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Das erste Foto eines Schwarzen Lochs, das mit einem weltweiten Netz von Teleskopen im Rahmen des Projekts Event Horizon Telescope (EHT) aufgenommen wurde Das erste Foto eines Schwarzen Lochs, das mit einem weltweiten Netz von Teleskopen im Rahmen des Projekts Event Horizon Telescope (EHT) aufgenommen wurde 

Vatikan: Urknall-Forscher debattieren an der Sternwarte

Es ist mehr als nur eine philosophische Frage: Was ist die wahre Natur von Raum und Zeit? Eine Schlüsselrolle dazu spielt in der modernen Wissenschaft die Erforschung der sogenannten „Schwarzen Löcher“. Damit setzt sich eine wissenschaftliche Konferenz im Vatikan auseinander, die an diesem Dienstag vorgestellt wurde.

Mario Galgano – Vatikanstadt

Unter dem Titel: „Schwarze Löcher, Gravitationswellen und Raum-Zeit-Singularitäten“ findet vom 16. bis 21. Juni 2024 an der Specola Vaticana (Sternwarte) in Castel Gandolfo ein Treffen von Experten statt. Zu den 40 Teilnehmenden gehören die Nobelpreisträger Adam Riess und Roger Penrose sowie die Kosmologen und theoretischen Physiker Andrei Linde, Joseph Silk, Wendy Freedman, Licia Verde, Cumrun Vafa und der Gewinner der Fields-Medaille Edward Witten.

Zum Nachhören - mehr über die Vatikan-Konferenz

Ein „Schwarzes Loch“ ist ein Objekt, dessen Masse auf ein extrem kleines Volumen konzentriert ist und infolge dieser Kompaktheit in seiner unmittelbaren Umgebung eine so starke Anziehung erzeugt, dass nicht einmal das Licht diesen Bereich verlassen oder durchlaufen kann. Damit will sich die Vatikan-Konferenz auseinandersetzen und zwar vor allem ausgehend von dem wissenschaftlichen Erbe von Georges Lemaître, dem belgischen Physiker und katholischen Geistlichen, der die heute als Urknalltheorie bekannte Theorie entwickelt hat. Dies ist übrigens die zweite Konferenz dieser Art an der Specola Vaticana; die erste fand 2017 statt. Wie bei der ersten Ausgabe sei es das Ziel, „eine fruchtbare Interaktion zwischen Wissenschaftlern der theoretischen und der beobachtenden Kosmologie zu fördern“, erklärte der Jesuit Guy Consolmagno. Der Planetologe ist Direktor der Specola Vaticana.

Anregendes Umfeld

Es soll ein anregendes Umfeld für die Entstehung innovativer Ideen und die Entwicklung neuer Forschungsrichtungen in der Kosmologie geschaffen werden, fügte er bei der Pressekonferenz im Vatikan an. Viele kennen Albert Einstein, einige haben von der Allgemeinen Relativitätstheorie gehört, aber wenige kennen Lemaître, gibt der Jesuit und Wissenschaftler Consolgmagno zu:

„Es ist tatsächlich eine interessante Geschichte, wie Einstein zu einem bekannten Namen wurde, und das ist mehr, als ich hier ausführen will und kann. Aber es lag sicherlich nicht daran, dass Einstein, einfach nur stolz war. Seine Erkenntnisse waren fast ein Unfall. Was Lemaître betrifft, so schrieb er zum ersten Mal seine Abhandlung über die theoretische Ausdehnung des Universums selbst, ohne Fremdeinflüsse. Er schrieb sie auf Französisch und veröffentlichte sie in einer kleinen belgischen Zeitschrift, als seine Kollegen darauf aufmerksam wurden und ihn ermutigten, sie ins Englische zu übersetzen, und so entdeckte er, was der berühmte Wissenschaftler Hubble vorhergesagt hatte. Lemaître ist vielleicht nicht so bekannt wie Einstein, aber es gibt Raumfahrzeuge, die nach ihm benannt sind. Ich denke, dass er in der wissenschaftlichen Welt und schließlich auch in der öffentlichen Welt immer bekannter wird.“

Nicht umstritten

„Schwarze Löcher“ sind nicht nur in der Wissenschaft sehr diskutierte Theorien. Es gibt – wie es auch in der Vergangenheit mit wissenschaftlichen Erkenntnissen vorkam – Katholiken, die damit nichts anfangen können. Consolmagno ist da ziemlich offen:

„Mir ist kein Beispiel für einen solchen Konflikt mit der Lehre bekannt. Es wird erwartet, dass solche Theorien von der Kirche akzeptiert werden. Wenn wir auf Lemaître schauen, so wurde zum Leiter der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften ernannt. Und er führte etliche Gespräche mit Papst Pius XII. Dieser hörte ihm zu und machte nie Aussagen gegen wissenschaftliche Hypothesen und Äußerungen.“

Monsignore George Lemaître (1894-1966) war Professor für Physik an der Katholischen Universität Leuven. Von 1960 bis 1966 war er auch Präsident der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften. Als gläubiger Priester gehörte er der Priesterbruderschaft der Freunde Jesu an, die von Kardinal Mercier, Bischof von Malines, gegründet wurde. In den 1920er Jahren hatten astronomische Beobachtungen eine geheimnisvolle Rückzugsbewegung ferner Galaxien aufgezeigt. Das war die Basis seiner Forschungsarbeit.

Wer war Lemaître?

Bei der Lösung der komplizierten Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie von Einstein erklärte Lemaître 1927, dass diese Bewegung das Ergebnis der Expansion des Universums ist. Dies geschah kurz bevor Edwin Hubble durch seine Beobachtungen eine Beziehung zwischen der Geschwindigkeit des Rückzugs und der Entfernung der Galaxien herstellte, die als „Hubble-Gesetz“ bezeichnet wird. Aus diesem Grund hat die Internationale Astronomische Union im Jahr 2018 beschlossen, das „Hubble-Gesetz“ in „Hubble-Lemaître-Gesetz“ umzubenennen. Bekannt sind auch Lemaîtres Studien über Singularitäten der „Schwarzer Löcher“, insbesondere die Regelmäßigkeit der Schwarzschild-Lösung um den Ereignishorizont. Am bekanntesten ist seine Theorie des „Uratoms“, die heute als „Urknalltheorie“ bekannt ist. Er verstand, dass die Ausdehnung des Universums darauf hindeutet, dass das Universum irgendwann in der Vergangenheit einen Zustand sehr hoher Energiedichte durchlaufen haben muss, wie ein „Uratom“, aus dem alles entstand. Seine Studie kann als Vorläufer der modernen Quantengravitation angesehen werden.

Die Konferenz an der Specola Vaticana konzentriert sich auf die Relevanz von Lemaîtres wissenschaftlichen Erkenntnissen und wird von den wichtigsten öffentlichen Forschungsinstituten in Italien unterstützt.

(vatican news)

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11. Juni 2024, 13:54