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Streit in der Orthodoxie: Seit drei Jahrzehnten an Ukraine-Fall gearbeitet

In der Frage der Unabhängigkeit der Ukrainischen Orthodoxen Kirche handelt es sich nicht um eine plötzlich getroffene Entscheidung. Das sagt Erzdiakon John Chryssavgis vom Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel.

Mario Galgano – Vatikanstadt

Seit drei Jahrzehnten stand die Loslösung der Orthodoxen Kirche in der Ukraine von Moskau auf der Tagesordnung der Kirchengespräche. Das Patriarchat von Konstantinopel habe immer wieder versucht, das Problem anhand des Dialogs zu lösen, aber das Patriarchat von Moskau hätte sich „immer geweigert“, an bilateralen und multilateralen Gesprächen teilzunehmen, erläutert der Erzdiakon von Konstantinopel. Dies sei einer der Gründe, die Patriarch Bartholomaios dazu veranlasst hätten, die Bitte um „Autokephalie“ – also Selbstständigkeit – der Ukrainisch Orthodoxen Gläubigen anzunehmen, so der Erzdiakon im Interview mit der italienischen Nachrichtenagentur Sir.

Zum Vorwurf aus Moskau, es handele sich um eine rein politische Entscheidung und es sei falsch, dass sich die Politik in diese Angelegenheit einmische, antwortet Erzdiakon Chryssavgis: „Es gibt nur sehr wenige nationale orthodoxe Kirchen, die von sich behaupten können, unabhängig von der Politik zu sein.“ Er erinnert auch daran, dass gerade die Orthodoxie in Russland ihre Unabhängigkeit von Konstantinopel selbst „und durch den gleichen umfangreichen und langwierigen Prozess erhalten“ habe, mit dem nun auch die Ukraine „zu Recht ihre Unabhängigkeit gefordert hat“.

Die Sicht Moskaus

Anders sieht es aus Sicht des Patriarchats von Moskau aus: Metropolit Hilarion, dem Beauftragten für die Außenbeziehungen, sagte ebenfalls gegenüber Sir, dass es sich um ein „regelrechtes Schisma“ handele. Schuld daran hätte einzig und allein der Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios, Konstantinopel habe seine Rolle innerhalb der Orthodoxie verloren, so die Worte des Metropoliten. Die Hälfte aller orthodoxen Christen sei nun nicht mehr in Gemeinschaft mit dem Patriarchen Bartholomaios.

Allgemein gilt, dass die zahlenmäßig größte orthodoxe Kirche jene Russlands ist, wie Metropolit Hilarion auch davon ausgeht. Allerdings zählt er die Orthodoxen in der Ukraine auch mit, die jedoch – falls sie doch eine eigene unabhängige Kirche erhielten – die russisch-orthodoxe Kirche eindeutig „verkleinern“ würden. Insbesondere würde dies spürbar bei der Zahl von Priestern und Geweihten, da ein großer Teil des bisherigen russisch-orthodoxen Klerus aus der Ukraine stammt.

Die Spannungen zwischen Moskau und Konstantinopel sind nicht erst mit dem Fall der Ukraine entstanden. Bereits bei der Einberufung und Durchführung des ersten panorthodoxen Konzils auf Kreta vor zwei Jahren stemmte sich der Patriarch von Moskau dagegen und nahm daran nicht teil. Konkrete Gründe nannte er nicht, wies aber darauf hin, dass es sich aus seiner Sicht nicht um ein „allorthodoxes Konzil“ handele.

(sir)

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08. November 2018, 13:34