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Gerettete Migranten auf einem Militärschiff vor Malta Gerettete Migranten auf einem Militärschiff vor Malta 

Malta, die Flüchtlinge und die abgesagte Papstreise

Ende Mai sollte die Papstreise nach Malta und Gozo stattfinden, doch die COVID-19-Pandemie hat den Planungen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Reise musste zur Enttäuschung aller Beteiligten abgesagt werden. Im Interview mit Radio Vatikan berichtet der Missionar Oliver Borg von der Stimmung auf Malta und dem Einsatz der Kirche für Migranten – das große Leitmotiv der Papstreise, die nun nicht stattfinden wird.

Das Motto der Papstreise, die für den 31. Mai angesetzt war, stammt aus der Apostelgeschichte im Neuen Testament und lautete: „Die Einheimischen erwiesen uns ungewöhnliche Menschenfreundlichkeit." Die Aussage bezieht sich auf die Schiffsreise des Apostels Paulus nach Rom, bei der er und seine Begleiter wegen eines Schiffbruchs auf Malta strandeten und dort von den Einheimischen versorgt wurden. Auch der Tag der Verkündung der Papstreise nach Malta war wohl gewählt: Sie erfolgte zum lokal besonders wichtigen Kirchenfest eben dieser Landung des Apostels Paulus auf Malta, das die Insel am 10. Februar begeht.

Zum Nachhören

Große Enttäuschung 

Das Logo zeigt Hände, die sich von einem kleinen, von den Wellen getriebenen Schiff in Richtung des Kreuzes ausstrecken, als Sinnbild für die Aufnahmebereitschaft der Christen dem Nächsten gegenüber und der Unterstützung für die Menschen in Schwierigkeiten, die ihrem Schicksal überlassen wurden. Der maltesische Jesuit und Missionar Oliver Borg war 45 Jahre lang im Nahen Osten tätig und ist nun auf seine Heimatinsel zurückgekehrt. Er bestätigt im Gespräch mit uns, dass die Absage der Reise einige Enttäuschung hervorgerufen hat...

„"Wenn von Maltesern die Rede war - wurde von ,Mafia House' gesprochen...“

„Alle erwarteten den Papst mit großem Enthusiasmus und viel Freude. Wir wussten, dass einer der Gründe, aus denen der Papst hierher kommen wollte, war, über die Situation der Flüchtlinge zu sprechen, von denen viele im Meer enden. Wir, vor allem die, die im Jesuit Refugee Service, arbeiten, hatten gehofft, darüber sprechen zu können und die Bevölkerung für diese Situation in einem Moment, in dem die Regierung die Ankunft von Migranten fürchtet, noch stärker zu sensibilisieren. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir in der Nachkriegszeit, genauso wie die Italiener, selbst die Migranten waren“, erinnert der Missionar an die Auswanderungswellen aus dem europäischen Süden in Richtung Kanada, Australien, England und Amerika. Dort seien die Malteser und Italiener großzügig aufgenommen worden... „Manchmal wurden wir nicht so gut behandelt, das ist wahr, ich erinnere mich, dass  - wenn von Maltesern die Rede war - von ,Mafia House' gesprochen wurde...“

Wie wird die neue Normalität aussehen?

Die Arbeit des Jesuit Refugee Service stehe momentan auch vom finanziellen Gesichtspunkt her sehr stark unter Stress, berichtet der ehemalige Missionar, der sich nun um die Hilfe für Flüchtlinge auf Malta kümmert. In den Aufnahmezentren lebten mittlerweile eine große Anzahl von Menschen, die vor der Krise zumindest kleineren Arbeiten nachgehen konnte. Nun müsse der Flüchtlingsdienst vollständig für ihre Versorgung aufkommen. Angesichts der Epidemie sei er genauso besorgt wie der Rest der Bevölkerung, gesteht Pater Borg ein: „Wir fragen uns, was nachher kommt, wie die neue ,Normalität' aussehen wird. Wir sind besorgt wegen den vielen Menschen, die derzeit in die Armut abrutschen. Doch gleichzeitig habe ich den Eindruck, dass ein Appell an die Kirche ergeht, kreativ zu sein und neue Wege zu finden, wie sie den Menschen nahe sein kann. Ich denke, dass die Menschen das wertschätzen, dass sie eine Kirche entdecken, die ihnen näher ist. Das wiederholt der Papst oft. Es ist wirklich wahr, dass wir im selben Boot sitzen.“

„Vielleicht wird jetzt, obwohl man zu Hause bleibt, mehr zur Messe ,gegangen' als vorher!“

Er halte die aktuelle Situation trotz ihrer Schwierigkeiten deshalb für eine Situation, die für alle neue Chancen berge, fährt der Jesuit fort. Viele Menschen verfolgten beispielsweise momentan die tägliche Frühmesse mit Papst Franziskus, gibt er zu bedenken: „Vielleicht wird jetzt, obwohl man zu Hause bleibt, mehr zur Messe ,gegangen' als vorher! Und das ist eine neue Form des Apostolats. Auch wir haben unser Exezitienhaus für Gäste schließen müssen, aber das hat uns nicht daran gehindert, Gebetsmöglichkeiten online anzubieten. Ich selbst zum Beispiel habe Exerzitien für Lehrer geleitet und biete spirituelle Betreuung über Skype, das hätte ich mir vorher niemals vorstellen können.“

Auf Malta selbst sei die Situation der Pandemie unter Kontrolle, berichtet Pater Borg mit Blick auf 400 bestätigte Fälle bei einer Einwohnerzahl von fast 500.000 Menschen weiter. „In den vergangenen Tagen hatten wir täglich etwa einen oder zwei neue Fälle, während die Geheilten immer mehr wurden. Doch vielleicht wird es bei einer zweiten Welle schlimmer.“

Totalausfall des Tourismussektors

Besonders getroffen sei Malta durch den Totalausfall des Tourismussektors, der Haupteinnahmequelle für die Einwohner. Es bestehe die Befürchtung, dass viele Menschen ihre Arbeit verlieren könnten, sollten die Einschränkungen wegen der Pandemie noch lange andauern. „Wir waren eine der stärksten Wirtschaftskräfte in Europa. Wir hängen allerdings fast vollständig vom Tourismus ab. Das wird ein harter Schlag“, zeigt sich der gebürtige Malteser besorgt, der viele Jahre seines Lebens im Nahen Osten verbracht hat. „Es macht mir Angst, zu sehen, was aus der Europäischen Union geworden ist. Man kann nur noch auf dem Papier von einer Union sprechen. Und leider machen auch die neuen Nationalismen, die auftauchen, nicht wirklich Mut. Ein Trauerspiel!“ Die Menschen hätten die Nachkriegszeit und die damit verbundenen Schwierigkeiten, genauso wie die damals empfangenen Hilfen, vergessen und seien mitten in ihrem Wohlstand zu Egoisten geworden, klagt Pater Borg. „Der Papst hat Recht, wenn er uns zur Solidarität aufruft. Es kann keine Union ohne Solidarität geben.“

„Es ist wirklich Maria, die uns dabei helfen kann, diese schwierige Situation anzugehen“

Zum Beginn des Marienmonats Mai erinnert der Pater daran, dass die Marienverehrung auf Malta besonders ausgeprägt sei. Früher, als er ein Kind war, sei der Rosenkranz auf der Straße vor den Haustüren gebetet und mit Lautsprechern verbreitet worden. „Ich weiß, dass in diesen Tagen, wo das Rosenkranzgebet im Fernsehen angeboten wird, viele Menschen zu dieser Form des Gebets zurückfinden. Es ist wirklich Maria, die uns dabei helfen kann, diese schwierige Situation anzugehen: auch sie war im Exil, auch sie hatte ihren Sohn sterben sehen.“

Beistand für die kranke Herde

Man könne also viel von Maria lernen, unterstreicht Pater Borg, der selbst keine Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus hat: „Es ist vielleicht der Vorsehung geschuldet, dass ich mich momentan nicht in Ägypten befinde, wo ich viele Jahre gelebt habe. Dort sind viele arme Freunde, die keine Arbeit haben und in den Armenvierteln leben. Es wäre für mich sehr schwierig gewesen, dort in Isolation zu bleiben. Wie der Papst sagt, müssen wir uns die Hände schmutzig machen und nach der Herde riechen. Und die Herde ist jetzt krank. Das hat nichts mit Leichtsinn zu tun. Ich verstehe, dass das die Regeln sind und dass wir umsichtig sein müssen, aber es kostet mich viel, nicht denen nahe sein zu können, die leiden.“

(vatican news - cs)

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01. Mai 2020, 12:17