Australien: Entscheidung im Fall Pell vertagt
Die sieben Richter baten die beiden Parteien um weitere schriftliche Stellungnahmen und gaben ihnen zwei Werktage Zeit, um diese zu liefern, wie australische Medien berichteten. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft am zweiten Anhörungstag den Schuldspruch des 78-Jährigen verteidigt. Pells Anwälte hätten ein „unvollständiges Bild der Faktenlage“ gezeichnet und „Schönfärberei“ betrieben, sagte Staatsanwältin Kerri Judd.
Pell war vor einem Jahr wegen sexuellen Missbrauchs zweier Chorknaben zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Der Schuldspruch durch eine Jury und das anschließende Strafmaß stützte sich allein auf die unter Ausschluss der Öffentlichkeit gemachte Aussage eines der Opfer. Der zweite Mann war kurz vor Prozessbeginn an einer Drogenüberdosis gestorben.
Ein Berufungsgericht in Melbourne hatte im August 2019 mit der Mehrheit von zwei der drei Richter den Schuldspruch und das Strafmaß bestätigt. Gegen diese Entscheidung legten Pells Anwälte Berufung vor dem High Court ein. Die Richter des Berufungsgerichts hätten von Pell verlangt, seine Unschuld zu beweisen und damit den „juristischen Fehler“ der Beweislastumkehr begangen, argumentierten die Anwälte am Mittwoch vor dem High Court.
Die Vorwürfe
Die Zweifel
Die Frage, ob es Pell zeitlich überhaupt möglich war, die beiden Chorknaben zu Sex zu zwingen, war auch ein zentraler Punkt bei den Ausführungen der Staatsanwaltschaft vor dem High Court. Staatsanwältin Judd räumte vor dem High Court ein, die Zeugenaussage von Portelli sei „isoliert betrachtet“ geeignet, Zweifel an den Vorwürfen aufkommen zu lassen. Im „Kontext der Gesamtbeweislage“ seien Zweifel aber nicht angebracht.
Keine Aufgaben mehr im Vatikan
Kardinal Pells Mandat als Leiter des vatikanischen Wirtschaftssekretariates hatte der Papst im Februar 2019 nicht weiter verlängert; Pells Amtszeit war damals nach fünf Jahren regulär abgelaufen. Nach den Missbrauchsvorwürfen gegen den Kardinal hatte sich auch die vatikanische Glaubenskongregation des Falls angenommen. Ein Ergebnis steht allerdings noch aus. Aus dem Kardinalsrat, der den Papst zu Fragen der Kurienreform berät, war Kardinal Pell bereits im Dezember 2018 ausgeschieden.
(kna/kap – sst)
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