Frankreich: Soziologin sieht katholische Kirche in katastrophaler Lage
Der Erzbischof von Lyon und Primas von Gallien war am 7. März zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden, weil er einen Priester nicht angezeigt hatte, der vor rund 40 Jahren mutmaßlich mehrere Minderjährige sexuell missbrauchte. Zugleich kündigte Barbarin an, Berufung einzulegen und dem Papst seinen Rücktritt anzubieten. Dieser nahm das Gesuch nicht an und stellte Barbarin die Entscheidung über seine Zukunft frei, wie der Vatikan am Dienstag mitteilte. Barbarin nahm sich eine Auszeit.
Weiter kritisierte Hervieu-Leger Barbarins Vorgehen gegen das Urteil. „Es ist vielleicht legitim, als Bürger in Berufung zu gehen, aber nicht als Bischof", sagte sie. Hätte Barbarin die „Würde" gehabt, nicht in Berufung zu gehen, hätte der Papst seinen Rücktritt akzeptieren können. Die Soziologin bemängelte zudem die Art und Weise, wie Barbarin dem Papst seinen Rücktritt angeboten hatte.
Neudefinition des Priesteramtes durch den Papst erforderlich
Angesichts eines herrschenden „Klerikalismus" sei eine neue Definition des Priesteramtes durch den Papst erforderlich. Darin sollten auch verheiratete Männer und die Rolle der Frauen in der Kirche bedacht werden, sagte die Wissenschaftlerin.
Der Soziologe Dominique Wolton erklärte dagegen, die Entscheidung des Papstes zu Barbarin sei falsch verstanden worden. „Franziskus will nichts überstürzen", so der Autor eines Interviewbuchs mit Franziskus. Der Papst respektiere mit seiner Entscheidung die Zeit, die die Justiz brauche; es sei keine Verweigerung einer Entscheidung oder gar der Versuch, etwas zu „decken", so Wolton.
Derzeit läuft auch eine Untersuchung gegen den Papstbotschafter in Paris, Erzbischof Luigi Ventura, wegen sexueller Übergriffe. In diesem Fall wurde ein Antrag auf die Aufhebung der Immunität an den Generalstaatsanwalt von Paris weitergeleitet.
(kna – gs)
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