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Bildung, ein Entwicklungsbaustein für Kinder Bildung, ein Entwicklungsbaustein für Kinder 

Studie: Global den Kinderschutz ankurbeln

Kein Land der Welt kümmert sich angemessen um die Gesundheit, den Lebensraum und die Zukunft seiner Kinder. Das geht aus einem an diesem Mittwoch veröffentlichten internationalen Bericht hervor. Erstellt haben ihn über 40 Experten im Auftrag des UN-Kinderhilfswerkes Unicef, der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Fachzeitschrift „The Lancet“. Darüber spricht Stefanie Stahlhofen mit ihrer Kollegin Anne Preckel.
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Stahlhofen: Hier bei Radio Vatikan haben wir mit so mancher, leider oft trauriger Statistik zur Lage von Kindern zu tun. Was ist das Besondere an der neuen Studie „A Future for the World’s Children“?

Preckel: Ihr Ansatz ist ganzheitlich; es geht nicht allein um überlebensnotwendige Dinge, die Kinder brauchen, wie Essen und Sicherheit, sondern auch um Faktoren wie Medienkonsum und globalen Umweltschutz. Dabei werden so ziemlich alle Länder der Welt in den Blick genommen, und es kommen teils unerwartete Ergebnisse raus. Was fällt uns etwa als erstes zu Burundi, Tschad, Somalia ein? Schrecklichste Lebensbedingungen für Kinder, Hunger und Krieg, ja klar, auch so was führt die Studie auf. Aber: diese Länder haben laut Bericht zugleich den besten Nachhaltigkeitsindex, das heißt sie beeinträchtigen die weltweite Kindergesundheit in klimatischer Hinsicht am wenigsten: weil Menschen dort am wenigsten CO2 verbrauchen. Die Studie macht also einen großen Rahmen auf, der wirklich zur Selbstkritik anregen kann. Die Frage ist doch die: Was haben einzelne Länder, was hat die Welt für Ziele, wenn sie sich so schlecht um die Zukunft des globalen Nachwuchses kümmert?

Stahlhofen: Das hört sich so ein bisschen nach Papst Franziskus an, der die Weltjugend als Zukunft des Planeten bezeichnet und zum Schutz des „gemeinsamen Hauses“ aufruft. Geht es den Autoren der Studie also um einen globalen Bewusstseinswandel?

Preckel: Ja. Die Kommission, die die Studie erstellt hat, ist eine internationale Gruppe von Fachleuten, die unabhängig sind. Und die sagen: Um Kinder zu schützen, braucht es eine „neue globale Bewegung für und von Kindern“. Die junge Generation soll ins Zentrum aller Anstrengungen gesetzt werden - für den Klimaschutz, für Nachhaltigkeit, für Gesundheit, Gerechtigkeit, den Frieden. Interessen von Kindern sollten bei politischen Entscheidungen ganz klar mit einbezogen werden, und zwar die Interessen aller Kinder weltweit. Denn es kann nicht angehen, dass Kinder in Entwicklungsländern, die unter dem Klimawandel am meisten leiden, den Preis zahlen für unseren Komfort und Reichtum in den Industrienationen. Einige wenige machen die Welt für alle kaputt, besonders für die Schutzlosesten. Diese Ungerechtigkeit geht die Studie an, genau wie das auch der Papst tut.

Stahlhofen: Welche unerwarteten und neuen Ergebnisse sind in der Studie nachzulesen? Kannst du weitere Beispiele nennen?

Preckel: Kindergesundheit bedeutet auch gesellschaftlicher Lebensraum, das, was Kindern angeboten wird, Dinge, denen sie ausgesetzt sind. Da geht es zum Beispiel in der Studie auch um Werbung und die Bilder, die heute wesentlich durch die Massenmedien transportiert werden und mit denen Kinder fast selbstverständlich aufwachsen, auch in armen Ländern. An dem Punkt übt die Studie massiv Kritik an der Werbeindustrie, die sich Kindern gegenüber regelrecht feindlich verhält. Aufgrund von schädlicher Werbung sei die Zahl übergewichtiger Kinder und Jugendlicher heute etwa elf Mal so groß wie noch im Jahr 1975, heißt es. Das sind für das Jahr 2016 124 Millionen Betroffene. Die Zahl der Jugendlichen, die in den USA Werbung für elektronische Zigaretten ausgesetzt sind, hat sich innerhalb von zwei Jahren mehr als verdoppelt. Und in Australien werden Kinder und Jugendliche, die im Fernsehen Fußball, Cricket oder Rugby ansehen, in einem Jahr mit 51 Millionen Werbespots für Alkohol bombardiert. Man bekommt fast den Eindruck: eine solche Wirtschaft schadet eigentlich nur…

Stahlhofen: Klimawandel, Übergewicht und schädliche Werbung, Krieg und Vertreibung – ist die Welt für Kinder heute feindlicher als noch vor ein paar Jahrzehnten?

Preckel: Laut Unicef: ja. Was etwa den Klimawandel betrifft, hat es vor wenigen Generationen noch keine solche Bedrohung für den globalen Nachwuchs gegeben. Ähnliches lässt sich wohl über Phänomene wie aggressive Werbung und den immer noch ziemlich unkontrollierten Raum des Internet sagen, Stichwort Kinderpornografie. Es muss höchste Priorität haben, da einen Riegel vorzuschieben. Das wird jetzt erkannt, und dazu trägt diese Studie bei. Die Autoren rufen in diesem Sinn dazu auf, aus der Krise eine Chance zu machen, den Blick zu öffnen für den Kinderschutz weltweit und sich gemeinsam in Bewegung zu setzen. 

(vatican news)

 

 

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19. Februar 2020, 14:29