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Südsudan: Waffenruhe lindert Leid vor allem der Kinder

Ein Land, das so reich an Ressourcen ist wie der Südsudan, muss auch die Bevölkerung an diesem Reichtum teilhaben lassen. Diese Mahnung äußert die Südsudan-Referentin des Kindermissionswerks „Die Sternsinger“, Stefanie Frels, auf die Nachricht von der jüngst erzielten Waffenruhe im Südsudan. Sie hofft, dass nun vor allem das Leid der Kinder abnimmt.

Erstmals haben sich alle politischen Parteien des Südsudan auf die Waffenruhe verständigt. Maßgeblich an den Verhandlungen in Rom beteiligt war die katholische Gemeinschaft Sant’Egidio, ein Projektpartner des Kindermissionswerks. 

„Erster Schritt für einen dauerhaften Frieden": Interview

Stefanie Frels: Immer vorausgesetzt, dass wirklich alle an dem Tisch gesessen haben, vor allem auch die kleinen landwirtschaftlich arbeitenden Volksgruppen, dann hat dieser Vertrag sicherlich eine große Chance, denn diese vereinbarte Waffenruhe ist zunächst ein wichtiges Signal für die Menschen und dann hoffentlich auch als ein erster Schritt für einen dauerhaften Frieden zu werten. Wenn die Waffen schweigen, können wir die betroffenen Menschen viel leichter durch sichere Korridore erreichen und ihnen somit die dringend notwendige Hilfe zukommen lassen und das Leid, vor allem der Kinder, etwas mindern. Man muss sich vorstellen, der Konflikt dauert schon sehr lange und jedes Jahr gibt es weniger Nahrungsmittel, die Preise sind unvorstellbar gestiegen - das sind Zustände, die haben wir hier noch nie erleben müssen.

Zum Nachhören

Was kann diese Waffenruhe für die Menschen im Südsudan bedeuten?

Stefanie Frels: Zunächst eben Hoffnung. Hoffnung ist das ganz große Ding bei solchen Vereinbarungen. Zum anderen ist der gesicherte Zugang in diesem Kontext für alle sehr wichtig, um Hilfe, aber auch das ganz normale Geschehen wieder ans Laufen zu bekommen. Es gibt ja durchaus Regionen, die sind fruchtbar, die produzieren viel, aber sie können nichts mehr in den Rest des Landes schaffen aufgrund der Unsicherheit auf den Straßen. Und im Kleinen gedacht: Die Menschen kommen zum ersten Mal wieder auf ihre Felder und können, wenn das Wetter mitspielt, ihre Felder bestellen und selber ernten. Das wäre auf kleiner Ebene ein ganz großer Erfolg.

Ein Vertrag der Parteien ist das eine, aber wie kann Frieden im Südsudan auch langfristig gelingen? Wie schätzen Sie das ein?

Stefanie Frels: Langfristig müssen alle Volksgruppen eine Stimme erhalten. In einem Land, in dem die orale Tradition so hoch ist, da ist es ganz wichtig, dass jeder sprechen darf und dass jeder gehört wird. Das Recht des Auslebens der Tradition und der eigenen Lebensweisen darf nicht mehr die Lebensweisen der anderen so negativ beschneiden, wie das aktuell der Fall ist. Ein Land, das so reich an Ressourcen ist wie der Südsudan, muss auch die Bevölkerung an diesem Reichtum teilhaben lassen. Es dürfen sich nicht nur wenige ganz offensichtlich daran bereichern.

Ein siebenjähriges Kind im Südsudan hat noch keine längere Friedensperiode erlebt. Familien haben durch die Kämpfe viele Angehörige verloren, vor allem Jungen werden als Kindersoldaten missbraucht. Wie kann eine Normalität in dem Land wiederhergestellt werden?

Stefanie Frels: Das wird ein ganz, ganz langer Weg. Es gilt, Verständnis, Akzeptanz und schlussendlich auch Vergebung zu erlernen. Vergebung in einer Gesellschaft, die darauf basiert, Vergeltung zu üben. Das gehört zur Tradition dazu: man vergibt dem anderen nicht, sondern es wird Vergeltung, es wird Rache verübt. Der Clan ist das höchste Gut, nicht das Volk als solches. Die Familie wird zuoberst gestellt und da eine Balance zu finden, zu dem was geschehen ist, und dem Nachbarn zu vergeben, zu verzeihen, ist ein ganz langer Weg, der bisher nur sehr schlecht gelungen ist. Und es kommt sicher auch dazu, dass all diese Menschen, vor allem die Kinder und Jugendlichen, die in diesen Krieg involviert sind, zunächst ausgegrenzt werden, wenn sie zurück kommen. Und hier liegt sicher auch eine ganz große Aufgabe bei der Kirche und auch bei uns als Hilfswerk, Möglichkeiten zu schaffen, im Rahmen derer diese Familien, die Dorfgemeinschaften und die Kinder und Jugendlichen sich einander näher kommen und die Kindersoldaten wieder in die Gemeinschaft aufgenommen werden können.

Wie hilft das Kindermissonswerk ,Die Sternsinger’?

Stefanie Frels: Zunächst wirklich mit Nothilfe. Nothilfe ganz klassisch, mit Nahrungsmitteln, mit dem Essentiellen zum Überleben. Dazu zählen große Planen, um Hütten zu bauen, Kochutensilien, Matratzen. Unser Kerngeschäft ist eher der Aufbau oder der Wiederaufbau von Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen. Da wo das möglich ist, tun wir das auch schon. Darüber hinaus investieren wir vor allem Hilfe zur Selbsthilfe - für Lehrer, Krankenpflege und pastorales Personal für den Kinder- und Jugendbereich.

(Kindermissionswerk „Die Sternsinger)

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22. Januar 2020, 17:23