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Gedenken an ermordete Studenten in Managua Gedenken an ermordete Studenten in Managua 

Nicaragua: Bischöfe halten Tür für Dialog offen

Trotz der zunehmenden staatlichen Repression gegen Zivilisten und Kirchenvertreter in Nicaragua wollen die Bischöfe den Gesprächsfaden mit Präsident Daniel Ortega nicht abreißen lassen. So haben sie den Präsidenten offenbar um Klärung der Frage gebeten, welche Rolle er in der politischen Krise für die Kirche sieht. Die Zivilbevölkerung ruft die Kirche zugleich zu Gewaltlosigkeit auf.

Anne Preckel und Patricia Ynestroza – Vatikanstadt


Der Versuchung, den Weg des Dialoges zu verschließen, hat Nicaraguas Kirche bislang nicht nachgegeben. Auch nach den immer neuen Toten und blutigeren Repressionen, den Übergriffen auf Kirchenvertreter und Kultstätten sowie den kruden Anschuldigungen, die Ortega zuletzt gegenüber den Bischöfen erhob. Die Oberhirten haben sich jetzt in einem Brief an den autoritären Staatschef gewandt: Ortega solle sich dazu äußern, ob er die Kirche weiter als Vermittlerin in der Krise sieht, so der Grundtonus des Schreiben laut der Nachrichtenagentur SIR, die an diesem Donnerstag darüber berichtet. Der genaue Wortlaut des Briefes liegt Vatican News bislang nicht vor.

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Bischöfe schreiben an Ortega

 

Ortega hatte Nicaraguas Kirche in der vergangenen Woche beschuldigt, gemeinsame Sache mit Putschisten zu machen und deren Vorschlag vorgezogener Neuwahlen als Ausgang aus der politischen Krise entschieden abgelehnt. In einem Fernsehinterview mit Fox News legte er am Montag nach: für die Gewalt paramilitärischer Gruppen gegen Demonstranten und Kirchenvertreter sei er nicht verantwortlich, dahinter steckten die politische Opposition und Feinde Nicaraguas im Ausland. Zugleich forderte Ortega Nicaraguas Kirche in dem Interview dazu auf, weiter als mögliche Vermittlerin in der Krise zur Verfügung zu stehen. Vor Hintergrund der Vorwürfe der letzten Woche kam das überraschend – doch der Präsident dürfte wohl wissen, welch großen Rückhalt die Kirche in der Zivilbevölkerung hat. Einer Zivilbevölkerung, aus der sich inzwischen immer breitere Kreise gegen Ortega mobilisieren.

 

Solidaritätskundgebung für die Kirche

 


So haben zivilgesellschaftliche Gruppen, Studenten und Oppositionelle an diesem Mittwoch auch angekündigt, in Managua am Samstag Solidaritätskundgebungen für die Kirche – „die Verteidigerin der Wahrheit und Gerechtigkeit“ – durchführen zu wollen: ein klares Zeichen der Unterstützung für die Bischöfe, die in Nicaragua längst selbst in der Schusslinie stehen. Paramilitärs hatten in den letzten Wochen den päpstlichen Nuntius und Bischöfe tätlich angegriffen, christliche Kultstätten geschändet und Kirchen beschossen, in denen Demonstranten Schutz gesucht hatten. Die bisher friedlichen Proteste des Volkes werden parallel dazu immer blutiger niedergeschlagen, mindestens 360 Tote soll es inzwischen gegeben haben, von Verhaftungen Oppositioneller und auch Folter ist die Rede. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) sprach mit Blick auf das Durchgreifen der Regierung von „Morden, extralegalen Hinrichtungen, Misshandlungen“. Das Menschenrechts-Hochkommissionariat der Vereinten Nationen (ACNUDH) schloss sich der Kritik an.

 

„Ortega verbreitet grobe Lügen und Unwahrheiten“


Die Lage sei ruhig, beschönigte Ortega am Montag die Unruhen im Land, während Kirchenvertreter und andere Beobachter vor Ort von gezielter Verfolgung und Gewalt gegen Zivilisten sprechen. Im Interview mit Vatican News schilderte der Generalvikar von Managua, Carlos Avilés Cantón, am Mittwochnachmittag hörbar erregt die dramatischen Zustände. Der Dialogbeauftragte der nicaraguanischen Bischofskonferenz widersprach dabei dem von Ortega auf Fox News gezeichneten Bild:


„Ich weiß wirklich nicht, von welchem Land Ortega da spricht und wem er ein solches Trugbild präsentieren will. Er verbreitet grobe Lügen und Unwahrheiten. Im nördlichen Jinotega haben Paramilitärs in diesen Tagen noch drei Menschen umgebracht, junge Leute werden von vermummten Milizen aus den Häusern geholt, das sind regelrechte Entführungen durch die Paramilitärs, die mit Kriegswaffen schweren Kalibers versorgt werden. In welchem Land lebt Ortega? Diese Woche gab es die größten Spannungen seit Beginn der Konflikte.“


Kirche weiter unter Beschuss

 

Auch die Kirche stehe weiter unter Beschuss, so der Generalvikar von Managua weiter: „Sechs Priester der Erzdiözese von Managua haben Todesdrohungen erhalten. In der Maria Maddalena-Gemeinde in Managua haben bewaffnete Männer um sich geschossen und alle Scheiben zerstört. Paramilitärs haben zudem weitere Kirchen in Jinotepe, Diriamba und Managua angegriffen, wo auch die Kathedrale belagert wird. Wir sind zu einer Zielscheibe geworden, weil wir die Kirchen für Gläubige geöffnet haben, die fliehen müssen und leiden.“ Für Ortega seien die Bischöfe damit alle zu „Terroristen“ geworden, fügte der Geistliche an. Ortega hatte Bürger, die Demonstranten vor Übergriffen der Paramilitärs schützen, so bezeichnet.

 

„Ein friedlicher Protest, der blutig und ungestraft unterdrückt wird“


An die internationale Gemeinschaft wandte sich Avilés Cantón mit dem Aufruf, den friedlichen zivilen Widerstand und eine demokratische Lösung für das Land zu unterstützen: „Hier handelt es sich nicht um einen Krieg zwischen zwei bewaffneten Banden. Was im April begann, ist ein friedlicher Protest, der blutig und ungestraft unterdrückt wird. Wir sind frustriert und werden terrorisiert. Die internationale Gemeinschaft muss Druck auf unsere Regierung ausüben, um eine echte Demokratisierung des Landes zu erwirken.“


Ortegas Präsidentschaft widerspreche der Verfassung, erläuterte Avilés Cantón im Interview mit Vatican News zur Forderung der Bischöfe nach vorgezogenen Neuwahlen im kommenden Jahr: er habe die Verfassung manipuliert, um sich erneut wählen lassen zu können.

 

„Gebt den Provokationen nicht nach!“

 

Der Erzbischof von Managua rief die Zivilbevölkerung am Mittwoch derweil dazu auf, sich trotz der erlittenen Aggressionen nicht zur Gewalt hinreißen zu lassen. „Gebt den Provokationen nicht nach“, appellierte Kardinal Leopoldo José Brenes Solórzano bei einer Messe in der Stadt Jinotepe im Norden des Landes: „Wir können den Hass mit der Liebe Christi besiegen.“


Papst ermutigt Kirche zu Vermittlungen

 

Mit ihrem Brief an Ortega bleiben die Bischöfe ihrer Überzeugung treu, dass nur Dialog einen Weg aus der Krise im Land aufzeigen und die Gefahr eines Bürgerkrieges abwenden kann. Zur Vermittlung zwischen den Konfliktparteien in Nicaragua hatte Papst Franziskus Nicaraguas Kirche ermutigt. Franziskus verfolgt die Vorgänge in Nicaragua aufmerksam und betet für eine friedliche Lösung und Versöhnung.


(vatican news/sir/efe – pr)
 

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26. Juli 2018, 13:31