Australien: Berufungsantrag von Kardinal Pell wird vor dem High Court verhandelt
Wie die Richterin Michelle Gordon angekündigt hatte, hätten sie und ihr Richterkollege James Edelman entschieden, über Pells Berufuungsantrag zu verhandeln. Zu diesem Zweck sei es jedoch nötig, eine Versammlung aller sieben Richter des High Court einzuberufen. Dies werde wohl nicht vor 2020 der Fall sein, meinen Beobachter. Die Richter sollen darüber entscheiden, ob Kardinal Pell Berufung gegen das Urteil einlegen kann, mit dem er von einem Geschworenengericht zu sechs Jahren Haft wegen sexuellen Missbrauchs eines damals minderjährigen Chorknaben sowie der Belästigung eines weiteren Jungen verurteilt wurde. Die Fälle sollen sich 1996 zugetragen haben, als Pell Erzbischof von Melbourne war. Sollte dem Antrag auf Berufung stattgegeben werden, handelt es sich um die letzte Chance für den ehemaligen Kurienkardinal, einen Freispruch zu erlangen.
Zwar hatte der Kardinal stets auf seiner Unschuld beharrt, doch aufgrund der Zeugenaussage eines der Kläger war er erstinstanzlich schuldig gesprochen worden – ein Urteil, das die zweite Instanz im vergangenen August mit zwei Richterstimmen zu einer bestätigt hatte.
Im September hatte Pell schließlich entschieden, sich an den Obersten Gerichtshof zu wenden. Ein Datum, zu dem sich der Oberste Gerichtshof in voller Besetzung von sieben Richtern versammeln wird, um über den Fall des Kardinals zu beraten, wurde noch nicht bekannt gegeben. In Erwartung der Anhörung muss der gesundheitlich angeschlagene Kardinal weiter im Gefängnis bleiben.
Ein Richter schloss sich dem Schuldspruch nicht an
Die Anwälte Pells vertreten die Auffassung, dass die Tatsache, dass einer der drei Richter der zweiten Instanz das Urteil gegen den Kardinal nicht unterstützt hatte, eine vernünftige Grundlage für einen Freispruch darstellen könnte. Mark Weinberg hatte sich dem Urteil seiner Kollegen nicht angeschlossen, weil er die Zeugenaussage des einzigen noch lebenden Opfers nicht für glaubwürdig hielt. Außerdem missachte eine Verurteilung den Grundsatz, nachdem ein Schuldspruch nur in Gegenwart von Beweisen erteilt werden könne, die die Schuld „über jeden vernünftigen Zweifel hinaus“ feststellten, so die Begründung des Richters.
In einer Erklärung von diesem Mittwoch hatte der Vorsitzende der australischen Bischofskonferenz, Erzbischof Mark Coleridge, unterstrichen, dass „alle Australier das Recht haben, gegen einen Richterspruch beim High Court Berufung einzulegen“. Kardinal Pell habe „von diesem Recht Gebrauch gemacht.“ Das Oberste Gericht habe nun entschieden, dass sein Fall nochmals untersucht werden sollte, betont Coleridge. Zwar verlängere dies einen bereits „langen und schwierigen Prozess”, aber, so die Erklärung weiter, „wir können nur hoffen, dass die Anhörung zur Berufung so bald wie möglich stattfinden wird“ und die Entscheidung des High Court „Klarheit“ für alle bringe.
Vatikan zu Entscheidung: Vertrauen in australische Justiz
Gegen Mittag hatte sich auch der Heilige Stuhl zu der Entscheidung der australischen Richter geäußert, über Pells Antrag auf Berufung in einer eigenen Sitzung zu entscheiden. In einer Mitteilung von diesem Mittwoch hebt der Direktor des Pressesaals, Matteo Bruni, das Vertrauen hervor, das der Heilige Stuhl in die australische Gerichtsbarkeit setze. Man nehme die Entscheidung „zur Kenntnis, in dem Bewusstsein, dass der Kardinal stets seine Unschuld beteuert hat“. Der Heilige Stuhl wolle jedoch den Anlass nutzen, zum wiederholten Mal seine Nähe für die Überlebenden von sexuellen Missbrauch durch Kleriker zum Ausdruck zu bringen“, endet das knappe Statement des Pressesaals.
(vatican news - cs)
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