Kyriakos Mitsotakis (M.) bei der Vereidigungszeremonie im Präsidentenpalast (im Hintergrund der orthodoxe Erzbischof von Athen und ganz Griechenland, Hieronymos II.) Kyriakos Mitsotakis (M.) bei der Vereidigungszeremonie im Präsidentenpalast (im Hintergrund der orthodoxe Erzbischof von Athen und ganz Griechenland, Hieronymos II.) 

Athens Erzbischof: „Das Volk hält es nicht mehr aus!“

In Griechenland haben erwartungsgemäß die Konservativen die Wahl gewonnen – eine Absage an die Sparpolitik des Syriza-Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. An diesem Montag wurde der Wahlgewinner Kyriakos Mitsotakis bereits als neuer Premier vereidigt.

„Ich werde hart arbeiten, für alle Griechinnen und Griechen, auch für die, die mich nicht gewählt haben“, hatte Mitsotakis sich noch am Sonntag in einer kurzen Ansprache an die Nation gewandt. Darin wiederholte er seine Wahlversprechen von weniger Steuern, höheren Gehältern und mehr Investitionen. Versprechen, die derzeit allerorten gut verfangen, auch ungeachtet der Tatsache, dass die Konservativen in Griechenland in der Vergangenheit dafür verantwortlich gemacht wurden, das Land erst so weit in Richtung Abgrund rutschen zu lassen. Verständnis für die Situation des Volkes äußert Sevastianos Rossolatos, Erzbischof von Athen und Vorsitzender der katholischen griechischen Bischofskonferenz. Wir haben mit ihm gesprochen, bevor die Wahlergebnisse bekannt gemacht wurden.

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Desolate Situation im Land

 

„Die Haupterwartungen sind eine Steuerminderung auf der einen und eine Verbesserung des Arbeitsmarktes auf der anderen Seite. Denn es gibt nach wie vor viele Arbeitslose, die Quote liegt fast bei 18 Prozent. Man erhofft sich auch einen Rückgang der Attentate durch die Anarchisten, denn hier in Athen ist die Situation wirklich schlimm: sie verursachen überall Schäden, auch in den Universitäten.“ Auch aus diesem Grund verfängt das Versprechen der Konservativen, der Polizei mehr Rechte auf dem Universitätsgelände einzuräumen: Dort gebe es keine Kontrolle, so dass die Anarchisten ungestört rebellierten, Drogen verkaufen und Vandalismus betreiben könnten, zeichnet der Erzbischof ein düsteres Bild von der Lage.

Menschen und Institutionen seien gezeichnet durch die zehnjährige Krise, die das Land durchlebe, die einhergehe mit Armt und extrem hohen Steuern. Auch die Kirche sei davon nicht ausgenommen, betont der Erzbischof der Hauptstadtdiözese: „Dieser Tagen erwartete ich eine Zahlung durch das Finanzministerium, das einen Teil unseres Gebäude gemietet hat, aber die Zahlung kam nicht. Vielleicht, weil sie so kurz vor den Wahlen vielen Armen Unterstützung ausgezahlt haben, und sie kein Geld mehr haben, um uns zu bezahlen. Der Staat hat viele Schulden bei Privatleuten.“

„Wie können wir die jungen Menschen wieder nach Griechenland zurückholen?“

 

Gleichzeitig sei die Krise in Griechenland durch die internationale Gemeinschaft unterbewertet worden, betont der Erzbischof. Insbesondere die Europäische Union habe sich sehr unbeugsam gezeigt: „Einerseits hatte sie Recht, denn unsere Regierungen hatten die Finanzfrage nicht mit der gebotenen Ernsthaftigkeit behandelt, aber das ist dann auf das Volk zurückgefallen, das in großer Not lebt: Wir haben 600.000 junge Menschen, vor allem Universitätsabsolventen, die ins Ausland gegangen sind, um Arbeit zu finden. Wie können wir sie wieder nach Griechenland zurückholen? Sie sind gerade die Jugend, die am gebildetsten und stärksten ist!“

„Derzeit sehen wir diese Unterstützung nicht“

Es sei den Konservativen gelungen, die Rückkehr dieser jungen Menschen im Wahlkampf zu thematisieren, so wie überhaupt viele Versprechen gemacht wurden, unterstreicht Rossolatos. „Die Parteien haben verstanden, dass das Volk es nicht mehr aushält. Das Volk erwartet sich viel, erhofft eine Änderung“, so der Erzbischof, der dabei auch auf die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft hofft: „Derzeit sehen wir diese Unterstützung nicht, denn die Position vieler europäischer Länder gegenüber den Flchtlingen ist sehr negativ, und deshalb bleiben sie in Griechenland. Wir veruschen ihnen gemeinsam mit der Caritas, dem Hochkommissariat und auch der Europäischen Union zu helfen und sie dabei zu unterstützen, sich zu integrieren. Doch es gibt bereits viele Griechen und Immigranten ohne Arbeit. Alle empfinden es so, dass wir durch die Europäische Union enttäuscht worden sind.“

(vatican news - cs)

 

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08. Juli 2019, 12:58