Regierungschaos in Italien: Streit um religiöse Symbole
Die „Scheidung“ von Ministerpräsident Giuseppe Conte und Innenminister Matteo Salvini sei ein „letzter Religionskrieg“ gewesen, titelte etwa die römische Zeitung „Il Messaggero“. Conte war in seiner Regierungserklärung am Dienstagnachmittag vor allem mit Salvini hart ins Gericht gegangen. Er warf dem 46-Jährigen von der rechten Lega unter anderem vor, mit seiner Politik persönliche Interessen verfolgt zu haben. Zudem kritisierte er den Norditaliener für dessen Umgang mit religiösen Symbolen.
„Wer politisch verantwortliche Aufgaben hat, sollte es vermeiden, religiöse Symbole neben politische Slogans zu stellen“, so Conte. Solche „Episoden“ könnten die Gefühle der Gläubigen verletzen und liefen Gefahr, „das Prinzip der Laizität als Basis des modernen Staats zu verdunkeln“, sagte er - während Salvini direkt neben ihm saß und die Schelte nicht nur mit wiederholtem Kopfschütteln, sondern auch dem Küssen eines Rosenkranzes nonverbal kommentierte.
Salvini weist Kritik zurück
In seiner anschließenden Rede wies er sämtliche Vorwürfe zurück. Contes Kritik zur Verknüpfung von Religion und Politik konterte er mit dem Satz: „Die Italiener wählen nicht aufgrund eines Rosenkranzes, sondern mit Verstand und Herz.“ Er zitierte in seiner Ansprache zudem Papst Johannes Paul II. und berief sich auf die Gottesmutter: „Den Schutz des Unbefleckten Herzens Mariens“ werde er Zeit seines Lebens für die Italiener erbitten, betonte er.
Die Zeitung „La Stampa“ deutete dies als Versuch des Lega-Führers, im italienischen Volk und konservativen katholischen Kreisen auf Stimmenfang zu gehen. Dass Salvini bei politischen Auftritten demonstrativ Rosenkränze schwenkt und küsst oder in Reden wiederholt die Gottesmutter Maria erwähnt, ist nicht neu. Kritik gab es dafür schon zuvor. „Avvenire“ sah in Salvinis Verhalten im Senat jedoch eine „neue Qualität“. So ist das Zeigen religiöser Symbole im italienischen Parlament verboten. Entsprechend gab es eine Rüge von Präsidentin Maria Elisabetta Alberti Casellati. Ex-Premierminister Matteo Renzi (Linksdemokraten) konterte, er respektiere Salvinis Glauben. Der Innenminister solle dann jedoch das Matthäus-Evangelium lesen, in dem es auch um die Aufnahme Bedürftiger gehe.
Kirche hält sich zurück
Die Kirche hält sich bisher in der Regierungskrise größtenteils zurück, beteiligt sich allenfalls an der Debatte um religiöse Symbole. So stellte sich der Papstvertraute und Chef der Jesuitenzeitschrift „Civilta Cattolica“, Antonio Spadaro, auf Contes Seite: Rosenkränze und Kreuze seien instrumentalisiert und „aus ihrem Kontext gerissen worden, um der Propaganda zu dienen“ sagte er der italienischen Tageszeitung „La Repubblica“.
Offizielle Kommentare aus dem Vatikan zur Debatte gibt es bisher nicht. Papst Franziskus verurteilte bei seiner Generalaudienz am Mittwoch Scheinheiligkeit bei Christen. In freier Rede sagte er: „Wie viele Leute geben sich als kirchennah - Freunde von Priestern und Bischöfen - während sie nur ihre eigenen Interessen verfolgen.“ Ob er damit indirekt auf die aktuelle Debatte anspielte, ist so ungewiss wie die politische Zukunft Italiens.
Am Mittwochnachmittag begannen auf zwei Tage angesetzte Beratungen der politischen Führer. Wenn sich dabei im Parlament keine alternative Mehrheit für eine Regierung findet, könnte es im Herbst Neuwahlen geben.
(kap – vm)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.