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Wanderarbeiter aus Chattisgarh am Bahnhof von Amritsar Wanderarbeiter aus Chattisgarh am Bahnhof von Amritsar 

Indien: An sie denkt keiner

Die Corona-Pandemie legt offen, an welche Personengruppen in einigen Ländern der Welt kaum jemand denkt. In Spanien erwiesen sich zu Beginn der Pandemie alte Menschen in Pflegeheimen als vergessen; in Deutschland waren es Beschäftigte in Schlachthöfen, in Singapur ausländische Arbeiter, in Brasilien sind es die Armen im Amazonasgebiet – und in Indien Wanderarbeiter.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Fast 200 Wanderarbeiter kamen in den letzten Wochen bei Verkehrsunfällen ums Leben. Das hat die Studie einer NGO jetzt ergeben. Angesichts des Corona-Lockdowns versuchten Hunderttausende von Wanderarbeitern, aus den Städten, in denen sie ihr Glück gesucht hatten, zurück in ihre Dörfer zu kommen. Mit dieser Massenbewegung von Menschen quer durch das Land hatten die Behörden offenbar nicht gerechnet.

Die „SaveLIFE“-Stiftung spricht von mindestens 1.400 Verkehrsunfällen in ganz Indien zwischen Ende März und Ende Mai. Dabei seien mindestens 750 Menschen ums Leben gekommen, unter ihnen 198 Wanderarbeiter.

„Man hat die Wanderarbeiter alleine gelassen“

„Man hat die Wanderarbeiter alleine gelassen“, kritisiert der Priester Jaison Vadassery von der bischöflichen Kommission für Migranten. „Sie mussten sich ganz allein gegen Hunger, Krankheit und Unsicherheit auf den Straßen verteidigen.“

Gegenüber der Nachrichtenagentur uca-news sprach Vadassery von einem „Versagen sowohl der regionalen als auch der bundesstaatlichen Behörden“. Leider sei das aber „nichts Neues“: „Wanderarbeiter wurden hier immer schon als Bürger zweiter Klasse behandelt.“ Die Behörden hätten nicht nur versäumt, einen sicheren Transport der Wanderarbeiter zu organisieren. Sie dächten auch nicht daran, dass diese Arbeiter jetzt das Virus landesweit in ihre jeweiligen Dörfer mitbringen könnten.

Lockerungen trotz Rekord-Neuinfektionen

Die indischen Wanderarbeiter stammen in der Regel aus weniger entwickelten Bundesstaaten: Bihar, Chhattisgarh, Jharkhand, Odisha, Rajasthan und Uttar Pradesh. In den Städten suchen sie vor allem Beschäftigung im Baugewerbe, in Fabriken oder auch privaten Haushalten.

Derweil treten an diesem Montag in mehreren indischen Städten, darunter die Hauptstadt Neu-Delhi, Lockerungen der Corona-Beschränkungen in Kraft. Tempel und Moscheen dürfen erstmals seit Ende März wieder ihre Tore öffnen. Zugleich ist die Zahl der Neuinfektionen mit dem Corona-Virus allerdings stark angestiegen: Die Behörden sprechen an diesem Montag von 10.000 neuen Fällen binnen 24 Stunden.

(uca-news)
 

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08. Juni 2020, 12:12