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Die Sea-Watch 3 vor der Insel Lampedusa Die Sea-Watch 3 vor der Insel Lampedusa 

Italien: Schicksal der Migranten auf der Sea Watch 3 weiter ungewiss

Es ist mal wieder so weit: Ein Migrantenschiff vor Italiens Küste ist zum Zankapfel von Politik, Kirche und humanitären Organisationen geworden. Seit genau zwei Wochen dümpelt die Sea Watch 3 in der Zölfmeilenzone um die Insel Lampedusa, und eine Lösung für die 42 Migranten, die vor der libyschen Küste geborgen wurden, ist noch nicht in Sicht.

Bittere Ironie: während das Schiff der deutschen Rettungsorganisation Sea Watch weiter auf einen Hafenzugang wartet, sind zwischenzeitlich bereits auf mehreren kleineren Booten ankommende Migranten auf italienischem Gebiet an Land gegangen.

Das Schicksal der Menschen auf der Sea Watch 3, darunter mehrere Minderjährige, bewegt unterdessen Italien. Zehn der ursprünglich an Bord aufgenommenen Migranten durften aus medizinischen Gründe an Land gehen, für die übrigen 42 gibt es nach wie vor keine gesicherte Perspektive. Innenminister Salvini gibt sich kämpferisch, und auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat erst an diesem Dienstag eine Klage der Kapitänin des Rettungsschiffes, Carola Rackete, ihrer NGO und der Migranten an Bord abgewiesen. Das bedeutet, dass sich die Rettungsorganisation nicht das Recht auf Leben und das Verbot unmenschlicher Behandlung berufen kann, um sich einen Zugang an Land zu erzwingen. Medienberichten zufolge zieht die NGO nun in Betracht, sich einen Landzugang zu erzwingen, auch wenn dies die Konfizisierung des Schiffes und eine gesalzene Geldstrafe zur Folge hätte.

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Kirche plädiert für Aufnahme der Migranten

Eindeutig ist die Position der Kirche: schon seit Tagen plädieren Priester und Bischöfe Italiens für eine Aufnahme der Flüchtlinge, die zwar auf dem Schiff in Sicherheit sind, mittlerweile aber am Rand ihrer Kräfte stehen. Der Pfarrer von Lampedusa hatte am Montag angekündigt, gemeinsam mit Mitstreitern auf dem Kirchenvorplatz zu übernachten, bis die Migranten endlich an Land gehen können. Harsch die Reaktion Salvinis: „Lieber Pfarrer, bei allem Respekt, ich werde miene Meninung nicht ändern: geschlossene Häfen für die, die den Menschenhändlern helfen. Schlafen Sie gut“, so eine Twitternachricht des italienischen Innenministers angesichts der Aktion des Pfarrers.

Erzbistum Turin will die Menschen aufnehmen

Doch nun hat sich auch das Erzbistum Turin eingemischt: Am Montag bei der Messe zum Patronatsfest der Stadt hatte Erzbischof Cesare Nosiglia angeboten, die Migranten in seiner Diözese aufzunehmen. „Die Person steht immer im Zentrum“, betonte er im anschließenden Interview mit Vatican News:

„Es ist schwierig, nicht entsetzt zu sein angesichts der Lebensbedingungen dieser Menschen. Es sind über 40 Personen, die seit Tagen dort sind und nicht genau wissen, wie es weitergeht. Es ist also eine Frage der Menschlichkeit, die über die möglichen politischen Diskussionen hinausgeht. Die Person muss immer ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit und unseres Einsatzes stehen.“

Die Entscheidung, die Aufnahme der Flüchtlinge anzubieten, habe er selbst getroffen, und die Festmesse im Dom zum Feiertag des Stadtpatrons, Johannes des Täufers, sei ihm der richtige Rahmen erschienen, seine Diözese aufzurütteln. Bei der Ankündigung hatte sich Medienberichten zufolge zaghafter Applaus erhoben, die Turiner Bürgermeisterin von der 5-Sterne-Bewegung hatte anschließend von einem „bedeutenden Appell“ gesprochen. Der Erzbischof ist sich der Solidarität seiner Gläubigen, aber auch der Bischöfe der Region sicher:

„Der Applaus, als ich meine Bereitschaft zur Aufnahme der Flüchtlinge kundgetan habe, war ein Zeichen großer Anteilnahme: Es gibt ein gewisses christliches Gewissen hier in Turin. Es ist die Stadt der „sozialen Heiligen“ Cottolengo, Don Bosco, und viele andere, die gelehrt haben, was Geschwisterlichkeit, Verfügbarkeit, Freundschaft und Begegnung bedeuten.“

„Die Kirche geht mit gutem Beispiel voran“

Dennoch ist es auch dem Erzischof klar, dass eine breit getragene Lösung für die Migrationsfrage auf den Tisch muss. Erst am Montag hatte die Europäische Kommission verlauten lassen, die „europäischen Staaten“ müssten eine Lösung für die festsitzenden Migranten auf der Sea Watch 3 finden. Leichter gesagt als getan, angesichts der vornehmen Zurückhaltung der Binnenstaaten, in Italien ankommende Migranten umzuverteilen…

„Sicher, die Lösungen für dieses Migrationsphänomen müssen auf europäischer Ebene gefunden werden. Die Europäische Union besteht aus 28 Ländern und zählt etwa 500 Millionen Einwohner, das heißt, wir können uns vor relativ bescheidenen Zahlen eigentlich nicht erschrecken...“ Der Erzbischof weist darauf hin, dass alles leichter wäre, wenn „jeder seinen Teil übernehmen“ würde: „Die Kirche geht mit guten Beispiel voran, in Einklang damit, was der Papst selbst immer wiederholt. Es reicht nicht, aufzunehmen, es braucht Begleitung und Integration der Migranten in unsere Wirklichkeit, damit sie die Möglichkeit haben, ihrn Beitrag zu leisten.“

(vatican news/diverse - cs)

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26. Juni 2019, 12:45