Madagaskar: Die Würde der Kinder achten
Mario Galgano und Antonella Palermo – Vatikanstadt/Antananarivo
Zwar liegt die Stadt der Freundschaft nur acht Kilometer vom Stadtzentrum entfernt, doch um in den Tagen vor dem Papstbesuch dorthin zu gelangen, brauchte es anderthalb Stunden. Der Papst wird dort an diesem Sonntag um ca. 14.00 Uhr mitteleuropäischer Zeit erwartet. Pater Pedro, ein argentinischer Missionar slowenischer Herkunft, kam 1970 hierher. Er ist ständig auf den Straßen des Dorfes unterwegs, aber zwei Frauen, die für die Grund- und Mittelschulen verantwortlich sind, begrüßen unsere Korrespondenten vor Ort mit entwaffnender Herzlichkeit.
Akamasoa – was in etwa „Stadt der Freundschaft“ bedeutet – ist eine treibende Kraft für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen in Antananarivo. Es handelt sich um eine madagassische humanitäre Vereinigung, die gegründet wurde, um die Armut zu bekämpfen und die wirtschaftliche und soziale Wiedereingliederung der Ärmsten zu ermöglichen. Sie besteht aus fünf Aufnahmezentren mit mittlerweile 17 Dörfern, in denen sich etwa 3.000 Familien niedergelassen haben. Heute leben dort insgesamt 25.000 Menschen, von denen mehr als 60 Prozent Kinder unter fünfzehn Jahren sind.
Recht auf Bildung
„Die Kinderarbeit ist ein schwieriges Problem in Madagaskar“, sagt Pater Pedro. Als er bei unseren Korrespondenten vorschaut, kommen die Kinder angerannt, um seine Knie zu umarmen und ihn mit strahlendem Gesicht zu begrüßen - ein deutliches Zeichen für den Respekt und die Wertschätzung, die sie dem Missionar entgegenbringen und die sie von den Menschen hier im Gegenzeug erfahren. „Die Kinder leiden, weil die Familie arm ist und deshalb schicken die Mutter und der Vater die Kinder zur Arbeit, nicht zur Schule. Väter und Mütter tun das! Und der Staat greift nicht ein,“ führt uns der Pater in die Problematik dieser Kinder ein.
Der Missionar erinnert daran, dass es in Madagaskar ein Gesetz gibt, nach dem Kinder, Jugendliche, Minderjährige zur Schule gehen müssen. 14.000 Kinder haben hier Zugang zu einer Schuleinrichtung. Etliche tausend andere Kinder haben aber noch nie eine Schulbank gesehen.
„Wenn wir nicht wieder von der wesentlichen Bedeutung der Bildung ausgehen, gibt es keine Entwicklung oder Bewusstsein für den eigenen Wert. Hier, in Akamasoa, gehen alle Kinder zur Schule, alle. Nach der Schule gehen einige Kinder nach Hause, um ihren Müttern zu helfen. Und das ist kostbar, es ist schön“, sagt Pater Pedro. Es gibt vier Grundschulen und vier Sekundarschulen, ein Gymnasium, Kindergärten und Kinderkrippen.
Das Bild von Jesus dem Zimmermann
Wenn man sich zum Mahatazana-Steinbruch aufmacht, wo ein Steinaltar für die Ankunft des Papstes aufgestellt wurde, gelangt man vor einen eindrucksvollen Bereich: eine Kuppel, in der die Heilige Familie dargestellt ist, mit der Darstellung des Zimmermanns Jesus: „Hier kommen wir, um die Liturgie im Freien zu feiern, es ist ein Ort, den wir denen zur Verfügung stellen, die sich inmitten der Natur zum Gebet versammeln wollen“, erklärt Opeka. Alles ist staubig, das grelle LIcht blendet, und die Kinder spielen zwischen den Steinblöcken mit einem selbstgemachten Ball aus Papier, der mit Schnüren zusammengehalten wird.
Der Granitsteinbruch
Das Zentrum kümmert sich auch um Obdachlose. Pater Pedro war davon überzeugt, dass die Obdachlosen, die um alles gebracht wurden, keine Würde und Autonomie finden würden, wenn sie nicht zu Protagonisten ihrer eigenen Befreiung würden. Ein Empfangszentrum bewertet die Anfragen, die hier eintreffen. 30.000 arme Menschen kommen jedes Jahr nach Akamasoa, um spezifische Hilfen zu erhalten; Bedingung für das Leben im Dorf ist, dass die Familien bei der täglichen Arbeit helfen müssen. Im Gegenzug bietet Akamasoa Dienste an, die ihnen bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft helfen können: Arbeitsplätze beim Bau von echten Backsteinhäusern, Kunsthandwerk, Landwirtschaft, Tischlerei, mechanische Arbeiten und Schweißen. Auch wer in sein Heimatdorf zurückkehren will, erfährt Unterstützung: Der Verein stellt Werkzeuge zur Verfügung und übernimmt die Transportkosten.
Dankbarkeit für die Ankunft des Papstes
„Wir danken Papst Franziskus, dass er genau hierher kommen will,“ sagt Pater Pedro, der das Gefühl hat, dass dieser Vorort der Hauptstadt in diesen Tagen erleuchteter denn je sei. Doch er scheut sich auch nicht davor, mit harten Worte die Lebensrealtität zu beschreiben: „Das Leben hier ist ein Kampf, jeden Tag. Der Papst kommt hierher, um allen Kindern, Jugendlichen, Müttern und Familien Mut zu geben, diesen Kampf gegen die Armut fortzusetzen und der menschlichen Person ihre Würde zurückzugeben.“
Vertrauen in die neue politische Führung
Die Politik spiele eine wichtige Rolle, räumt der Pater ein: „Das madagassische Volk ist ein außergewöhnliches Volk. Sie lieben Menschen, sie lieben Frieden, sie lieben das Leben. Ich vertraue dem mit den letzten Wahlen im Land eingeleiteten politischen Kurs. Jetzt haben wir eine neue Regierung, die ihre Arbeit aufnehmen wird. Wir haben Vertrauen in den neuen Präsidenten, den jungen Mann, der die Armut für die Würde seines Volkes bekämpfen will.“
(vatican news)
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