „Bin ich nicht frei? (…) Haben wir nicht das Recht, eine Schwester im Glauben als Frau mitzunehmen, wie die übrigen Apostel und die Brüder des Herrn und wie Kephas?“ Kephas aber ist die aramäische Form von... genau, Petrus.
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(vatican news - sk)
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