Erzbischof von Santiago: Anschläge werden Freude über Papstbesuch nicht trüben
Anne Preckel - Vatikanstadt
Die Angriffe repräsentierten nicht die Haltung der großen Mehrheit des chilenischen Volkes, unterstrich der Erzbischof der Stadt im Interview mit Vatican News. Man werde nicht zulassen, dass die Zwischenfälle die Freude über den am Montag beginnenden Papstbesuch trübten, ist Kardinal Ricardo Ezzati wichtig zu betonen: „Sie werden uns umso mehr in unserer Erwartung und Hoffnung bestärken statt uns zu verunsichern! Denn wir wissen, dass die Liebe Christi alles übersteigt und allen zuteilwird“, zeigte sich der Geistliche zuversichtlich.
„Chile braucht mehr Dialog“
Die große Mehrheit der Chilenen freue sich auf den Papstbesuch und werde Franziskus‘ Botschaft dankbar aufnehmen: „Wir sind beseelt von großer Hoffnung und starkem Vertrauen. Das chilenische Volk ist ein gastfreundliches Volk.“ Es möge auch Demonstrationen geben, die das Gegenteil suggerierten, „doch dank Gott hatten diese Attentate keine größeren Folgen“, so der Erzbischof.
Mit Blick auf die sozialen Spannungen in Chile rief der Kardinal zu mehr Dialog und Verständigung in Chiles Gesellschaft auf. „Chile braucht mehr Dialog“, so Ezzati. Dafür sei die Papstreise eine gute Gelegenheit: „Alle Katholiken, alle Gläubigen anderer Religionen und alle Männer und Frauen guten Willens sind dazu aufgerufen, an den Veranstaltungen der nächsten Woche gemeinsam mit Papst Franziskus teilzunehmen, der uns allen eine Botschaft der Hoffnung und Liebe bringt.“
Diese Botschaft sei für Chile umso wichtiger, als dass es auch in dem vergleichsweise wohlhabenden Land viele Situationen sozialer und spiritueller Not gebe, erinnerte Ezzati. So erwarte man sich vom Papstbesuch eine Bestärkung „auf dem Weg der Solidarität, der Willkommenskultur und einer missionarischen Kirche“, die offen „für all die Peripherien und Armutssituationen in Chile und der Welt“ sei.
Systemkritische Randalierer
In der Nacht auf Freitag war beim Portal der Kirche „Santa Isabel de Hungria“ im Stadtviertel Estacion Central in Santiago Feuer gelegt und eine Bombendrohung gegen den Papst hinterlassen worden. Weitere Angriffe erfolgten in Kirchen in den Stadtteilen Recoleta, Peñalolén und Santiago Centro.
Das nationale Organisationskomitees für die Papstreise in Chile gab am Samstag bekannt, es handele sich bei den vier Angriffen auf Kirchen in Santiago nicht um terroristische Akte. Die Aggressionen gingen auf das Konto systemkritischen Randalierer, wird Pater Felipe Herrera von Medien zitiert. „Traurigerweise ist das keine Überraschung für uns in Chile“, kommentierte der Sprecher die Übergriffe von der Nacht auf Freitag, die er als Anzeichen einer großer sozialen Unzufriedenheit in Chile wertete. Autonome Gruppen agierten in diesem Kontext nicht allein gegen die Kirche, sondern schlügen auch bei wichtigen staatlichen und öffentlichen Ereignissen zu.
Die Behörden hatten direkt nach den Anschlägen ein Bekennerschreiben veröffentlicht, das die Befreiung der den Mapuche-Ureinwohnern zugeschriebenen Region Wallmapu forderte. Die Beauftragte für Mapuche-Pastoral der chilenischen Diözese Temuca warnte dagegen vor vorschnellen Schuldzuschreibungen: es könne sich bei den Brandstiftern auch um Randalierer handeln, die die Schuld auf die Mapuche fallen lassen wollten, hatte Isolde Reuque Paillalef bereits unmittelbar nach den Vorfällen gewarnt.
Riesiges Sicherheitsaufgebot
Angesichts der angespannten Situation im Land erwartet Chile den Papst mit den umfangreichsten Sicherheitsvorkehrungen, die es jemals im Land gab. 18.000 Polizisten - davon 9.500 in der Hauptstadt Santiago de Chile - seien zum Schutz des Papstes und der Pilger abgestellt, berichtete die argentinische Zeitung „La Nacion“ am Freitag.
Papst Franziskus erreicht Chile nächste Woche am Montagabend und wird in den drei Folgetagen in der Hauptstadt, im südlich gelegenen Temuco sowie im Iquique im Norden des Landes Station machen. Große Freiluft-Gottesdienste mit jeweils über 400.000 Menschen stehen auf dem Programm, Treffen mit Indigenen, Jugendlichen, Kirchen- und Ordensvertretern sowie ein Besuch in einem Frauengefängnis.
Am Freitag gab der Vatikan bekannt, dass der Papst am kommenden Donnerstag bei der Station in Iquique auch Opfern der Pinochet-Diktatur (1973-1990) begegnen wird. Ob es auch zu einem von Betroffenen-Verbänden angestrebten Treffen mit Missbrauchs-Opfern kommen wird, hat der Vatikan bislang weder bestätigt noch verneint.
(vatican news/diverse – pr)
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