Zum Abschluss: Gruppenbild mit Papst Zum Abschluss: Gruppenbild mit Papst  (VATICAN MEDIA Divisione Foto)

Auf einen Blick: Das steht im Schlussdokument der Weltsynode

Das Schlussdokument der zweiten Tagung der Sechzehnten Ordentlichen Generalversammlung der Synode – so der offizielle Titel – zeichnet ein Bild der Kirche, in der „Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“ eine stärkere Rolle spielen. Eine (unvollständige) Übersicht.

Giampaolo Mattei – Vatikanstadt

Das Schlussdokument, über das an diesem Samstagnachmittag abgestimmt wurde, wurde am Abend zur Gänze veröffentlicht – zunächst auf Italienisch und in einer englischen Arbeitsübersetzung, später auch in anderen Sprachen. Das Neue ist: Franziskus wird, anders als bei früheren Synoden, kein „Nachsynodales Schreiben“ verfassen; damit bleibt das an diesem Samstag beschlossene Dokument als letztes Wort des jahrelangen Prozesses der Weltsynode bestehen. Franziskus hat angeordnet, das Dokument sofort zu verbreiten, damit es sofort in den Ortskirchen umgesetzt werden kann.

Das letzte Wort eines jahrelangen Prozesses

„Der synodale Prozess endet nicht mit dem Ende der Versammlung, sondern umfasst auch die Phase der Umsetzung“, betont das Dokument dementsprechend (9). Alle Getauften sollten ins kirchliche Leben einbezogen werden „mit einer synodalen Methodik der Beratung und geistlichen Unterscheidung, wobei konkrete Modalitäten … entwickelt werden sollen, um eine greifbare synodale Umkehr in den verschiedenen kirchlichen Realitäten zu erreichen“ (9). Das Papier verlangt von den Bischöfen eine Verpflichtung auf Transparenz und Rechenschaftspflicht. Zugleich bekräftigt es, dass - wie auch Kardinal Férnandez, Präfekt des Glaubensdikasteriums, am Rand der Synodenversammlung erklärt hat - weiter daran gearbeitet werden müsse, den Frauen mehr Raum und mehr Macht in der Kirche zu geben.

Die grundlegende Perspektive des Dokuments lautet: Umkehr. Zwei Schlüsselwörter des Textes sind „Beziehungen“ und „Bindungen“. „Beziehungen“ bezieht sich auf eine neue Art und Weise, Kirche zu sein, und „Bindungen“ verweist auf einen dynamischen „Austausch von Gaben“ zwischen den Ortskirchen. Überhaupt wird der Fokus speziell auf die Ortskirchen gelegt: Alle ihre Strukturen sollten im Dienst der Mission stehen, wobei den Laien eine entscheidende Rolle zukommen solle. Das Dokument schlägt übrigens vor, dass auch die Dikasterien des Heiligen Stuhls „vor der Veröffentlichung wichtiger normativer Dokumente“ eine Konsultation durchführen (135). Doch dazu später mehr.

„Auch Vatikan soll Konsultationen durchführen“

Zunächst ein Blick aufs Ganze: Das Schlussdokument besteht aus fünf Teilen. Auf den ersten, eher allgemein-grundlegenden Teil („Das Herz der Synodalität“) folgt der zweite Teil mit dem Titel „Gemeinsam im Boot des Petrus“: Hier geht es um die Beziehungen, die die christliche Gemeinschaft aufbauen, und darum, wie Mission im Miteinander von geistlichen Berufungen, Ämtern und Charismen funktionieren kann. Der dritte Teil („Auf dein Wort hin“) dreht sich um geistliche Unterscheidung, um Entscheidungsprozesse sowie um eine Kultur der Transparenz, Rechenschaftspflicht und Bewertung. Der vierte Teil („Ein reicher Fischzug“) behandelt dann den „Austausch von Gaben“ und die Bindungen, die uns innerhalb der Kirche vereinen. Der fünfte Teil schließlich („Auch ich sende euch“) zeichnet die Vision einer Ausbildung aller Getauften in missionarischer Synodalität.

„Die Wunden des Auferstandenen bluten weiter“

Die Einleitung des Dokuments (1-12) nennt die Synode eine „erneuerte Erfahrung der Begegnung der Jünger mit dem Auferstandenen“ (1). „Bei der Betrachtung des Auferstandenen haben wir auch seine Wundmale gesehen..., die an den Körpern so vieler Brüder und Schwestern weiterhin bluten, auch wegen unserer Fehler. Unser Blick auf den Herrn wendet sich nicht ab von den Dramen der Geschichte, sondern öffnet unsere Augen, um das Leiden zu erkennen, das uns umgibt und uns durchdringt: die Gesichter der vom Krieg terrorisierten Kinder, das Weinen der Mütter, die zerbrochenen Träume so vieler junger Menschen, die Flüchtlinge, … die Opfer des Klimawandels und der sozialen Ungerechtigkeit“ (2). Die Synode erinnert mahnend an die „zu vielen Kriege“ in aller Welt und schließt sich den „wiederholten Appellen von Papst Franziskus zum Frieden an“ (2).

Betont wird außerdem, dass der synodale Weg ausgesprochen ökumenisch sei, „ausgerichtet auf eine volle und sichtbare Einheit der Christen“ (4). Er bedeute einen weiteren Akt der Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils, indem er „seine Inspiration“ verlängere und „seine prophetische Kraft“ für die heutige Welt“ wieder aufleben lasse (5). Allerdings lässt die synodale Lyrik doch durchschimmern, dass nicht immer alles eitel Sonnenschein war. „Wir verhehlen nicht, dass wir in uns selbst Müdigkeit, Widerstand gegen Veränderungen und die Versuchung erlebt haben, unsere eigenen Ideen über das Hören auf das Wort Gottes und die Praxis der geistlichen Unterscheidung siegen zu lassen“ (6).

„Die Kirche muss partizipatorischer werden“

Der erste Teil des Dokuments (13-48) beginnt mit gemeinsamen Überlegungen zur „Kirche als Volk Gottes und Sakrament der Einheit“ (15-20) sowie zu den „sakramentalen Wurzeln des Volkes Gottes“ (21-27). Gerade „dank der Erfahrung der letzten Jahre“ sei die Bedeutung der Begriffe „Synodalität“ und „synodal“ allmählich immer „besser verstanden und immer mehr gelebt worden“ (28). Synodalität bedeute den Wunsch, „näher bei den Menschen und mehr auf Beziehung ausgerichtet zu sein“ (28). „In einfachen Worten kann man sagen, dass die Synodalität ein Weg der geistlichen Erneuerung und der strukturellen Reform ist, um die Kirche partizipatorischer und missionarischer zu machen, das heißt, um sie fähiger zu machen, an der Seite jedes Mannes und jeder Frau zu gehen und das Licht Christi weiterzugeben“ (28).

In dem Bewusstsein, dass die Einheit der Kirche keine Einförmigkeit bedeute, sei „die Wertschätzung der Kontexte, Kulturen und Verschiedenheiten und der Beziehungen zwischen ihnen ein Schlüssel zum Wachstum als missionarische synodale Kirche“ (40). Dazu gehöre eine Wiederbelebung der Beziehungen auch zu anderen religiösen Traditionen „zum Aufbau einer besseren Welt“ (41).

Die Bekehrung der Beziehungen

Der zweite Teil des Dokuments (49-77) ruft nach einer Umgestaltung – wörtlich: nach einer „Bekehrung“ – von Beziehungen: „Beziehungen mit dem Herrn, zwischen Männern und Frauen, in den Familien, in den Gemeinschaften, zwischen allen Christen, zwischen den sozialen Gruppen, zwischen den Religionen, mit der Schöpfung“ (50). In diesem Zusammenhang wird etwas undeutlich auch von „jenen“ gesprochen, „die das Leiden teilen, sich ausgeschlossen oder verurteilt zu fühlen“ (50). „Um eine synodale Kirche zu sein, ist daher eine echte relationale Bekehrung notwendig. Wir müssen wieder vom Evangelium lernen, dass die Pflege von Beziehungen und Bindungen keine Strategie oder ein Werkzeug für eine größere organisatorische Effizienz ist, sondern die Art und Weise, in der Gott der Vater sich in Jesus und im Geist offenbart hat“ (50). Gerade „die wiederholten Äußerungen von Schmerz und Leid von Frauen aus allen Regionen und Kontinenten, sowohl von Laien als auch von geweihten Frauen, während des Synodenprozesses zeigen, wie oft wir es versäumen, dies zu tun“ (52).

„Der Ruf zur Erneuerung der Beziehungen im Herrn Jesus ertönt in der Pluralität der Kontexte“, die „mit dem Pluralismus der Kulturen“ verbunden ist. Hier erwähnt das Dokument mit kritischem Unterton „eine verzerrte Logik von Beziehungen, die manchmal im Gegensatz zu der des Evangeliums steht“ (53). Die Übel, die unsere Welt heimsuchten, seien „in dieser Dynamik verwurzelt“ (54); „die radikalste und dramatischste Verschließung ist die gegenüber dem menschlichen Leben selbst, die zur Ablehnung der Kinder schon im Mutterleib und der alten Menschen führt“ (54).

Eine synodale Spiritualität entwickeln

„Charismen, Berufung und Ämter (ministeri) für die Mission“ (57-67) stehen im Mittelpunkt des Dokuments, das auf eine möglichst breite Beteiligung der Laien setzt. Das geweihte Amt steht „im Dienst der Harmonie“ (68), und insbesondere „der Dienst des Bischofs“ besteht darin, „die Gaben des Geistes in Einheit zusammenzuhalten“ (69-71). Kritisch wird angemerkt, dass „die konstitutive Beziehung des Bischofs zur Ortskirche heute bei den Titularbischöfen, zum Beispiel bei den päpstlichen Nuntien und denjenigen, die in der römischen Kurie dienen, nicht mit ausreichender Klarheit erscheint“. Dann geht das Dokument auf Presbyter und Diakone ein (72-73): Die geweihten Amtsträger sollten „innerhalb der synodalen Kirche“ zusammenarbeiten (74). Wichtig sei dafür die Erfahrung einer „synodalen Spiritualität“ (43-48), die nicht „auf ein organisatorisches Mittel reduziert“ werden dürfe (44). Werde der synodale Stil mit Demut praktiziert, könne er die Kirche zu einer prophetischen Stimme in der heutigen Welt machen (47).

Die Bekehrung der Prozesse

Der dritte Teil des Dokuments (79-108) benennt die geistliche Unterscheidung, sorgfältige Entscheidungsprozesse und die Verpflichtung, Rechenschaft abzulegen und die Ergebnisse von getroffenen Entscheidungen zu bewerten, als „Praktiken, mit denen wir auf das Wort antworten, das uns die Wege der Mission zeigt“ (79). „Diese drei Praktiken sind eng miteinander verknüpft. Entscheidungsfindungsprozesse erfordern geistliche Unterscheidung, die ein Zuhören in einem Klima des Vertrauens voraussetzt, das durch Transparenz und Rechenschaftspflicht unterstützt wird. Vertrauen muss auf Gegenseitigkeit beruhen: Die Entscheidungsträger müssen in der Lage sein, dem Volk Gottes zu vertrauen und ihm zuzuhören. Das Volk Gottes muss seinerseits den Verantwortlichen vertrauen können“ (80).

Die geistliche Unterscheidung in einer missionarischen Optik (81-86) ist nach Angaben des Dokuments „keine organisatorische Technik, sondern eine spirituelle Praxis, die im Glauben gelebt werden muss“, und „ist niemals die Bestätigung eines persönlichen oder gruppenspezifischen Standpunkts, noch besteht sie in der einfachen Summe von Einzelmeinungen“ (82). Das Dokument beschäftigt sich eingehender mit der „Artikulation der Entscheidungsprozesse“ (87-94), „Transparenz, Rechenschaftspflicht, Bewertung“ (95-102) sowie mit „Synodalität und partizipativen Gremien“ (103-108).

Die Bekehrung der Bindungen

„In einer Zeit, in der sich die Erfahrung der Orte, an denen die Kirche verwurzelt ist…, verändert, ist es notwendig, in neuen Formen den Austausch von Gaben und das Knüpfen von Banden zu pflegen, die uns vereinen, getragen vom Dienst der Bischöfe in Gemeinschaft untereinander und mit dem Bischof von Rom“: Das ist die Essenz des vierten Teils des Dokuments (109-139). „Die Kirche kann nicht verstanden werden kann, ohne in einem konkreten Territorium verwurzelt zu sein, in einem Raum und in einer Zeit, in der sich eine gemeinsame Erfahrung der Begegnung mit dem rettenden Gott herausbildet“ (110) – das gilt trotz der allgemeinen „menschlichen Mobilität“ (112) von heute und der „digitalen Kultur“ (113).

Das gemeinsame Vorangehen an verschiedenen Orten als Jünger Jesu „in der Vielfalt der Charismen und Ämter“ sowie der „Austausch von Gaben“ zwischen den einzelnen Ortskirchen sei „ein wirksames Zeichen der Gegenwart der Liebe und Barmherzigkeit Gottes in Christus“ (120). „Der Horizont der Gemeinschaft im Austausch der Gaben ist das inspirierende Kriterium der Beziehungen zwischen den Kirchen“ (124). Hierhin gehörten „die Bande der Einheit: Bischofskonferenzen und kirchliche Versammlungen“ (124-129). Das Schlussdokument beschäftigt sich auch mit dem „Dienst des Bischofs von Rom“ (130-139). In einem Stil der Zusammenarbeit und des Zuhörens „werden die (vatikanischen) Dikasterien aufgefordert, vor der Veröffentlichung wichtiger normativer Dokumente eine Konsultation mit den Bischofskonferenzen und den entsprechenden Gremien der katholischen Ostkirchen durchzuführen“ (135).

Ein Volk von missionarischen Jüngern formen

„Damit das heilige Volk Gottes die ganze Freude des Evangeliums bezeugen kann und in der Praxis der Synodalität wächst, braucht es eine angemessene Ausbildung: vor allem zur Freiheit der Söhne und Töchter Gottes in der Nachfolge Jesu Christi, der im Gebet betrachtet und in den Armen erkannt wird“, heißt es im fünften Teil des Dokuments (140-151). „Eine der Forderungen, die während des gesamten Synodenprozesses von allen Seiten am stärksten hervorgehoben wurde, ist, dass die Ausbildung ganzheitlich, kontinuierlich und gemeinschaftlich erfolgen soll“ (143). Auch in diesem Bereich gebe es eine Dringlichkeit des „Austauschs der Gaben zwischen den verschiedenen Berufungen (Gemeinschaft), in der Perspektive eines zu verrichtenden Dienstes (Sendung) und in einem Stil des Engagements und der Erziehung zu differenzierter Mitverantwortung (Partizipation)“ (147).

„Ein weiterer Bereich von großer Bedeutung ist die Förderung einer Kultur des Schutzes (safeguarding) in allen kirchlichen Umgebungen, um die Gemeinschaften zu immer sichereren Orten für Minderjährige und gefährdete Personen zu machen“ (150). Schließlich „sollten auch die Themen der Soziallehre der Kirche, der Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit, die Sorge für das gemeinsame Haus und der interkulturelle und interreligiöse Dialog im Volk Gottes stärker verbreitet werden“ (151).

Sich Maria anvertrauen

„Indem wir den synodalen Prozess gelebt haben“, so die Schlussfolgerung des Dokuments (154), „sind wir uns neu bewusst geworden, dass das zu empfangende und zu verkündende Heil durch Beziehungen vermittelt wird. Es wird gemeinsam gelebt und bezeugt. Die Geschichte erscheint uns auf tragische Weise von Kriegen, Rivalitäten um die Macht, tausend Ungerechtigkeiten und Missbräuchen geprägt. Wir wissen jedoch, dass der Geist in das Herz eines jeden Menschen eine tiefe und stille Sehnsucht nach echten Beziehungen und wahren Bindungen gelegt hat. Die Schöpfung selbst spricht von Einheit und Teilhabe, von Vielfalt und Verflechtung der verschiedenen Lebensformen.“

Der Text schließt mit einem Gebet an die Jungfrau Maria, der die Ergebnisse dieser Weltsynode anvertraut werden: „Lehre uns, ein Volk von missionarischen Jüngern zu sein, die gemeinsam vorangehen: eine synodale Kirche“ (155).

(vatican news)

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26. Oktober 2024, 19:29