Corona auf den Philippinen: „Lieber am Virus sterben, als Kinder verhungern lassen"
„Die Frage, wie die Menschen während des aktuellen Lockdowns Essen für ihre Familien auftreiben können, bereitet vielen weit mehr Sorgen als das Virus selbst. Manche Menschen sagen sich in ihrer Verzweiflung: Bevor ich meine Kinder verhungern lasse, sterbe ich lieber am Virus,“ bringt der Bischof den Notstand in seiner philippinischen Heimat auf den Punkt. Jeden Tag höre man, dass die Zahl der Infizierten und Toten steigt, berichtet Bischof Pablo Virgilio David . Es gebe keine Möglichkeit, herauszufinden, wie viele wirklich infiziert seien, weil es nur wenige Tests und Testcenter gebe. Die meisten Spitäler im Großraum Manila seien schon jetzt heillos überfüllt.
Die Problematik der von der Regierung verhängten Ausgangsperre
Man habe die Pfarreien und Missionsstationen mobilisiert, um in diesem Desaster auszuhelfen und die Ärmsten der Armen mit Essen zu versorgen. Es sei dieselbe Hilfe, die man auch bei Naturkatastrophen wie Taifunen, Erdbeben, Vulkanausbrüchen und Überschwemmungen leiste, erklärt der Bischof weiter. „Wir haben Ärzten und Pflegepersonal auch unsere Schulen bereitgestellt. Einige unserer Räumlichkeiten dienen bereits als Quarantänestationen.“
Der Notstand in den Gefängnissen
Besonders schwierig gestalte sich die Lage in den Gefängnissen. Bisher habe er Häftlinge betreut, doch nun seien keine Besucher mehr zugelassen, berichtet der Geistliche. Die Sterblichkeit in den Gefängnissen solle derzeit fünf Prozent betragen. Er wage sich gar nicht auszumalen, was passiert, wenn sich auch nur ein einziger Häftling anstecke, gibt David zu bedenken. Im städtischen Gefängnis von Kalookan, das eine Kapazität von 200 Personen hat, säßen mindestens 2600 Häftlinge ein.
Sorge bereite ihm auch das Gesundheitssystem des Landes, das schon vor der Pandemie unzulänglich gewesen sei, was besonders für die öffentlichen Spitäler gelte. Die Armen könnten sich keine Privatspitäler leisten: „Die Pandemie hat unsere Regierung unvorbereitet getroffen. Es fehlt an Intensivstationen und Beatmungsgeräten – und auch an Schutzkleidung für das Personal,“ beschreibt David den Notstand im Gesundheitswesen.
Der Trost im Glauben
Dennoch würden die Menschen in der Corona-Pandemie vor allem im Glauben Trost finden.
„Die Armen sehen es als Krankheit der Reichen. Der Gedanke, dass es eine Bestrafung sei, ist unter den Gläubigen nicht sehr verbreitet. Vielmehr glaubt man, dass es sich um eine Art Test handelt, den Gott zulässt, um daraus Gutes entstehen zu lassen. Die meisten Gläubigen sehen die Pandemie als ein Zeichen: den Aufruf, zum Glauben, zum Gebet, zurückzukehren und im Leben wieder die richtigen Prioritäten zu setzen.“
Obwohl der Einfluss der Kirchen auf den Philippinen zurückgegangen ist, der von Präsident Duterte geführte Anti-Drogenkrieg auch die Fronten zwischen Kirche und Staat verhärtet hat und es sogar zu Drohungen gegen ihn selbst gekommen ist, lässt sich Bischof David nicht verunsichern: „Es kümmert uns nicht, dass uns die Regierung ignoriert oder gar verunglimpft,“ meint er. „Wir tun, was wir können, um den Armen und Benachteiligten zu helfen. In den meisten Fällen können wir aber mit den lokalen Behörden zusammenarbeiten, um im Kampf gegen die Krise noch effizienter zu sein.“
Zur Person
Pablo Virgilio David ist seit 2013 Bischof des Bistums Kalookan, das dem Erzbistum Manila als Suffraganbistum unterstellt ist. David pflegt Kontakte zu Menschenrechtsorganisationen und Hilfswerken. Er ist Projektpartner des katholischen Hilfswerks Fastenopfer. Als Vizepräsident der Bischofskonferenz arbeitet er eng zusammen mit dem Fastenopferprogramm auf den Philippinen in Fragen der Menschenrechte, Ökologie, Landverteilung, sozialen Gerechtigkeit und neuen Formen des Kirche-Seins zusammen.
(kath.ch - skr)
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