Tragödie in Großbritannien: „Sichere Migrationswege schaffen!“
Der mit einem bulgarischen Kennzeichen versehene Lastwagen hatte den Container, in dem später die Leichen gefunden wurden, am britischen Hafen Purfleet aufgenommen. Das Schiff, das den Container angeliefert hatte, kam aus Belgien. Im Industriegebiet der unweit gelegenen Stadt Grays wurden die Körper der offensichtlich erfrorenen 39 Männer und Frauen schließlich entdeckt. Der aus Nordirland stammende Lastwagenfahrer wurde festgenommen, im Lauf des Donnerstags wurden im Zusammenhang mit dem Fall drei Objekte in Nordirland durchsucht, wie britische Ermittler bekannt gaben. Jüngsten Meldungen zufolge handele es sich bei den Toten um chinesische Staatsbürger. Der Fall weckt schmerzliche Erinnerungen an ähnlich gelagerte Tragödien, auch der Generalsekretär der Internationalen katholischen Kommission für Migration (ICMC) zeigte sich im Gespräch mit Radio Vatikan entsetzt:
„Es handelt sich hier um eine schlimme Tragödie und wir nehmen mit großer Traurigkeit wahr, dass wir in einer Situation leben, in der Menschen so verzweifelt sind, dass sie Schmuggler anheuern müssen, um sie zu einem sicheren Ort zu bringen, an dem es ihnen möglich ist, ein würdiges Leben zu fristen.“
Das Verbrechen des Menschenhandels – und in diesem Zusammenhang auch des Menschenschmuggels - sei stets zu verurteilen, betont der US-amerikanische Prälat. Doch es liege an den Zielländern, sichere und faire Wege zu entwickeln, um Asyl beantragen zu können, wenn das Leben von Menschen in Gefahr sei oder sie sich aufgrund ihres Glaubens, ihrer Ethnie oder anderer politischer Gründe Verfolgung ausgesetzt sähen.
„Wir wissen sicher, dass es in allen Teilen der Welt vorkommt, dass Menschen sich an Schmuggler wenden müssen. Viele von ihnen hätten eigentlich gute Gründe, ein offizielles Asylverfahren zu beantragen, aber sie wissen nicht einmal, wie sie dieses Recht in Anspruch nehmen können, wenn ihr Leben in Gefahr ist, sie bedroht werden oder sie Opfer dieser Verfolgungen sind, die in der Genfer Flüchtlings-Konvention geregelt sind. Und dann gibt es andere Menschen, die migrieren wollen, weil sie sich ein besseres und sicheres Leben für sich und ihre Familien wünschen. Es sind also Hunderttausende, vielleicht auch Millionen von Menschen, die jedes Jahr diese Risiken für sich und ihre Angehörigen eingehen.“
Es sei schwierig, verlässliche Zahlen zu diesem Phänomen vorzulegen, denn viele Menschen, die ankämen, würden nicht einmal statistisch erfasst, bedauert Vitillo: „Und das ist ein weiteres Thema, das angegangenen werden könnte, wenn wir den Menschen bessere Wege eröffnen würden, fair und sicher und gerecht zu migrieren.“
Die Schlepper verwischen ihre Spuren
Die Sicherheitsbehörden hatten bereits in einem sehr kurz nach dem Auffinden der Leichen veröffentlichten Statement verlauten lassen, dass es lange dauern würde, bis die Toten identifiziert seien. Auch die Verantwortlichkeiten bei den einzelnen Frachtabschnitten zu klären, stellt die Ermittler immer wieder aufs Neue vor große Herausforderungen. Denn die Schmuggler seien erfinderisch, bestätigt auch Robert Vitillo:
„Sie nutzen Laster, Züge, Busse, aber auch den Seeweg. Die Schmuggler profitieren davon und werden verzweifelt von denen angefleht, die sicher migrieren wollen.“
Angesichts der Tatsache, dass die Schmuggelrouten für gewöhnlich durch viele Länder führten und verschiedene internationale Akteure beteiligt seien, brauche es eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Polizeibehörden und den einzelnen Ländern, betont der Experte. „Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, die Ursachen für die Migration und dafür, dass Menschen sich den Schmugglern anvertrauen, zu stoppen. Ein wichtiger Schritt dafür wäre es, den Globalen Pakt für sichere und geregelte Migration umzusetzen, den im letzten Jahr viele Staaten unterzeichnet haben, und dann müssen wir auch sehen, dass wir auf nationalem und lokalem Level neue, alternative, Wege finden, wie sie ja auch bereits von einigen Kirchen eingeführt worden sind,“ nimmt der Kirchenmann Bezug auf Initiativen, wie sie von der Basisgemeinschaft Sant’Egidio und der belgischen Caritas bereits mit Erfolg angeboten werden.
Menschenschmuggel geht oft in Menschenhandel über
Auch seine eigene Kommission habe sich beispielsweise auf europäischer Ebene dafür eingesetzt, private Gruppen dazu zu animieren, die Verantwortung für Flüchtlinge zu übernehmen, um ihnen über die staatlichen Zusagen hinaus eine sichere Migration zu ermöglichen. Um dem Schmuggelwesen aber wirklich Einhalt zu gebieten, sei es nötig, „nicht nur darauf zu schauen, wie man die Schmuggler selbst stoppen kann, sondern auch sichere Alternativen für die Menschen bereit zu stellen, die sich an Schmuggler wenden. Diese Menschen sind verzweifelt, und wir müssen sehen, dass die Geldsummen, die von den Schmugglern gefordert werden, zu Situationen des Menschenhandels und der Sklaverei führen. Denn die Flüchtlinge können die geforderten Preise oft nicht bezahlen und die Schmuggler nehmen ihnen ihre Dokumente weg, bis sie ihre Schuld abgetragen haben. Sie sind auch oft in internationalen Netzwerken organisiert, so dass sie auch in den Heimatländern der Migranten aktiv sind und dort dann Familienangehörige bedrohen und erpressen. Ich denke also, dass wir sichere Wege schaffen müssen und wir müssen verstehen, dass es sich bei den Flüchtlingen um menschliche Wesen handelt, deren Würde und Rechte respektiert werden müssen.“
(vatican news - cs)
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