Kirche auf dem Amazonas: „Lebt das Leben einfach!"
P. Bernd Hagenkord - Vatikanstadt
Das Unterwegssein ist sein Leben: Pater Fernando López ist Jesuit, Priester und so etwas wie ein Dauerpilger auf den Flüssen Amazoniens. „Ich habe noch zwei Brüder, die auch Jesuiten sind. Die beiden sagen immer, dass ich auf Füßen geboren bin und mich glücklich schätzen soll, das leben zu können."
Kirche, das sei entweder Institution und deswegen notwendigerweise unbeweglich, oder es sei ein Leben an der Seite der Armen und Unterdrückten. Es gebe da aber noch eine dritte Weise, Kirche zu sein, eine Weise die fast vergessen ist: Pilger sein. „Als ich 1998 nach Amazonien gekommen bin, hatte der damalige Jesuiten-Obere Claudio Perani die Idee, dass wir das Unterwegssein wieder entdecken müssen, als ergänzenden Dienst zu den eher institutionalisierten Diensten. Das Unterwegssein geht dahin und macht sichbar, wohin die Institutionen nicht kommen. Auch das Mitleben kommt da nicht hin, da braucht es sowas wie die leichte Kavallerie, um das Unsichtbare sichtbar zu machen und es mit den Institutionen zu verbinden."
Wohin die Institutionen nicht kommen
Leichte Kavallerie? Eher leichte Marine, um im Sprachbild zu bleiben. Sein Leben ist schlicht, muss es auch sein. „Mein Auftrag war am Anfang, mach los, geh auf den Rio Solinos, den Rio Blanco, den Rio Negro, und in drei Monaten treffen wir uns wieder. Zeichne alles auf und beteilige dich am Leben der Menschen, denen du begegnest. Teile ihre Träume, ihre Lösungen für Probleme des Lebens, und dann überlegen wir gemeinsam, was unsere Antwort darauf sein kann."
Das sei auch das, was sich die Institution Kirche wünsche, die Bischöfe voran. Ordensgemeinschaften sollten dahin gehen, wohin die anderen nicht kommen. Und in den Wäldern und auf den Flüssen Amazoniens ist das ein sehr weites Gebiet.
„Acht Monate des Jahres lebe ich also unterwegs, wir bilden pilgernde Gemeinschaften mit Laien und Ordensleuten. Und das mache ich jetzt seit einundzwanzig Jahren. Und wenn Gott mir die Gesundheit dazu schenkt dann möchte gerne weiter so leben."
Pilgernde Gemeinschaften
Und so ziehen sie von Dorf zu Dorf, erzählt Pater Fernando López. „Und weil wir immer unterwegs sind, verstehen wir auch die Verbindungen, welche einzelne Probleme haben und die verschiedenen Lösungsansätze an den verschiedenen Orten."
Pater Fernando ist ein Begeisterter, das merkt man im Gespräch. Auch nach zwanzig Jahren auf den Flüssen ist er kein bisschen müde. Dafür aber hoffnungsvoll, was die Synode angeht, die im Oktober in Rom tagt. „Ich glaube dass die Synode ein Kairos ist, ein gottgeschenkter Moment im Leben der Kirche, und nicht nur in Amazonien. Inmitten all der Probleme sehen wir starke Zeichen des Heiligen Geistes. Dieser Papst, seine Schrift Evangelii Gaudium über die Kirche im Aufbruch, die Enzyklika Laudato Si', und auch das was das kirchliche Amazonas-Netzwerk REPAM tut, das alles sind deutliche Zeichen des Geistes. Die Synode soll neue Wege für die Kirche zeigen, für die Kirche in Amazonien, für die Kirche in der Welt. Ich nenne das mal das Trinitarische Prinzip, je größer die Verschiedenheit untereinander desto göttlicher ist die Einheit. Die Kirche muss neu die Verschiedenheit verkörpern."
Trinitarisches Prinzip
Pater Fernando López bleibt aber Realist, bei aller Begeisterung. „Die große Herausforderung ist, nichts zu romanisieren", an die Adresse der Kirchenzentrale gesprochen. „Wir brauchen Einheit in Verschiedenheit, nicht in Gleichheit. Die indigenen Völker bringen uns bei, in Verschiedenheit miteinander zu leben. Papst Franziskus hat das in Puerto Maldonado in Perú gesagt, er hat die indigenen Völker gebeten, den Priestern und Bischöfen zu helfen. Jetzt ist die Frage an uns, ob wir uns helfen lassen von den indigenen Völkern, diese Logik der vereinten Verschiedenheit zu sehen, das ist die große Herausforderung."
Und helfen wobei? „Um glücklich zu sein, braucht man wenig: Macht das Leben einfach! Macht es einfach, damit wir alle leben können. In unsere Gesellschaft des Wettbewerbes treten wir immer gegeneinander an, du oder ich, nur einer kommt weiter. Hier ist das anders, es kann kein Ich ohne ein Du geben. Ich kann nicht ohne Wasser, ohne Wald, ohne Luft. Im Westen vergessen wir das.
Gott in allen Dingen und alle Dinge in Gott
Die geistliche Wirklichkeit, die wir hier entdecken, ist die, dass wir Gott in allen Dingen entdecken können und dürfen. Für die indigenen Völker in ihren Traditionen ist das sehr klar. Gott in allen Dingen und alle Dinge in Gott. Jetzt müssen wir das wieder lernen. Wir haben alles in Handel verwandelt, alles ist Geld, alles ist etwas, was ich kaufen kann. Nein, es gibt im Wasser und im Boden und im Baum eine Heiligkeit. Diese Spiritualität des heiligen Franziskus wieder zu entdecken, Gott in allen Dingen und alle Dinge in Gott, das ist die Aufgabe."
(vatican news)
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