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Pressekonferenz der venezolanischen Bischöfe in Rom Pressekonferenz der venezolanischen Bischöfe in Rom 

Venezuelas Bischöfe: „Humanitäre Situation eine Katastrophe“

„Die Nähe zum Volk bewahren, besonders zu denen, die am meisten leiden“: Das hat Papst Franziskus den venezolanischen Bischöfen ans Herz gelegt, die er am Dienstagmorgen anlässlich ihres ad-Limina-Besuchs in Audienz empfangen hatte. Der Präsident der venezolanischen Bischofskonferenz, Monsignore Luis Azuaje Ayala, betonte in einer anschließenden Pressekonferenz den „angenehmen Dialog“ mit Papst Franziskus, in dem sie ihm über alle „pastoralen Erfahrungen“ im Land berichtet hätten.

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Christine Seuss und Griselda Mutual - Vatikanstadt

„Der Papst hat uns nicht nur zugehört, sondern sich auch über die Bedeutung und den Wert der Kirche in Venezuela geäußert“, so Azuaje Ayala, der im vergangenen Januar zum Vorsitzenden der venezolanischen Bischofskonferenz gewählt wurde. Der Papst kenne die Situation in Venezuela und die derzeitige soziale, wirtschaftliche und politische Krise sehr genau:

„Wir leben derzeit in einer beispiellosen Situation, in der wir von einer Wirklichkeit des demokratischen Aufbaus zu einem Mangel an Demokratie gelangt sind und in der ein politisches System aufgebaut wird, das von der derzeitigen Verfassung nicht gedeckt wird,“ führte der Erzbischof von Maracaibo aus.

Dieser Mangel an Verfassungsmäßigkeit habe „eine Reihe von Problemen verursacht“: Wenn Systeme zu „mächtig“ würden, sie „sich selbst und nicht den Menschen dienen“, dann führe das zu einer „Zerstörung der demokratischen Kräfte,“ so die Analyse des Erzbischofs, der auf die zunehmende Hoffnungslosigkeit und Verelendung der Bevölkerung hinweist: „Es gibt viele Menschen, die in Müllsäcken nach Essen suchen. Das ist erbärmlich und widerspricht jeder Menschenwürde.“ Eine offensichtliche Hungerkrise, die dennoch von manchen „geleugnet“ und sogar „versteckt“ werde, klagt der Vorsitzende der Bischofskonferenz an.

Lohnsteigerungen können nicht mit der Hyperinflation Schritt halten

 

Bis zu einer Million Prozent werde die Hyperinflation in Venezuela bis Jahresende ansteigen, so die düstere Prognose des Internationalen Währungsfonds. Auch verzweifelte Versuche, durch stete Lohnsteigerungen die Entwicklung abzufedern, seien zum Scheitern verurteilt, so Azuaje Ayala, denn diese reichten nur „für drei oder vier Dinge“ an Grundnahrungsmitteln oder anderen grundlegenden Produkten.

Dieser Notstand schlage sich auch in der medizinischen Versorgung nieder, betont der Erzbischof: „Jedes Mal, wenn wir das Land verlassen, erhalten wir eine ellenlange Liste von Medikamenten, die wir mitbringen müssen, für Verwandte, Freunde, Priester… Eine Katastrophe!“

Das Phänomen der „Wanderer“

 

Ein weiteres Thema, das mit dem Papst diskutiert worden sei, sei die Migration im Allgemeinen und insbesondere die tragische Situation der Venezolaner, die auf der Flucht vor Hunger und Elend die lateinamerikanischen Länder zu Fuß durchquerten:

„Wir, die wir immer die Kultur des Verbleibens hatten, müssen nun gehen“, beklagt der Erzbischof. „Das hat die Einheit der Familien sehr geschwächt.“

Der Kirchenmann hob drei Migrationswellen hervor, denen man sich in Venezuela gegenüber sehe: Einerseits die Flucht derer, die vor Jahren auf der Suche nach einer besseren Zukunft nach Venezuela gekommen waren und nun wieder in ihr Heimatland zurückkehrten, dann die der Fachleute, die das Land verlassen und ein soziales Vakuum hinterlassen, und die dritte, die besonders ernst sei, nämlich die der Armen, die ohne jegliche Ressourcen, zu Fuß und ohne Dokumente ausreisten und Tausende von Kilometern auf der Suche nach einem Ziel durch die lateinamerikanischen Länder zögen. Doch gerade diese Menschen stünden vor einer doppelt schwierigen Situation, hebt der Erzbischof hervor, denn sie litten unter einer „persönlichen und rechtlichen Unsicherheit“, die „es ihnen nicht erlaubt, sich im Ankunftsland zu entwickeln“.

Auch die Kirche ist von der Krise betroffen

 

Erzbischof Azuaje wies ebenso darauf hin, dass auch die Kirche selbst von diesem Migrationsphänomen betroffen sei. Priester oder ganze Ordensgemeinschaften hätten in ihre Herkunftsländer zurückkehren müssen, wegen des Mangels an Medikamenten und Nahrungsmitteln, aber auch wegen der Schwierigkeiten bei der Verlängerung von Visa. Dies sei ein Problem, das „seine schädlichen Auswirkungen auf die pastoralen Möglichkeiten der Kirche selbst“ habe, denn diese werde somit daran gehindert, ihren Dienst für die ganze Gemeinschaft zu leisten.

Zu den diskutierten Themen gehörte auch die Notwendigkeit, die von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin aufgelisteten Bedingungen für eine nationale Einigung umzusetzen, so Azuaje Ayala mit Bezug auf dessen Schreiben vom 1. Dezember 2016 an die venezolanische Regierung. Die Nummer Zwei des Vatikans hatte darin betont, dass „dringend Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die schwere Krise bei der Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten zu lindern“.

„Für uns ist es von entscheidender Bedeutung, dass ein Kanal geöffnet werden kann, um Hilfe, Lebensmittel und Medikamente sowie Lieferungen aus anderen Ländern zu erhalten“, so der abschließende Appell des Erzbischofs.

(vatican news)
 

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11. September 2018, 18:41