Philippinen: „Drogensüchtige brauchen Heilung statt Tötung“
Mario Galgano – Vatikanstadt
Seit 2016 leitet Bischof David die Diözese Kalookan im Norden der Metropolregion von Manila. Wenige Monate nach seinem Amtsantritt begann mit der damals neuen Regierung von Präsident Rodrigo Duterte der sogenannte „Drogenkrieg“, also der Einsatz von Sicherheitskräften, die angebliche Drogendealer auf offener Straße töten. Unter den Ermordeten gab es bisher aber auch viele Unschuldige, die einfach zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Weil sich die Bischöfe gegen den „Drogenkrieg“ aussprechen, herrscht ein „kalter Krieg“ zwischen ihnen und Präsident Duterte.
Beim Gespräch mit dem Papst konnte Bischof David die derzeitige Lage erläutern, wie er uns sagt:
„Die Regierung hat uns direkt angeklagt, wir seien Komplizen der Drogenverkäufer. Das hat dazu geführt, dass unsere Leben in Gefahr gebracht wurden. Ich habe in jüngster Zeit viele Todesdrohungen erhalten. Aber ich bin mit meinem Gewissen im Reinen, weil ich weiß, dass das, was ich tue, im Sinne von Papst Franziskus ist. Als Hirten sollen wir zu den Peripherien unserer Gesellschaft gehen und für sie da sein. Denn selbst wenn jemand wirklich drogenabhängig ist, so bleibt er oder sie ein Mensch! Und wenn man einen Krieg gegen die Drogenkultur ausruft, so muss man doch zumindest die Leben dieser Menschen bewahren!“
Heilen statt Killen
Deshalb habe er die Kampagne „Heilen statt Killen“ ins Leben gerufen. Mit „Missionsstationen“, die unter anderem von Hilfswerken wie Misereor oder vom Schweizer katholischen Hilfswerk „Fastenopfer“ unterstützt werden, versucht Bischof David direkt an der Seite der Betroffenen zu sein. Darüber habe er auch mit dem Papst gesprochen.
„Ich habe einige Rehabilitierungs-Programme eingeführt, um den Menschen direkt zu helfen. Deshalb sehe ich nicht ein, weshalb die Regierung so erzürnt über uns ist. Wir wollen doch der Regierung nur helfen! Auf lokaler Ebene funktioniert das sogar gut mit den Lokalbehörden.“
Die Augen nicht vor der Wahrheit verschließen
Konkret werde mit Familienangehörigen von Drogenabhängigen und den Betroffenen selber zusammengearbeitet. Es gehe darum, dass sie sich nicht alleine fühlten und eine professionelle Begleitung hätten, erläutert der Bischof. Vor allem sei es wichtig, dass die Wahrheit ausgesprochen werde: Es gibt Menschen, die drogenabhängig sind, und es gibt Philippinos, die unschuldig getötet werden. Davor dürfe man nicht die Augen schließen. Derzeit würden in seinem Bistum rund 300 Menschen in fünf Pfarreien von Helfern begleitet, fügt Bischof David an.
„Ich denke, dass eines der größten Probleme in unserem Land darin besteht, das der Gebrauch von Drogen als krimineller Akt betrachtet wird. Das Ganze wird kriminalisiert. Doch Abhängigkeit ist eine Krankheit, und zwar eine psychische Krankheit. Bei allem Respekt vor der Regierung: Wir müssen doch die Menschen in den Mittelpunkt rücken! Es ist mir bewusst, dass eine Regierung den Auftrag hat, gegen Kriminalität vorzugehen, aber das kann doch nicht auf Kosten von Menschenleben geschehen!“
Kein Optimismus
Er sei derzeit nicht optimistisch, dass es in seiner Heimat besser werde und die Regierung die Bedenken der Bischöfe berücksichtige.
„Ich muss ehrlicherweise zugeben, dass wir als Kirche in einem mehrheitlich katholischen Land versagt haben, die Köpfe und Herzen der Mensch so zu bilden, dass es selbstverständlich wäre, Menschen in Not beizustehen. Doch wir sind nun mal da, wo wir sind, und müssen realistisch sein. Ich musste weinen, nachdem der Heilige Vater mir seine Unterstützung zusicherte. Das hat mich sehr bewegt und berührt.“
Der Papst habe ihn umarmt und habe ihm ein besonderes Gebet versichert.
„Er sagte mir, er hoffe, dass Gott mir weiterhin das Herz eines Hirten bewahre. Das war mehr als ein Trost für mich, denn für mich persönlich waren die vergangenen Wochen eine schwierige Zeit. Die Todesdrohungen, die ich erhalten habe, haben mich sehr stark aufgewühlt. Der Erzbischof von Manila, Kardinal Tagle, hat mir zum Glück einige Leibwächter organisiert, denn die Drohungen waren schockierend für mich.“
Bischof David trifft sich in diesen Tagen in Rom auch mit den Generaloberen der Franziskaner und der Jesuiten. Der Grund ist, dass beide Ordensgemeinschaften jemanden zur Verfügung gestellt haben für die „Mission Stations“, die Bischof David in den Slums seiner Diözese eingerichtet hat. Er sucht für sie dringend Ordensleute, Laien und ausdrücklich auch Frauen, die dort mit den Armen leben. Nicht um zu missionieren, sondern um „Gemeinschaft zu fördern“, erläutert Bischof David.
Und in den nächsten Tagen wird er nach seinem Aufenthalt in Rom auf Einladung von „Fastenopfer“ und „Franciscans International“ nach Genf und Bern weiterreisen. Dort trifft er den Präsidenten der Schweizer Bischofskonferenz, den Basler Bischof Felix Gmür.
(vatican news)
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