Pakistan: Bahnbrechende Erklärung gegen religiöse Gewalt
Darin verurteilen sie religiöse Gewalt und Terrorismus und rufen den Staat dazu auf, die Rechte von religiösen Minderheiten zu schützen. Jeder Mensch habe das Recht, seine eigene Religion frei auszuüben.
Die Erklärung geht vom Rat der Ulema aus, der wichtigsten religiösen Autorität in Pakistan. Sie ist das Ergebnis einer Konferenz gegen Gewalt und Terror in der pakistanischen Hauptstadt.
Text geht auch auf Asia Bibi ein
Ausdrücklich geht der Text auch auf den Fall von Asia Bibi ein. Die Christin hat wegen angeblicher Blasphemie fast neun Jahre in der Todeszelle verbracht, wurde Ende Oktober aber freigesprochen. Radikale sind gegen den Freispruch in die Berufung gegangen und haben der Regierung abgerungen, dass Asia Bibi bis zu einer endgültigen Klärung nicht das Land verlassen darf. Die „Erklärung von Islamabad“ fordert nun, ihren Fall mit absoluter Priorität zu behandeln.
Die Imame unterstreichen in dem Sieben-Punkte-Text zunächst die Glaubensfreiheit. Morde „unter dem Vorwand der Religion“ verstießen „gegen die Lehre des Islam“.
Jahr der Ausrottung von Terror
Niemand habe das Recht, Andersgläubige als „Ungläubige“ zu bezeichnen; religiöse Minderheiten hätten ein Recht darauf, in Pakistan zu leben und ihren eigenen Lehren zu folgen. Pakistan sei ein multiethnisches und multireligiöses Land: „Es ist die Aufgabe der Regierung, das Leben und Eigentum der Nichtmuslime, die in Pakistan leben, zu schützen.“
Die Erklärung ermuntert zur Umsetzung eines nationalen Aktionsplans gegen Fundamentalismus und erklärt das Jahr 2019 zum „Jahr der Ausrottung von Terrorismus, Extremismus und sektiererischer Gewalt im Land“.
Paul Bhatti: Alles schon mal gehört
Wir baten den christlichen Arzt und Menschenrechtsaktivisten Paul Bhatti um einen Kommentar zur „Erklärung von Islamabad“. Bhatti ist ein Bruder des 2011 getöteten Ministers für religiöse Minderheiten, Shahbaz Bhatti. Er hat sich jahrelang für die Freilassung von Asia Bibi eingesetzt.
„Ich finde, das berechtigt zu guter Hoffnung; doch wird es keine Wende in Pakistan geben, solange sich nicht einige Grundvoraussetzungen ändern. Im Februar 2013 habe ich an einem Kongress teilgenommen, der alle Imame Pakistans und auch den Präsidenten und den Ministerpräsidenten aufbot – damals habe ich mehr oder weniger dieselben guten Absichten gehört, doch wurden die dann nicht in die Tat umgesetzt. Man müsste etwas bei den religiösen Schulen ändern, in denen Gehirnwäsche begangen wird; es hat ansonsten keinen Sinn, von Rechten zu sprechen, wenn in diesen Schulen weiter Hass gepredigt wird. Also, es braucht konkrete Schritte, damit sich in Pakistan etwas ändert. Ein religiöses Statement allein reicht da nicht.“
Zumal die honorige Erklärung der pakistanischen Imame mit der Verfassung des Landes und mit der dortigen Lebenswirklichkeit nur schwer in Einklang zu bringen ist.
„Pakistan ist eine islamische Republik, die den Minderheiten keine gleichen Rechte zuspricht. Dementsprechend muss die Verfassung geändert werden, und die Schulen ohnehin. 95 Prozent der Bevölkerung sind Muslime, da stellen die drei oder fünf Prozent, die zu einer religiösen Minderheit gehören, für eine so breite Bevölkerung keine Bedrohung dar. Ich sehe also keinen Grund, warum man diese Dinge nicht ändern sollte.“
Pakistan darf sich nicht vor schwierigen Entscheidungen drücken...
Und doch setzt die „Erklärung von Islamabad“ einen Hoffnung machenden, positiven Ton, wie Bhatti anerkennt.
„Wenn das positive Denken sich durchsetzt, dann werden auch die entsprechenden Schritte folgen. Ich wünsche mir darum, dass diese guten Absichten zu konkreten Resultaten führen. Das wären dann gleiche Rechte für alle – denn Pakistan muss als Land wachsen. Wir können nicht mehr nur eine Ansammlung religiöser Gruppen sein, denn das zerstört nicht nur die religiösen Minderheiten, sondern Pakistan als Land. Wenn es auf Augenhöhe mit anderen Ländern kommen will, muss Pakistan wichtige Entscheidungen treffen, auch wenn sie schwierig sind.“
(vatican news)
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