Konstantinopel: Im Osten nichts Neues
Die vom Moskauer Patriarchen Kyrill I. geführte russisch-orthodoxe Kirche lehnt hingegen die Unabhängigkeit der ukrainischen Kirche ab und wird dabei von einigen weiteren orthodoxen Landeskirchen unterstützt. Einen Zeitplan für die Verleihung der Autokephalie nannte Emmanuel nicht.
„Es geht um die Einheit der Orthodoxie weltweit. Die orthodoxe Kirche ist stark und trägt viel in der Welt bei. Das Ökumenische Patriarchat hier in Konstantinopel hat eine lange Geschichte hinter sich und viel Erfahrungen. Wir dürfen nicht vergessen, dass sie die erste unter den Kirchen der orthodoxen Weltfamilie ist. Deshalb nimmt sie eine besondere Rolle ein und deshalb werden Beschlüsse und Lösungen hier erfasst.“
Der russische Patriarch Kyrill I. äußerte sich nach dem Treffen vor Journalisten nicht zur Ukraine. „Das war ein gutes Treffen, die Atmosphäre war sehr gut“, sagte er nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur „Interfax“. Es sei „ein Gespräch zwischen zwei Brüdern“ gewesen, bei dem alle Probleme behandelt worden seien, die auf der Tagesordnung standen. Es war die erste Begegnung der beiden Kirchenoberhäupter seit mehr als zwei Jahren. An dem Gespräch im Thronsaal des Phanar nahm u.a. auch der Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion (Alfejew) teil.
Metropolit Emmanuel erläuterte im Gespräch mit Journalisten, wie die Gespräche konkret verlaufen sind:
„Die Hauptfrage, die hier besprochen wurde, war die Situation in der Ukraine. Wie Sie wissen, gibt es dort ein Schisma, das seit über 25 Jahre besteht. Das Ökumenische Patriarchat hatte beschlossen, eine Sondierung durchzuführen, ob sie der ukrainischen orthodoxen Kirche eine Autokephalie gewähren könnte. Dieser Schritt wurde im vergangenen April beschlossen. Wir sind derzeit dran, diesen Beschluss zu implementieren. Das wurde Patriarch Kyrill während seines Besuchs in Konstantinopel mitgeteilt. Das fand in einer brüderlichen und gleichzeitig ehrlichen Weise statt. Ich denke, so sollen wir auch in Zukunft vorgehen.“
Keine Vermischung von Politik und Kirche
Patriarch Bartholomaios hatte bei der Begrüßung der Gäste aus Moskau vor Journalisten betont, dass die Kirche sich nicht um politische Angelegenheiten kümmere und umgekehrt könne sich auch die Politik nicht in kirchliche Bereiche einmischen. Die ukrainische Regierung wirft der russisch-orthodoxen Kirche vor, ein „politisches Werkzeug“ von Kreml-Chef Wladimir Putin zu sein. Die russische Kirche unterstütze „Putins Hybrid-Krieg gegen die Ukraine und betet Tag und Nacht für die russische Regierung und die russische Armee“, protestierte Staatspräsident Petro Poroschenko vor einer Woche.
Die ukrainische Initiative für die Loslösung der dortigen Kirche von Moskau gilt aktuell als Hauptstreitpunkt zwischen Moskau und Konstantinopel.
Seit 1991 gespalten
Im Zuge der Unabhängigkeitserklärung der Ukraine 1991 hatte sich die orthodoxe Kirche des Landes gespalten. Seither ringen die dem Moskauer Patriarchat unterstehende ukrainisch-orthodoxe Kirche und das 1992 gegründete Kiewer Patriarchat um die Vormachtstellung in der Ukraine. In dem Land wird angesichts des Krieges in der Ostukraine zwischen von Moskau unterstützten Separatisten und ukrainischen Regierungstruppen der Ruf nach einer von Russland unabhängigen orthodoxen Kirche lauter.
Rund 70 Prozent der Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Bisher erkennen das Ökumenische Patriarchat und die mehr als ein Dutzend orthodoxen Landeskirchen offiziell nur die russisch-orthodoxe Kirche an, die in der Ukraine über die meisten Pfarreien verfügt. In der Orthodoxie bilden die derzeit 14 autokephalen Kirchen gleichberechtigte Glieder einer Glaubens- und Sakramentengemeinschaft. Zu den Vorrechten Konstantinopels gehört unter anderem die Gewährung der Autokephalie; allerdings kein Jurisdiktionsprimat, wie ihn der römische Papst für sich in Anspruch nimmt.
(kap/vatican news – mg)
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