Erste Fastenpredigt für alle im Vatikan
Doch wer dieser Versuchung nachgebe, der entferne sich „damit von der einzigen Grundlage, die Christus ist“. Jesu Leben sei „die außergewöhnlichste Manifestation dessen, was unsere Menschheit werden kann, wenn sie sich von der Logik Gottes leiten lässt“. Pasolini riet daher laut seinem verbreiteten Redemanuskript, sich an das Evangelium selbst zu halten und sich gedanklich „in die Rolle von Jüngern Jesu zu versetzen, die von seiner Lebensweise lernen wollen“.
Der Kapuziner hielt an diesem Freitag die erste seiner Fastenpredigten – und erstmals konnte jeder Interessierte dazu in die vatikanische Audienzhalle kommen. In früheren Jahren war der Kreis der Zuhörenden immer auf die Angestellten der römischen Kurie eingegrenzt gewesen. Pasolini sprach über die Taufe Jesu und verwies dabei auf die scheinbare „Passivität“ im Handeln des Herrn; statt selbst das Heft in die Hand zu nehmen, lasse er zu, dass Johannes der Täufer an ihm die Taufe vollziehe.
Das Heil Gottes wird nicht erzwungen
„Die große Botschaft des Evangeliums ist genau dies“, so Pasolini in seinem schriftlich verbreiteten Text: „Noch bevor er außergewöhnliche Taten vollbrachte, begann der Sohn Gottes, die Welt zu retten, indem er einfach unter uns war, unsere Erfahrungen teilte und sich von den Ereignissen der menschlichen Geschichte berühren ließ. Das Heil Gottes wird nicht durch eine unmittelbare Veränderung der Dinge erzwungen, sondern es wird als eine Begegnung angeboten, die Hoffnung erzeugt…“
Die biblische Darstellung der Taufe Jesu im Jordan sowie der sich daran anschließenden Versuchungen sei für jeden Glaubenden relevant, weil sie „Bewegungen“ aufzeige, die jeder Christ nachvollziehen solle. Das sei zunächst die Fähigkeit, von sich selbst abzusehen und anderen Raum zu geben; zweitens die Bekehrung „als ständige Übung innerlichen Verifizierens“; und drittens das in-der-Realität-Bleiben, „ohne vor ihr zu flüchten oder sie zu sublimieren“.
Das Bad in der Realität
„Die Taufe Christi taucht ihn in den Fluss des Lebens, ohne ihn von den Spannungen, Prüfungen und Widersprüchen der Welt zu verschonen. Auch wir sind aufgerufen, in unserer Zeit mit ihren Komplexitäten und Herausforderungen standhaft zu bleiben, ohne zu fliehen oder künstliche Zuflucht zu suchen. Nur so können wir auch inmitten der Schwierigkeiten erkennen, dass unser Weg von einer bestimmten Gegenwart bewohnt ist: der Gegenwart Gottes, der uns nicht verlässt, sondern immer bei uns bleibt.“
Die nächsten Fastenpredigten Pasolinis finden jeweils am Freitagmorgen in der vatikanischen Audienzhalle statt.
(vatican news – sk)
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