Synode: „An Fehlern gewachsen“
Gudrun Sailer – Vatikanstadt
Schwester Anna Mirijam Kaschner, worin sehen Sie das größte Ergebnis der Synode?
Schwester Anna Mirijam Kaschner: Kurz zusammengefasst würde ich sagen: Wir sind miteinander auf dem Weg und miteinander Lernende eines ganz neuen Stils in der Kirche. Das hat sich für mich ganz deutlich gezeigt in diesen etwas kuriosen Auseinandersetzungen mit Kardinal Fernández, wo wir am Anfang etwas konsterniert waren, wo er sich aber selbst dann auf unsere Proteste hin wirklich auf diese Art von Synodalität eingelassen hat…
… thematisch ging es um die Rolle der Frau in der Kirche, zu dem ersten Treffen waren nur zwei nicht mit der Sache betraute Mitarbeitende entsandt worden, der Kardinal war abwesend…
Schwester Anna Mirijam Kaschner: Er ist dann zu einem zweiten Treffen gekommen, und das war wirklich sehr, sehr gut. Da ist mir noch mal ganz neu bewusst geworden: Es ist glaube ich, das erste Mal in der Kirchengeschichte, dass wir etwas Neues anfangen. Und es gibt niemanden, weder der Papst, noch die Bischöfe, noch die Kardinäle, noch Ordensschwestern oder Laien, die sagen können: Wir wissen, wie es geht. Sondern wir sind miteinander auf dem Weg und machen natürlich auch Fehler. Das hat diese Geschichte mit Kardinal Fernández gezeigt. Aber wir sind auch in der Lage, durch dieses Miteinandergehen und Aufeinanderhören dann doch noch in Harmonie diese Schritte gehen zu können. Und das ist für mich wirklich ein ganz großes Ereignis.
Noch etwas, das noch nie vorkam in der Kirchengeschichte - oder eigentlich in der sehr viel kürzeren Geschichte der Bischofssynode - ist, dass der Papst kein eigenes Schreiben verfassen wird, sondern Ihr Schlussdokument in Kraft setzt. Was heißt das?
Schwester Anna Mirijam Kaschner: Wir haben alle am Tisch den Atem angehalten, als er das verkündet hat, weil das natürlich etwas Großartiges ist. Also er wertschätzt unsere Arbeit, die wir über die letzten Jahre hinweg geleistet haben, ganz besonders auch diese intensive Arbeit in der Synode. Dieses Dokument wird, so wie es jetzt abgestimmt worden ist, in Kraft treten. Und das ist so neu, dass man erst mal Luft holen muss.
Frauendiakonat? Frage bleibt offen
Was wird die Weltkirche am meisten überraschen an dem, was der Papst jetzt da von Ihnen, von der Synode übernommen hat?
Schwester Anna Mirijam Kaschner: Ich glaube, dass es für einige Länder Überraschungen und für andere Enttäuschungen bringt. Zum Beispiel die Frage nach dem Frauendiakonat: Sie ist hier nicht entschieden worden. Wenn Leute das erwartet haben, werden sie enttäuscht sein. Auf der anderen Seite ist deutlich gemacht worden: Die Frage ist nicht geschlossen. Wenn Leute das erwartet haben, werden sie ebenfalls enttäuscht sein. Dieser Prozess ist auch noch nicht zu Ende. Die Synode ist zu Ende, aber wir müssen jetzt weitergehen und versuchen - das hat der Papst uns noch mal ans Herz gelegt jetzt - Missionare, Missionarinnen dieser Synodalität zu sein, in unsere Gemeinden hinein, an der Basis unseres gemeinschaftlich kirchlichen Lebens.
Solidarität zwischen den Frauen bei der Synode
Bei der Synode waren 54 Frauen mit Stimmrecht vertreten, ebenfalls neu bei Synoden. Es kam auch zu einer eigenen Audienz für die Frauen bei Papst Franziskus. Gab es in dieser großen Frauengruppe einen eigenen Spirit von Solidarität, von gemeinsam Kirche sein, als Frauen Kirche sein, der über Unterschiede hinweg getragen hat?
Schwester Anna Mirijam Kaschner: Für mich hat die gerade die Audienz bei Papst Franziskus das sehr deutlich gemacht, dass es das gab. Was ich persönlich am Anfang befürchtet hatte: Jetzt gehen wir in die Audienz und sagen dem Heiligen Vater, was er alles machen muss. Wir wollen die Priesterweihe für Frauen, wir wollen das Bischofsamt für Frauen, wir wollen das Diakonat für Frauen. Oje, habe ich gedacht, jetzt hat er gerade gesagt, das Ganze braucht noch ein bisschen Zeit, und jetzt kommen wir wieder mit diesen Forderungen. Und das hat eben nicht stattgefunden.
Sondern?
Schwester Anna Mirijam Kaschner: Sondern die Frauen, die das organisiert haben, haben gesagt, wir wollen von allen Kontinenten eine Frau sprechen lassen, die ein Zwei-Minuten-Statement abgibt über die Dankbarkeit dafür, dass wir zur Synode eingeladen waren, aber dann auch die besonderen Herausforderungen für Frauen in den jeweiligen Kontinenten. Und das hat uns ein Stück noch mehr zusammengebracht, weil es nicht darum geht, der eine gegen den anderen, sondern wir sehen auf das, was für uns in unseren Ländern, in unseren Kontinenten wichtig ist und können uns da gegenseitig stützen und die Solidarität leben, von der ja das Dokument auch noch mal spricht.
In der Frauenfrage gibt es gerade in Europa zwischen Ost und West unterschiedliche Auffassungen. Was war die dem Papst vorgetragene europäische Position?
Schwester Anna Mirijam Kaschner: Die europäische Position ist: Es geht um Leitungsämter in der Kirche. Wir haben dem Papst ans Herz gelegt, dass wir Frauen unseren eigenen Stil in der Kirche haben und den auch anerkannt haben möchten. Und darauf hat er reagiert. Er hat auf jede einzelne Stellungnahme hin frei gesprochen. Das hat mich persönlich überrascht. Dieses Gespräch war freundschaftlich, ein Zuhören, auf Augenhöhe. Der Papst ist selber ein Lernender, hat er heute noch einmal gesagt. Auch er muss das Zuhören lernen. Und ich fand, das ist ihm da bei dem Treffen mit den Frauen sehr gut gelungen.
(vatican news – gs)
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