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Assisi: Wie die Franziskaner die Corona-Krise erleben

Italien ist das derzeit am meisten von der Corona-Krise betroffene Land Europas. In dieser Lage blicken wir auf Assisi, der Stadt des Heiligen Franziskus, Patrons von Italien. Wir haben mit Bruder Thomas Freidel telefoniert, der Franziskaner-Minorit betreut seit vielen Jahren in Assisi als Seelsorger die Pilger deutscher Sprache. Derzeit freilich ist alles ganz anders.

Bruder Thomas Freidel: Die ganze Stadt ist menschenleer, so wie wir das noch nie erlebt haben: dass überhaupt so gut wie niemand hier ist. Ich habe gestern zwei Stunden Dienst in der Basilika gehabt, da waren 5 Personen, die kurz reinkamen. Es ist alles ruhig und menschenleer.

Radio Vatikan: Wie begehen die Franziskaner diese besondere Fastenzeit?

Bruder Thomas Freidel: Es ist so, unser eigentlicher Name ist Frati Minori, Minderbrüder. Das heißt unter anderem, dass wir an der Seite der Menschen, vor allem der Kleinen und der Armen stehen, wir verhalten uns genauso wie alle anderen Menschen auch hier. Wir achten die Richtlinien der Regierung und der Kommune, verlassen das Haus nicht, konzentrieren uns auf uns selber, wir haben mehr Zeit zum Studium oder für Arbeiten im Haus. Eine besondere Zeit, aber jeder bei uns hat begriffen, dass es bei uns nicht anders geht und dass man die Zeit auch zur inneren Einkehr nutzen kann.

Hier zum Hören:

Radio Vatikan: Die Maßnahmen, die der italienische Staat und in der Folge auch die Kirche zur Eindämmung des Virus getroffen hat, sind drastisch: In ganz Italien sind die Gottesdienste ausgesetzt. Sind Ihre Mitbrüder einig über die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahmen?

Bruder Thomas Freidel: Ich denke ja. Da gab es keine Diskussionen. Wir haben nur überlegt, wie wir es am besten handhaben mit der Messe, die wir jeden Tag in der Basilika feiern, die per facebook übertragen wird. Zwei Stunden am Tag soll auch Eucharistische Anbetung in der Basilika sein. Aber es war allen klar und es gab keine Meinungsverschiedenheiten. Wir sind an die 70 Brüder aus über 20 Nationen, auch Mitbrüder aus Südamerika und Afrika und Asien. Sie kennen ja auch zum Teil Notsituationen aus ihrer eigenen Heimat, und wenn so etwas wie jetzt passiert, da klingeln bei jedem die Alarmglocken. Jedem ist klar, das ist hier eine besondere Maßnahme. Alle haben Verständnis dafür und halten sich daran.

„Aber da bewährt sich auch das brüderliche Miteinander“

Radio Vatikan: Italien ist als Ganzes ein Seuchensperrgebiet. Wie ist die Stimmung innerhalb Ihrer Gemeinschaft?

Bruder Thomas Freidel: Wir versuchen natürlich auch, das Ganze mit Humor zu nehmen – und mit Geduld miteinander. Im alltäglichen Leben, wie in einer Familie auch, verläuft sich manches, man sieht sich nicht immer. Wir sind bei den Mahlzeiten normalerweise nie alle zusammen, weil alle ihre Verpflichtungen haben. Jetzt sind wir alle zusammen, und es kommt noch mehr darauf an, dass wir uns gegenseitig stützen und tragen. Wir haben auch einige Regeln geändert, dass wir mit größerem Abstand beim Essen sitzen und die Vorschriftsmaßnahmen in der Hygiene beachten. Es ist für unsere Gemeinschaft nochmal eine intensivere Zeit. Aber da bewährt sich auch das brüderliche Miteinander, dass man ja bei unserer ganzen Verschiedenheit, aus den Ländern und Kontinenten, dass uns etwas grundsätzlich verbindet, dass wir Brüder der einen Gemeinschaft sind. Das ist eine Basis, die vorhanden ist und die zusammenschweißt. So gehen wir jetzt auch ganz bewusst diese schwierige Zeit miteinander.

Radio Vatikan: Was können wir als Christen in der Fastenzeit geistlich lernen aus dieser Lage der Bedrohung?

Bruder Thomas Freidel: Wir sind ja hier vor allem dadurch geprägt, unser Leben und Arbeiten, dass viele Menschen zu uns ins Haus kommen. Wir sind hier normalerweise sehr aktiv, wir haben Führungen, Gottesdienste, seelsorgerliche Angebote. Da ist immer etwas los bei uns. Jetzt ist alles gestrichen. Wir sind mehr auf uns selbst zurückgeworfen, und das kann schon auch einmal wohltuend sein zu sagen, wir erleben diese Zeit ganz bewusst im Gebet für die Menschen, in Solidarität mit den andere, denen es genauso geht wie uns. Es ist schon auch eine Chance, dass wir mehr auf das Wesentliche schauen und die Fastenzeit, die Bußzeit vor Ostern nicht so etwas ist, was man so nebenbei absolviert, sondern was jetzt mehr im Zentrum steht.

(vatican news)

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14. März 2020, 11:05