Türkei: Christliche Siedlungen durch Brände bedroht
Der sogenannte Tur Abdin im Südosten der Türkei ist eines der ältesten christlichen Siedlungsgebiete der Welt. Er ist das Kernland der syrisch-orthodoxen Kirche. Die ältesten noch erhaltenen (und bewohnten) Klöster und Kirchen gehen auf das vierte Jahrhundert zurück.
Große Schäden für die Anwohner
In Midin, dem größten christlichen Dorf in der Region, wurden Wälder, Felder und Weingärten vernichtet. Das Feuer brach an mehreren Stellen aus, es wird Brandstiftung vermutet.
Mehrmals war in diesem Sommer auch bereits das Kloster Deyrulzafaran beziehungsweise dessen landwirtschaftliche Flächen, die das Kloster umgeben, von Feuer betroffen. Vor wenigen Tagen vernichtete ein Brand mehr als 500 Olivenbäume und zahlreiche Obstbäume. Auch in diesem Fall vermutet die Polizei Brandstiftung.
Existenz der Mönche bedroht
Das Kloster, das derzeit von drei Mönchen bewohnt wird, hat in den letzten Jahren große Anstrengungen unternommen, die vorhandenen Ländereien aufzupflanzen, um so eine Einkommensquelle zu schaffen. Die Brände gefährden demnach die Existenz der letzten verbliebenen Bewohner des Tur Abdin.
Auch in zahlreichen weiteren christlichen Dörfern, die vor allem in der schwer zugänglichen Bergregion des Tur Abdin liegen, wurden durch Brände grosse landwirtschaftliche Flächen vernichtet. Personen kamen laut dem in Linz ansässigen Hilfswerk ICO bislang nicht zu Schaden.
Brandstiftung vermutet
Allerdings vermuten vermittlerweile auch die türkischen Behörden, das Brandstifter am Werk waren. Die Taktik des Abbrennens landwirtschaftlicher Nutzflächen wurde heuer auch von untergetauchten IS-Terroristen in Nordsyrien an der türkischen Grenze („Djazira“) in großem Maßstab angewendet. In Syrien ist die Rede davon, dass in der Djazira 50.000 Hektar von den terroristischen Brandanschlägen betroffen waren, was zu großen Ernteausfällen geführt hat.
In den syrisch-orthodoxen Gemeinden weltweit gibt es die Befürchtung, dass die von den Terroristen in Nordsyrien entwickelte Taktik der Brandstiftung auch auf das türkische Gebiet übergeschwappt ist, wie die Stiftung Pro Oriente am Sonntag berichtete. Evgil Türker, der Obmann der „Federation of Syriac Associations“, sagte, man erwarte gespannt die Ergebnisse der Untersuchungen der türkischen Gendarmerie. Der wirtschaftliche Schaden durch die Brandserie sei jedenfalls sehr groß, vor allem, was die nur langsam nachwachsenden Ölbäume und die Weingärten betrifft.
In der Gemeinschaft gibt es aber auch Befürchtungen, dass die Rückkehrbewegung der Christen syrischer Tradition, die auf eine ausdrückliche Einladung des damaligen türkischen Ministerpräsidenten Bülent Ecevit im Jahr 2001 zurückgeht, islamistischen Gruppierungen in der Türkei nicht gefällt. Die Brandstiftungen könnten dann als „Warnsignale“ gemeint sein.
(kap - cs)
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