Ungarn: Bischof übt scharfe Kritik am Obdachlosen-Gesetz
Für das klare Ergebnis waren die Stimmen der rechtskonservativen Regierungspartei Fidesz von Ministerpräsident Viktor Orban und die Voten der rechtsradikalen Jobbik-Partei ausschlaggebend. Durch die Verabschiedung ist es Obdachlosen im ganzen Land verboten, sich an öffentlichen Orten aufzuhalten oder niederzulassen. Wer gegen das Gesetz verstößt, wird mit Geldstrafen – und im Wiederholungsfall – sogar mit Freiheitsentzug bestraft.
Beer, der zu den wenigen hochrangigen Kirchenvertretern in Ungarn gehört, die für Unterdrückte, Arme und Verfolgte eintreten, sagte dem regierungskritischen Wochenmagazin „Vasarnapi Hirek“, er stelle sich die Frage, was Jesus heute tun würde. Außerdem helfe ihm Papst Franziskus mit seinen Seelsorge-Schwerpunkten und seinem Beispiel. Das gelte auch bei Obdachlosigkeit, denn „dieses Problem kann man mit Verordnungen nicht lösen“. Zuerst hätte man daran denken müssen, ob es nicht Institutionen gebe, die etwas für die Betroffenen tun und in ihrer Arbeit gestärkt werden sollten – darunter „engagierte Gemeinschaften und die Kirche“.
Gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Es wäre zudem „gefährlich“, wenn alle Obdachlosen von den Straßen verschwänden, warnte der Bischof: „Da kann es leicht passieren, dass der Gedanke siegt: ,Es gibt ohnehin kein Problem mehr, wir brauchen da nichts mehr zu tun´.“ Vielmehr wäre es an der Zeit wahrzunehmen, dass es sich dabei um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt. „Und es gilt zu erkennen, wo ein menschliches Schicksal in die Brüche geht“, so Beer.
Scharfe Kritik äußerte er auch an der Diskriminierung der Roma. Der Ideologe der Fidesz-Partei und Orban-Berater, Zsolt Bayer, hatte die Roma zuletzt als „Tiere“ bezeichnet. Sie seien „unwürdig, unter Menschen zu leben“. Beer sagte, die „größte Tragödie“ Ungarns sei diese Art der Abwertung. Es sei dann auch zu fragen, „auf welcher Grundlagen wir behaupten, ein ,christlicher Staat´ zu sein“.
Die politische Führung könne jedenfalls nicht vorgeben, wie ein Gläubiger sich richtig verhalten solle. Eine Trennung von Kirche und Staat sei deshalb ein wichtiges Grundprinzip, wenn es auch viele Gebiete gebe, wo eine Zusammenarbeit nötig sei, so Beer: „Aber das Überbetonen eines ,christlichen Regierungsprogramms´ ist falsch. Was sollen etwa unsere jüdischen Mitbürger dazu sagen?“
Das Wort „christlich“ bedeute „etwas anderes, wenn es ein Politiker benutzt und wieder etwas anderes, wenn es ein Gläubiger als Auftrag versteht“. Weil „christlich“ in Ungarn heute oft missbraucht werde, „überlege ich mir bereits, mich nicht als Christen, sondern als Anhänger des Nazareners zu bezeichnen“, erklärte der Bischof.
(kap - mg)
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