Wie geht es weiter nach COP23?
Stefan von Kempis - Cittá del Vaticano
Papst Franziskus wird nicht müde, immer wieder darauf hinzuweisen: Es gibt einen Zusammenhang zwischen Klimawandel und Armut im ländlichen Raum. Die gute Nachricht ist, dass dieser zum Guten gewendet werden kann: Gegen Klimawandel vorzugehen, schützt Menschen vor seinen Folgen; unterstützt man Menschen darin, ein nachhaltiges Ernährungssystem zu installieren, profitiert auch die Umwelt. Die entscheidende Frage lautet: Wie kann ein nachhaltiges Ernährungssystem geschaffen werden, das den Kleinbauern im ländlichen Raum nützt? Zu diesem Thema lud Hinrich Thölken, der Ständige Vertreter Deutschlands bei den UN-Organisationen in Rom, in dieser Woche zu einer Podiumsdiskussion in die Villa Drusiana ein.
Dabei wurde deutlich: Qualifizierung der Bauern ist ein wichtiges Stichwort. Wir haben bei der Tagung Stefan Schmitz, Referatsleiter für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Ernährungssicherung im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), nach Strategien für Bauern im ländlichen Raum gefragt:
„Wir müssen die Länder dahingehend beraten, dass sie die Möglichkeit haben, ihre eigenen Märkte zu schützen und gleichzeitig die eigene Landwirtschaftsentwicklung voranzutreiben. Das bedeutet, dass der Bauer besseres Wissen braucht und moderne Methoden zur Verfügung haben muss, um produktiver arbeiten zu können, d. h. mehr Ertrag pro Hektar Land zu produzieren. Aber dann geht es ja auch darum, die Lebensmittel trocken und kühl zu lagern. Straßen zu haben, auf denen die Lebensmittel zum Markt transportiert werden. Das ganze Handelswesen muss verbessert werden. Das betrifft die ganze Wertschöpfungskette vom Feld bis zum Teller des Konsumenten in der Stadt."
Johannes Cullmann, Leiter der Abteilung Klima und Wasser bei der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), hat in seinem Beitrag auf die Folgen des Klimawandels hingewiesen. Über kurz oder lang, so seine Mahnung, werden auch wir in Mitteleuropa von extremen Wettererscheinungen und dem Ansteigen des Meeresspiegels betroffen sein. Am stärksten sind ländliche und küstennahe Gebiete bedroht, insbesondere Inselstaaten im Pazifik und Regionen Afrikas südlich der Sahelzone. Doch in vielen Fällen leben gerade dort die Ärmsten der Weltbevölkerung; diejenigen also, die den kleinsten CO2-Fußabdruck hinterlassen.
Hilfsorganisationen wie der Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) haben es sich zur Aufgabe gemacht, Kleinbauern in ihrer Arbeit zu unterstützen, so dass sie selbst einen Weg aus der Armut finden. Die Jugend könnte ein Vorreiter darin sein, innovative Ideen in der Landwirtschaft zu etablieren. Wie kann die Jugend dafür gewonnen werden? Stefan Schmitz sagt dazu:
„Alleine in Afrika werden bis 2030 440 Millionen Menschen zusätzlich auf den Arbeitsmarkt drängen und eine Lebensperspektive suchen. Die Mehrheit von ihnen lebt auf dem Land, und nicht in den Städten. Insbesondere in Afrika ist das Bevölkerungswachstum auf dem Land extrem hoch. Sie suchen eine Perspektive, aber sie werden sie nicht immer bekommen; viele werden auch versuchen, in die Städte oder ins Ausland abzuwandern.“ Es sollte im Interesse aller sein, betont Schmitz auch mit Blick auf die massiven Migrationsbewegungen der letzten Jahre, dass die Menschen in ihrer Heimat eine Perspektive erhalten könnten.
„Dazu ist notwendig, dass Landwirtschaft produktiver wird; dass jeder einzelne Landwirt, jeder einzelne Bauer mehr produziert, damit er darüber auch ein Einkommen erzielen kann. Das wäre eine Voraussetzung dafür, dass sie ein besseres Leben führen und sich auch z. B. einen Gesundheitsdienst leisten und den Schulbesuch der Kinder bezahlen können. Dafür ist es notwendig, dass Bauern eine Verbindung haben, dass sie sich Märkte erschließen können in den Städten. Wir beobachten zunehmend, wenn man in die Städte Afrikas geht und in die Regale der Supermärkte schaut, dass Produkte aus allen Teilen der Welt angeboten werden, die preiswert eingeführt werden können. Häufig ist die eigene Landwirtschaft dagegen nicht konkurrenzfähig. Da müssen wir nachhelfen.“
Die kürzlich zu Ende gegangene Bonner Klimakonferenz hat auch über einen Gender Action Plan diskutiert und damit die Frage aufgeworfen: Welche Rolle spielen Frauen in der internationalen Klimapolitik und in der nachhaltigen Entwicklung, beispielsweise in der Landwirtschaft? Wird da nicht viel Potenzial verschenkt? Stefan Schmitz mahnt Verbesserungsbedarf an:
„Die Rolle der Frauen ist hier ganz zentral. In Afrika leisten Frauen in der Landwirtschaft etwa 50 Prozent der Arbeit, teilweise sogar mehr, aber sie erwirtschaften nur ein Hauch, etwa 10 Prozent des Einkommens. Das ist ein riesiges Missverhältnis. Frauen haben eine ganz wichtige Schlüsselposition, weil sie auch gleichzeitig für die Ernährung der Familie zuständig sind. In ihren Händen liegt es, nicht nur mit darüber zu entscheiden, was auf dem Feld angebaut wird, sondern auch die Familie richtig und gesund zu ernähren. Diese Doppelrolle macht sie ganz besonders wichtig. Wir schätzen, wenn Frauen den gleichen Zugang zu Bildung oder zur Ausbildung im landwirtschaftlichen Bereich hätten wie Männer, wenn sie die gleichen Rechte hätten, Land zu besitzen und damit auch einen Kredit aufnehmen zu dürfen, dann wäre schon sehr vielen Menschen geholfen und die Produktivität der Landwirtschaft deutlich höher. Die Rechte der Frauen sind in sehr vielen Ländern sehr verbesserungsbedürftig.“
Quo vadis? Die Richtung scheint mehr oder weniger deutlich zu sein. Aber noch sind viele der Hauptakteure zu zögerlich. Vielleicht braucht es einfach jemanden, der mutig vorangeht. Klar ist, dass es in unser aller Sinne ist, uns gemeinsam auf Weg zu machen.
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