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Syrien: Bischof schlägt Alarm wegen fehlender Medizin

Die in Syrien residierenden Bischöfe der wichtigsten katholischen Ostkirchen – Maroniten, Melkiten und Chaldäer – verurteilen die jüngsten Bombenangriffe der drei Westmächte. Sie glauben nicht an die Existenz von regierungskontrollierten syrischen Chemiewaffen in Ostghouta und fordern ein Ende der ausländischen Einmischung im Land.
Zum Nachhören - Das Interview mit Bischof Khazen

Mario Galgano und Giada Aquilino – Vatikanstadt

Derweil schlägt der Apostolische Vikar der lateinischen Kirche in Aleppo, Georges Abou Khazen, Alarm: Es fehle vor allem an Medizin. Obwohl es wieder Strom und Wasser gibt, ist die Lage in vielen Teilen Syrien katastrophal. Dennoch wolle er hinzufügen, dass sich die Lage „langsam aber stetig“ verbessere, sagt der Apostolische Vikar im Gespräch mit Vatican News.

Wie andere christliche Würdenträger ist auch Abou Khazen kritisch mit den Eingriff ausländischer Mächte in Syrien. Er verstehe nicht, weshalb die USA, Großbritannien und Frankreich den Zugang der internationalen Beobachter nach Duma verhindert hätten, um nachzuprüfen, ob tatsächlich ein Giftgaseinsatz stattgefunden habe oder nicht. „Diese drei Mächte haben nicht einmal abgewartet, ob es überhaupt eine Untersuchung gab und bombardierten bereits das Land“, prangert Abou Khazen der Eingriff der drei Staaten in Syrien an.

„Die Krise ist bei weitem nicht vorbei. Und wir dürfen nicht vergessen, dass es noch Probleme gibt wie die hohe Arbeitslosigkeit, die horrende Inflationsrate und das Embargo, also die Sanktionen gegen Syrien. Gerade aus medizinischer Sicht ist die Lage prekär. Eine Konsequenz der Sanktionen besteht darin, dass es schwieriger geworden ist, Medikamente zu erhalten. Was das Rote Kreuz oder die Caritas anbieten kann, reicht zum Glück vorläufig aus, um zu überleben. Aber wenn eine Epidemie ausbricht, würde das Ganze zusammenbrechen.“

 

„Dennoch sind viele Patienten unterernährte Kinder, die besonderer medizinischer Pflege bedürfen“

 

Gerade das Hilfswerk „Ärzte ohne Grenzen“ sprach von rund 60.000 Vertriebenen aus Ost-Ghouta. Davon bräuchten viele medizinische Unterstützung. Allein in einem Flüchtlingscamp im Nordwesten Syriens seien an einem Tag 5.000 Menschen in medizinischer Obhut gekommen. „Dennoch sind viele Patienten unterernährte Kinder, die besonderer medizinischer Pflege bedürfen“, erläutert der Apostolische Vikar von Aleppo.

Dass der Papst immer wieder – wie jüngst am Sonntag beim Regina Coeli – an die Lage in Syrien erinnere und zu Frieden aufrufe, sei eine Stärkung für die Christen in jenem Krisenland, fügt Abou Khazen an. „Wir als Kirche in Syrien sagen seit acht Jahren, dass man den Kämpfern keine Waffen geben sollten. Wir hatten hier bei uns über 100.000 fremde Kämpfer. Wer hat sie hier hereingelassen? Wer hat sie ausgebildet? Wer hat ihnen Waffen und Geld gegeben?“, fragt sich der Bischof. Es sei aber derzeit vor allem eines wichtig: den Dialog zu suchen und Lösungen für einen dauerhaften Frieden zu finden.

Der chaldäische Bischof von Aleppo, Antoine Audo, sagte im Gespräch mit der katholischen Nachrichtenagentur „AsiaNews“, den Angriffen der USA, Großbritannien und Frankreich zugrunde liege „die Absicht des Westens, eine Kraftprobe zu liefern, einen demonstrativen Akt – aber für die Menschen in Syrien ist das Leben weitergegangen“. Nicht verhehlen könne man „ein Gefühl der Traurigkeit, weil der Friede in immer weitere Ferne rückt“. Syrien werde gemartert wegen der internationalen Interessen, wegen des Machtkampfs „zwischen Russen und Amerikanern, Sunniten und Schiiten, dem Iran und Saudi-Arabien“. Es gehe um wirtschaftliche und strategische Interessen, vor allem aber um „den Verkauf von und den Handel mit Waffen“. Syrien sei „eine stolze historische Realität, mit Regierung und Volk, aber die anderen tun alles, um dieses Land zu vernichten“. Die Armen seien diejenigen, die in diesem Konflikt den höchsten Preis zahlen müssten.

 

„Glauben nicht an die Chemiewaffen-Story“

 

Im Gespräch mit der italienischen Nachrichtenagentur „Dire“ hatte sich der chaldäische Bischof von Aleppo noch schärfer geäußert: London, Paris und Washington benützten das Argument der Giftgasattacken, „um den Krieg zu verlängern, den Waffenhandel anzukurbeln und Saudi-Arabien einen Gefallen zu tun. Sie wollen ihre Macht zeigen, aber als Christen müssen wir sagen, dass wir an die Story von den Chemiewaffen nicht glauben.“

Der melkitische Erzbischof der gleichen Stadt, Erzbischof Jean-Clement Jeanbart, sagte im Gespräch mit der italienischen katholischen Nachrichtenagentur SIR, die drei Westmächte wollten verhindern, dass Syrien wieder auf die Beine komme: „Eine schreckliche Sache. Wir sind besorgt und von Schmerz erfüllt. Die Bevölkerung leidet und weiß nicht mehr, was sie erwarten soll. Sie lebt in der ständigen Angst neuer Angriffe und neuer Bomben. Was sich hier abspielt, überschreitet jegliche Vernunft und jegliches menschliche Gefühl.“

Bei jeder geringen Hoffnung auf Dialog werde diese durch neue Bomben ausgelöscht, „das ist teuflisch“, so Jeanbart: „Die Syrer wollen Frieden und nicht Krieg.“ Aber solange es in Syrien ausländische Mächte gebe, die ihre eigenen geopolitischen Interessen vertreten, werde es unmöglich sein, dieses Ziel zu erreichen. „Alles, was in Syrien geschieht, kommt aus dem Ausland und nicht von unserem Volk. Die große Mehrheit der Kämpfer sind Ausländer oder Fundamentalisten, die meinen, dass die Anderen kein Recht auf Leben haben.“ Die erste Voraussetzung für Frieden sei daher, „dass die Ausländer aus Syrien verschwinden“. Es müssen den Syrern ermöglicht werden, untereinander einen Dialog zu führen, dann werde auch ein Ausweg aus der tragischen Situation gefunden werden können.

(vatican news/kap)

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17. April 2018, 13:22