Vatikan: Erste Präfektin der Kurie ist „wichtiges Signal“
Papst Franziskus hat Schwester Simona Brambilla zur Präfektin des vatikanischen Ordensdikasteriums bestimmt. Sie folgt auf Kardinal João Braz de Aviz. Damit wird erstmals eine Frau an der Spitze einer Kurienbehörde stehen. Was bedeutet diese Ernennung?
Gudrun Sailer: Die Ernennung der ersten Präfektin in der Geschichte der Römischen Kurie ist ein wichtiges Signal: ein Signal an die Weltkirche, ein Signal an die engagierten Frauen in dieser Weltkirche und auch ein Signal an die Kardinäle. Zum ersten Mal wirkt eine Frau, eine Ordensschwester, beim Heiligen Stuhl auf der Ebene direkt unter dem Papst. Das war vor wenigen Jahren noch undenkbar. Da waren Präfekten durchweg Kardinäle oder Erzbischöfe, also alles geweihte Männer. Das muss ab sofort nicht mehr so sein, und das hat Papst Franziskus durch diese Ernennung verdeutlicht. Auch Laien und damit Frauen können, wenn der Papst sie ernennt, auf der höchsten Führungsebene des Heiligen Stuhls unter dem Papst wirken und Anteil an seiner Leitungsgewalt haben.
Inwiefern ist das auch ein Signal an die Kardinäle?
Gudrun Sailer: Das eigentlich Innovative an der Ernennung ist ja, dass es sich um eine doppelte Ernennung handelt. Ernannt wurden eine Präfektin und zugleich ein Pro-Präfekt. Und dieser Pro-Präfekt ist Kardinal. Der Pro-Präfekt steht in der Hierarchie etwas unter dem Präfekten. Nun sind Kardinäle aber von alters her die wichtigsten Berater des Papstes, sie haben das Privileg, den Papst zu wählen, und einer von ihnen ist der nächste Papst. Das Amt ist mit dem allerhöchsten Ansehen verbunden. Und bisher waren, wie gesagt, fraglos die Kardinäle die Präfekten, während die Laien auf nachgeordneten Rängen tätig waren. Dass nun umgekehrt ein Kardinal unter einem Laien in einer Kurienbehörde wirkt, das ist neu und noch nie dagewesen. Übrigens ist die Präfektin auch noch fünf Jahre jünger als der Pro-Präfekt im Kardinalsrang.
Aber wie oft haben Papst Franziskus und vor ihm übrigens auch schon Papst Benedikt den neu ernannten Kardinälen eingeschärft: Das Kardinalat ist ein Dienstamt. Nicht Macht, sondern Dienst. Und wenn das so ist, kann ein Kardinal auch mal einem Laien, ob Frau oder Mann, zuarbeiten. Das, glaube ich, wollte der Papst mit dieser ungewöhnlichen Doppelernennung unterstreichen.
Kommt die Ernennung der ersten Präfektin eigentlich überraschend?
Gudrun Sailer: Nein. Papst Franziskus hat eine Kurienreform durchgeführt, und im Grundlagentext Praedicate Evangelium ist festgehalten, dass auch Laien Kurienbehörden leiten können. Franziskus selbst hatte schon angekündigt, dass er die Ernennung einer Präfektin plant. Und übrigens möchte er auch, dass diese Ernennung Vorbildwirkung in den Bistümern der Weltkirche hat: Frauen in hohen kirchlichen Verantwortungen. Denn wenn wir einmal von den kirchlichen Gegebenheiten in Mitteleuropa absehen, gibt es viele Bistümer, die Frauen in Führungspositionen noch nie in Betracht gezogen haben. An diesem Punkt geht also der Vatikan unter Franziskus voran. Unter diesem Papst ist insgesamt die Zahl der Frauen im Vatikan gestiegen, besonders die Zahl der Frauen mit Führungsverantwortung.
Und dass die erste Kurienbehörde mit einer Frau an der Spitze das Ordensdikasterium ist – ist das folgerichtig?
Gudrun Sailer: Es gibt 600.000 katholische Ordensleute auf der Welt, und die große Mehrheit von ihnen sind Frauen. Nicht zufällig übrigens hat die „Feminisierung“ der Kurienspitze am Ordensdikasterium begonnen. Vor genau 20 Jahren, 2004, wurde Schwester Enrica Rosanna die erste Untersekretärin des Heiligen Stuhls – an der Ordenskongregation. Das war noch unter Papst Johannes Paul II. Untersekretäre gehören zur Führungsriege, zusammen mit dem Sekretär und dem Präfekten. Also ja, die erste Präfektin der Kurie gerade an der Ordensbehörde – das ist in sich stimmig.
(vatican news – gs)
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