Ukraine-Streit: Bartholomaios reagiert auf Kritik
So hat sich der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., in einem ausführlichen Interview für die führende Belgrader Tageszeitung Politika mit der ablehnenden Haltung der Serbischen Orthodoxen Kirche zu seinem Vorgehen in der Ukraine auseinandergesetzt.
Dabei verwies er darauf, dass es aus der serbischen Orthodoxie auch durchaus positive Stimmen zur Rolle Konstantinopels gebe. Bartholomaios zitiert den Theologen Stojan Gosevic: „Würde es das Ökumenische Patriarchat nicht geben, so müsste es errichtet werden.“
Unkenntnis und Fehlinformation
Ihre Autokephalie sei ein Jahrhunderte altes Anliegen der Ukrainischen Orthodoxen Kirche, das allen damit verbundenen Problemen zum Trotz endlich erhört werden musste, führte Bartholomaios in dem Interview aus. Die noch mehrheitlich negative Haltung in der orthodoxen Kirchenfamilie zu ihrem neuen ukrainischen Glied sei weitgehend eine Folge von Unkenntnis und Fehlinformationen.
Wie alle neueren autokephalen Kirchen habe auch die Serbische Orthodoxe Kirche ihre heutige Gestalt und Eigenständigkeit auf dieselbe Weise von Konstantinopel erhalten, die sie heute für Kiew in Frage stellt, so Bartholomaios. Das Ökumenische Patriarchat werde diese Regelung nur im Einvernehmen mit der Belgrader Kirchenführung revidieren, etwa zugunsten von autokephalen Mazedonischen oder Montenegrinischen Kirchen. Es gebe keine „automatische Parallele“ zwischen den Fällen von Kiew, Skopje und Cetinje.
Belgrad blickt sehr kritisch nach Kiew
Bartholomaios spielte damit auf die Situation rund um die Autokephalie-Bestrebungen der Kirche in Montenegro und die kirchlichen Situation in Mazedonien an. Die Frage der mazedonisch-orthodoxen Kirche, die sich 1967 mithilfe des jugoslawischen Regimes von Josip Broz Tito vom serbisch-orthodoxen Patriarchat getrennt hatte, gilt als schwierigste kirchenpolitische Frage der Orthodoxie auf der Balkanhalbinsel. Die Selbstständigkeit der mazedonischen Kirche wird von der Weltorthodoxie nicht anerkannt.
Das Belgrader Patriarchat sieht auch vor diesem Hintergrund die Entwicklungen rund um die Ukraine sehr kritisch. Zuletzt war ein aus dem Februar stammendes Schreiben des Belgrader orthodoxen Patriarchen Irinej an Bartholomaios bekannt geworden, in dem Irinej die neue, vom Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel mit der Autokephalie ausgestatteten „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ als „kanonisch nicht existent“ bezeichnete. Die einzige von der serbischen Kirche anerkannte Kirche in der Ukraine sei die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche Moskauer Patriarchats.
Bartholomaios: Weihen der Ukraine-Bischöfe gültig
Der Ökumenische Patriarch antwortete auch auch auf ein kritisches Schreiben der orthodoxen Kirche von Albanien unter Erzbischof Anastasios (Yannulatos), die die Gültigkeit der Weihen der Bischöfe und Priester der neuen „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ in Zweifel zieht. Bartholomaios verweist u.a. darauf, dass schon seit den frühen Konzilien Konstantinopel die grenzüberschreitende Verantwortung – „nicht das Privileg“ - habe, definitive Lösungen für jene ortskirchlichen Probleme zu finden, die die Ortskirchen selbst nicht lösen können.
Die Zuerkennung der Autokephalie durch Konstantinopel erfolge im Hinblick auf eine „bessere innere Organisation der kirchlichen Angelegenheiten“ im betreffenden Kirchengebiet. Dadurch werde das „heilige Gemeinwohl“ der orthodoxen Kirche, wie es sich aus der langen kanonischen Entwicklung der Ökumenischen Konzilien ergeben habe, nicht in Frage gestellt.
(kap – sk)
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