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Der Papst 2022 bei einem Konsistorium zur Schaffung neuer Kardinäle Der Papst 2022 bei einem Konsistorium zur Schaffung neuer Kardinäle  (Vatican Media)

Neue Kardinäle: Ein paar Infos zur Einordnung

Papst Franziskus hat für den 8. Dezember ein Konsistorium einberufen, um 21 neue Kardinäle zu kreieren. Unser Kollegengespräch erklärt die Einzelheiten.

Christine Seuss - Vatikanstadt

Unter den neuen Kardinälen sind zehn gebürtige Europäer, darunter der Erzbischof von Teheran in Iran (ein Belgier), aber auch einige Kurienmitarbeiter und der Exerzitienleiter der Weltsynode, P. Timothy Radcliffe. Wie sieht die Zusammensetzung der neuen Kardinäle genau aus?

„Es ist interessant, dass es dieses Mal doch einige Europäer gibt, sie machen praktisch die Hälfte der neuen Kardinäle aus. Einziger Nichtwähler ist der emeritierte Apostolische Nuntius Acerbi, ein Italiener – alle anderen neuen Kardinäle werden in einem möglichen Konklave voraussichtlich den neuen Papst wählen können. Wenn man die Nationalität der neuen Kandidaten anschaut, dann sind zehn von ihnen Europäer, von denen wiederum vier Italiener sind. Sechs stammen vom amerikanischen Kontinent (fünf von ihnen sind Südamerikaner), vier sind Asiaten und nur ein Afrikaner, insgesamt also ein Akzent auf Randgebiete und den Globalen Süden. Der aus der Ukraine stammende Mykola Bychok, der für die ukrainischen Gläubigen in Australien zuständig ist, wird mit 44 Jahren übrigens der jüngste Kardinal überhaupt werden, während Acerbi mit 99 der älteste Kardinal ist.“

Einige der Europäer sind ja gar nicht in Europa tätig, nicht wahr?

„Ja, das gilt beispielsweise für den Ukrainer in Australien, aber auch für den Erzbischof von Teheran-Isfahan, das ist ein belgischer Ordensmann. Auch der in Algerien tätige Bischof Vesco ist Franzose.“

Der Papst mit seinem Reisemarschall, dem künftigen Kardinal Koovakad
Der Papst mit seinem Reisemarschall, dem künftigen Kardinal Koovakad

„Außergewöhnlich: Päpstlicher Reisemarschall wird Kardinal“

Eine sehr interessante Nominierung ist auch die des Reisemarschalls George Koovakad, eigentlich ein einfacher Mitarbeiter im Staatssekretariat. Damit begegnet er dann seinem Chef Parolin auf Augenhöhe, was das Kardinalsamt betrifft. Ist denn so etwas schon vorgekommen?

„Ja, es gibt zwei Präzedenzfälle, allerdings waren beide Kandidaten damals nicht mehr im Dienst als Reisemarschall. Der erste Fall, der noch nicht so weit zurückliegt, ist der des Jesuitenpaters Roberto Tucci, des ehemaligen Herausgebers von ‚Civiltà Cattolica‘, der dann Direktor von Radio Vatikan und Organisator der Papstreisen von Johannes Paul II. war. Er wurde 2001 von Papst Wojtyla zum Kardinal ernannt, als er aus dem Amt schied.

Der zweite Präzedenzfall liegt weiter zurück und hat mit der ersten apostolischen Reise von Paul VI. zu tun, der Reise ins Heilige Land im Januar 1964, mit der die Epoche der modernen päpstlichen Reisen begann. Das war Jacques Martin, ein französischer Mitarbeiter des Staatssekretariats, der unter großer Geheimhaltung diese von Papst Montini gewünschte Reise zusammen mit seinem Privatsekretär Pasquale Macchi organisierte. Paul VI. verkündete seine Ernennung zum Bischof während der Reise, während sie in Kafarnaum waren. Johannes Paul II. hatte ihn dann 1988 zum Kardinal ernannt. Koovakad ist mit seinen 51 Jahren auch noch sehr jung. Übrigens hat Kardinal Parolin auch einen Kardinal unter seinen Diplomaten: Auch der Nuntius des Papstes in Syrien, Mario Zenari, trägt nämlich schon seit längerem den roten Hut.“

Auf Augenhöhe? Der künftige Kardinal Baggio mit Kardinal Czerny und Schwester Alessandra Smerilli
Auf Augenhöhe? Der künftige Kardinal Baggio mit Kardinal Czerny und Schwester Alessandra Smerilli

„Eine Ordensfrau, zwischen zwei Kardinälen 'eingeklemmt'“

Ähnlich wie Parolin geht es ja Kardinal Michael Czerny, dessen Untersekretär nun auch zum Kardinal ernannt worden ist...

„Genau, der Italiener Fabio Baggio ist Untersekretär im Dikasterium für die Förderung der ganzheitlichen Entwicklung. Vor der Kurienreform von 2022 war er Untersekretär in der Sektion für Migranten und Flüchtlinge, deren Leitung sich ja der Papst selbst vorbehalten hatte und die mittlerweile in das Dikasterium eingebettet wurde. Baggio hat immer noch die Verantwortung für diesen Arbeitsbereich und für andere spezielle Projekte. Kurios ist auch, dass die Sekretärin des Dikasteriums die Ordensfrau Alessandra Smerilli ist; sie ist nun eingerahmt von Kardinal Michael Cyerny als Präfekt und Baggio als Untersekretär in Rot. Es gibt auch noch einen zweiten Untersekretär im Dikasterium, das ist der Nigerianer Anthony Ekpo.“

Im deutschen Sprachraum dürfte auch die Ernennung von Timothy Radcliffe, der die Meditationen zur Weltsynode verfasst hat, für Echo sorgen…

„Ja, P. Radcliffe hat mit seinen Meditationen viele Menschen angesprochen, das merken auch wir im Radio, wir werden immer wieder gebeten, seine Texte zugänglich zu machen, was wir natürlich gerne tun. Auf unserer Webseite finden sich alle Meditationen in deutscher Übersetzung, aber es gibt natürlich auch die englische Originalversion.“

Kardinäle bei einer Messe im Vatikan
Kardinäle bei einer Messe im Vatikan

„Franziskus legt die Obergrenze für die Teilnehmer an einem Konklave sehr großzügig aus“

Welche Namen stechen denn noch hervor?

„Nun, zum Beispiel Pablo Virgilio David von den Philippinen, er hat sich als streitbarer Verfechter der Menschenrechte unter Druck in seinem Land hervorgetan – besonders unter der Präsidentschaft von Rodrigo Duterte. Außerdem für uns Deutschsprachige interessant: Jaime Spengler. Der brasilianische Kardinal hat deutsche Wurzeln und spricht auch ganz gut Deutsch. Vielen bekannt ist auch der Steyler Missionar Ladislav Nemet, der Erzbischof von Belgrad in Serbien, er hat in Österreich Theologie unterrichtet. Es gibt übrigens noch einen Steyler Missionar unter den neuen Kardinälen, nämlich den Erzbischof von Tokio, Tarcisio Kikuchi. Der Papst machte ihn 2017 zum Erzbischof.“

Wie sieht das Kardinalskollegium denn nach dem Konsistorium vom Dezember aus?

„Das Kollegium wird nach dem 8. Dezember aus 256 Kardinälen bestehen, von denen 115 Nichtwähler und 141 Wähler sind. Das heißt, Papst Franziskus legt die Richtgrenze von Johannes Paul, nach der 120 Wähler im Kollegium sein sollten, ausgesprochen großzügig aus. Aber am 24. Dezember wird Kardinal Gracias aus Indien dann 80, im Januar 2025 Kardinal Schönborn von Wien; überhaupt sind es etwa zehn Kardinäle, die 2025 aus dem Kreis der Wähler ausscheiden. Der Papst hat also schon einmal für Wählernachschub gesorgt…“

(vatican news)
 

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06. Oktober 2024, 14:50