Äthiopien: „Wir fördern die Jugend im Land“
Im Gespräch mit „Kirche in Not“ sagte der Kardinal, er hoffe, dass Ministerpräsident Ahmed Abiy das Land einen werde, in dem es durch das auf ethnischen Kriterien beruhende bundesstaatliche System immer wieder zu schweren Spannungen und ethnischen Konflikten komme. Im Ogaden hatten sich noch unmittelbar vor dem Friedensschluss islamistische Attacken auf das Doppelkloster Debra Wogag Asebot ereignet.
Ministerpräsident Ahmed Abiy, ein "Mann der Einheit"
Ministerpräsident Abiy, ein Oromo mit einem muslimischen Vater und einer christlichen Mutter, der als junger Erwachsener der evangelisch-lutherischen Kirche beigetreten ist, sei ein „Mann der Einheit“, unterstrich Kardinal Souraphiel. In den ersten sechs Monaten seiner Regierungstätigkeit habe der Regierungschef immer wieder betont, dass „die Leute einander vergeben, sich versöhnen und die Konflikte lösen müssen“. Abiys stärkste Motivation wurzle in der Liebe zu seiner äthiopischen Heimat, so der Kardinal. Zweifellos jedoch seien manche Repräsentanten des früheren Regierungsteams nicht glücklich über die Art und Weise, wie der Ministerpräsident seine Aufgabe wahrnehme.
Christen und Muslime in Äthiopien: friedlich
Als „friedlich“ bezeichnete der katholische Erzbischof von Addis Abeba die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen. Nach Schätzungen stehen in Äthiopien rund 65 Prozent Christen 30 Prozent Muslimen gegenüber. Kardinal Souraphiel erinnerte daran, dass dies historische Gründe habe, auch wenn es etwa im 16. Jahrhundert einen dramatischen Versuch zur Islamisierung des christlichen ostafrikanischen Landes gegeben habe: „Mohammed hat den Islam in Mekka gegründet, er wurde dort verfolgt und musste flüchten. Er hat seine Verwandten nach Äthiopien geschickt, die ersten Muslime, die in Äthiopien ankamen, waren Flüchtlinge.“ Deshalb gebe es die muslimische Tradition, dass man Äthiopien nicht angreifen dürfe, weil das Land freundlich gegenüber den Muslimen gewesen sei, als diese noch Flüchtlinge waren. Die islamistische Machtentfaltung in vielen Teilen Somalias habe aber negative Auswirkungen auf Äthiopien.
Katholiken: Motoren der Entwicklung
Die katholische Kirche sei in Äthiopien eine kleine Minderheit, betonte Kardinal Souraphiel, aber sie sei sehr präsent in den Bereichen Bildung, Sozialarbeit, Gesundheitswesen, „sowohl in den Städten als auch auf dem Land“. Es gebe 400 katholische Bildungsinstitutionen im Land. Der Kirche gehe es auch um das Bildungsangebot für die Mädchen. In den Städten würden sich viele katholische Schulen selbst erhalten, in den ländlichen Gebieten sei Unterstützung notwendig.
Besonderer Wert werde auf die Berufsausbildung gelegt, wobei das Bildungsangebot offen für Christen aller Konfessionen und für Muslime sei. Der Kirche gehe es darum, die Jugend zum Verbleiben im Landes zu motivieren und ihr Chancen zu bieten, unterstrich der Erzbischof von Addis Abeba: „Wir fördern die Emigration nicht, und schon gar nicht die illegale Emigration.“ Die jungen Leute, die sich auf so etwas einlassen, würden von den Schleppern, die sie entweder nach Saudi-Arabien oder über Libyen nach Europa schleusen, erbarmungslos ausgenützt.
Flüchtlingsaufnahme aus christlicher Motivation
Äthiopien habe selbst eine Million Flüchtlinge, vor allem aus Südsudan, aus Somalia und Eritrea, aufgenommen, erinnerte Kardinal Souraphiel: „Wir tun das, weil wir die christlichen Werte befürworten. Schließlich ist Äthiopien seit der Zeit der Apostel ein christliches Land.“ Die Gastfreundschaft sei ein Teil des christlichen Erbes Äthiopiens. Ein Flüchtling oder ein Migrant sei vor allem anderen ein Mensch, „vielleicht ist er von Gott gesandt“. Da es ein biblisches Prinzip sei, diesen Menschen aufzunehmen und ihn gut zu behandeln, habe Äthiopien im Lauf der Geschichte Juden und Muslime wie auch Armenier aufgenommen. Der Erzbischof von Addis Abeba fügte hinzu, auch Europa müsse seinem christlichen Erbe treu bleiben. Der Westen dürfe sich der großen christlichen Werte nicht schämen, „weder in Zeiten der Krise noch in Zeiten der Prosperität“.
Gute Regierungsführung ist gefragt
Schon am Rande der jüngsten Bischofssynode hatte Kardinal Souraphiel in Rom darauf verwiesen, dass nur 20 Prozent der jugendlichen afrikanischen Auswanderer in den Nahen Osten oder nach Europa gehen, 80 Prozent würden in Afrika bleiben. Die Migrationsbewegung sei in erster Linie ein innerafrikanisches Phänomen. Der Mangel an „guter Regierungsführung“ sei die Ursache dafür, dass junge Afrikaner ihr Land verlassen. Daraus leiten sich seiner Ansicht nach auch die anderen Übel ab, unter denen die verschiedene Staaten des Kontinents leiden: „Korruption und Konflikte, die manchmal auch zu Bürgerkriegen führen“. Und wo Kriege stattfinden, so der Kardinal, gebe es den Waffenhandel – „ein großes Geschäft in Afrika für europäische, amerikanische, chinesische Konzerne und auch für einige Entwicklungsländer“.
(kap - vatican news - hoe)
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