Suche

Ende Januar 2019: Mond hinter Prager Kirchtürmen Ende Januar 2019: Mond hinter Prager Kirchtürmen 

Tschechien: Kirchen protestieren gegen Besteuerungs-Beschluss

Die Kirchen und Religionsgemeinschaften in der Tschechischen Republik haben am Mittwoch scharfe Kritik am Beschluss des Prager Abgeordnetenhauses zur Besteuerung der staatlichen Ersatzzahlungen für Enteignungen durch die Kommunisten geübt.

Das Abgeordnetenhaus hatte am Dienstag das Veto des Senats zur umstrittenen Besteuerung der Kirchenrestitution überstimmt. Die Vorsitzenden der katholischen Bischofskonferenz, des Ökumenischen Rates der Kirchen sowie der Föderation der jüdischen Kultusgemeinden Tschechiens nahmen dazu in einer gemeinsamen Erklärung Stellung.

Wörtlich heißt es darin: „Die Novellierung des Gesetzes verursacht den Kirchen nicht nur ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten, sondern kann für einige kleinere Kirchen existenzbedrohend sein. Diese Novelle erscheint uns als unmoralisch, und sie ist im Grunde verfassungswidrig. Einige Gruppen von Abgeordneten und Senatoren sind bereits darauf vorbereitet, sich jetzt an das Verfassungsgericht zu wenden, weil sie eine solche Besteuerung von Restitutionszahlungen als verfassungswidrig erachten. Denn es geht hier um den Vertrag, den der Staat mit den Kirchen im Zusammenhang mit der Regelung der Eigentumsfrage geschlossen hat. Mit dem jetzt erfolgten Schritt werden die Sicherheiten des Rechtsstaates relativiert.“

„Sieg des Populismus über den gesunden Menschenverstand“

„Leider Gottes“ handle es sich um einen „Sieg des Populismus über den gesunden Menschenverstand und die Prinzipien des Rechtsstaats“, so die Unterzeichner. In diesem Kontext von einer „Forderung, die die Gesellschaft erhoben hat“, zu sprechen sei „zynisch“. „Doch auch dieser Schritt der Volksvertretung kann die Bereitschaft der Kirchen und Religionsgemeinschaften nicht an ihrer Bereitschaft hindern, ihre Sendung zu Gunsten des Menschen und der Gesellschaft sowie in Gottesfurcht zu erfüllen“, heißt es abschließend.

Kommunisten setzten sich durch

Für die Gesetzesvorlage hatten am Dienstag 114 von 181 anwesenden Abgeordneten gestimmt. Die Voten kamen aus der Protestbewegung ANO von Premier Andrej Babis, den mitregierenden Sozialdemokraten (CSSD), den Kommunisten und aus der rechtspopulistischen Partei „Freiheit und Direkte Demokratie“ (SPD). 57 Abgeordnete der liberal-konservativen Opposition waren dagegen. Bei der Abstimmung im Senat Ende Februar hatten auch mehrere Sozialdemokraten gegen die Besteuerung gestimmt.

Im Januar hatte das Abgeordnetenhaus bereits die Besteuerung der Kompensationen beschlossen. Im Februar lehnte die zweite Parlamentskammer, der Senat, die Vorlage jedoch ab. Die Neuregelung wandert nun noch zu Staatspräsident Milos Zeman. Die Besteuerung der Kirchenentschädigungen zählt zu den Bedingungen der Kommunisten zur Duldung der Minderheitsregierung von ANO und CSSD.

De facto eine Kürzung der Zuwendungen um jährlich 15 Millionen

Das Kirchenentschädigungsgesetz war 2013 mit den Stimmen der damaligen liberal-konservativen Koalition verabschiedet worden. Es sieht die Rückgabe von rund 56 Prozent des einstigen, von den Kommunisten beschlagnahmten Kirchenbesitzes im Wert von 2,92 Mrd. Euro vor. Parallel dazu sollen im Laufe von 30 Jahren finanzielle Entschädigungen in Milliardenhöhe ausgezahlt werden.

Die bisher steuerfreien Zahlungen sollen laut der umstrittenen Vorlage ab 2020 besteuert werden. Der jetzige Beschluss bedeutet eine Kürzung der jährlichen Zuwendungen um knapp 15 Millionen Euro.

Die Kommunisten hatten die Glaubensgemeinschaften in der damaligen Tschechoslowakei nach ihrer Machtübernahme im Februar 1948 nach und nach enteignet. Rund 80 Prozent der Entschädigungszahlungen entfallen auf die katholische Kirche. Tschechien ist heute stark atheistisch geprägt. Bei der vergangenen Volkszählung im Jahr 2011 bekannten sich nur 20,8 Prozent der Befragten zu einer Glaubensgemeinschaft.

(kap – sk)
 

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

24. April 2019, 15:04