Ukraine: Neue Bewegung zur „Vereinigung“ der orthodoxen Kirche
Die „ukrainisch-orthodoxe Kirche“ des Moskauer Patriarchats steht unter der Leitung von Metropolit Onufrij (Berezowskij), die „Orthodoxe Kirche der Ukraine“, deren von Konstantinopel ausgerufene Autokephalie bisher nur einige wenige orthodoxe Kirchen anerkannt haben, wird von Metropolit Epifanij (Dumenko) geleitet. Die nun entstandene Bewegung „Orthodoxe Einheit der Ukraine“ setzt sich nach Angaben von Pro Oriente dafür ein, beide Kirchen unter Leitung von Metropolit Epifanij zusammenzuführen. Dazu wolle die Bewegung „Formen der Einheit entwickeln, die für beide Kirchen akzeptabel” seien.
Dem Vorstand gehören Politiker, Kirchenleute, Wissenschaftler und Journalisten an, die sich für die Ziele der neuen Bewegung einsetzen wollen. Diese sind im „Memorandum für die Wiederherstellung der Einheit der Orthodoxen in der Ukraine“ dargelegt, das vom Organisationskomitee der neuen Bewegung ausgearbeitet worden ist. Die Autoren berufen sich darauf, dass Klerus und Laien beider Kirchen vom „Wunsch nach Einheit“ erfüllt seien.
Eher der national-ukrainischen Sicht verpflichtet
Aus der Wortwahl der Autoren des Memorandums lässt sich Pro Oriente zufolge allerdings erkennen, dass sie eher der national-ukrainischen Sichtweise zuneigen, die auch zur Gründung der „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ geführt hat. So ist davon die Rede, dass die orthodoxen Ukrainer „sechs Jahrhunderte hindurch“ durch den Mangel an Einheit der Kirche gelitten hätten. Auch wird darauf verwiesen, dass die orthodoxe Kirche in der Ukraine in ihrer tausendjährigen Geschichte „Ziel der Angriffe der Nachbarn, vor allem Russlands und Polens“, geworden sei. Dabei habe es sich um eine „logische Weiterführung“ der Attacken der Nachbarn auf die politische Freiheit der Ukrainer gehandelt. Die Sehnsucht nach Unabhängigkeit der orthodoxen Ukrainer habe schließlich am 15. Dezember 2018 zur Gründung der „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ geführt.
Die Unterzeichner des Memorandums verhehlen aber nicht ihre Enttäuschung über den Verlauf des vom Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. und dem damaligen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko arrangierte „Vereinigungskonzils“ vom 15. Dezember 2018. Denn die überwiegende Mehrheit der kanonischen orthodoxen Bischöfe der Ukraine (mit zwei Ausnahmen) sei damals ferngeblieben. Freilich habe das „Vereinigungskonzil“ – an dem vor allem Bischöfe des sogenannten „Kiewer Patriarchats“ und der sogenannten „ukrainischen autokephalen orthodoxen Kirche“ teilnahmen – für einen Teil der ukrainischen Orthodoxen die Wiederherstellung der eucharistischen Gemeinschaft mit der Weltorthodoxie bedeutet (allerdings wurde die neue „Orthodoxe Kirche der Ukraine“ bisher nur vom Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel, von der orthodoxen Kirche von Griechenland und vom Patriarchat von Alexandrien anerkannt).
Die Unterzeichner des „Memorandums für die Wiederherstellung der Einheit der Orthodoxen in der Ukraine“ räumen ein, dass es durch das sogenannte „Vereinigungskonzil“ vom Dezember 2018 nur zur Entstehung von „zwei kanonischen Kirchen“ in der Ukraine gekommen sei, die aus „rein politischen Gründen“ unabhängig voneinander existieren.
Streit schwächt die Orthodoxie im Land
Der Streit der beiden Kirchen trage nicht zur Stärkung der Orthodoxie in der Ukraine bei, betonen die Unterzeichner des Memorandums. Alle müssten jetzt erkennen, dass man sich entweder mit dem Dilemma der Existenz zweier einander überlappender orthodoxer Jurisdiktionen abfinden oder sich an die „harte Arbeit der Schaffung einer einheitlichen Kirche“ machen müsse. Die erste Variante würde eine Spaltung des ukrainischen Volkes auf Dauer bedeuten, die zweite könne eine Einigung des Volkes um orthodoxe Werte mit der Perspektive einer „Stärkung des ukrainischen Staates“ eröffnen. Abschließend appellieren die Unterzeichner des Memorandums unter Verzicht auf „nationale“ Untertöne an alle orthodoxen Christen in der Ukraine, eine „einheitliche orthodoxe Kirche zur Ehre Jesu Christi, seiner Kirche und der Orthodoxie in der ganzen Welt“ zu bilden.
In der Zwischenzeit steigt nach Darstellung von Pro Oriente in der neuen „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ – und auch in Konstantinopel – die Nervosität, weil die Anerkennung der neuen Kirche durch andere autokephale orthodoxe Kirchen auf sich warten lässt. Sowohl Metropolit Epifanij (Dumenko), das Oberhaupt der neuen Kirche, als auch Metropolit Aleksandr (Drabinko) – einer der beiden von der mit Moskau verbundenen ukrainisch-orthodoxen Kirche „abgesprungenen“ Bischöfe – haben in den letzten Monaten vergebens versucht, eine Anerkennung der „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ durch die orthodoxen Kirchen von Rumänien und von Zypern als unmittelbar bevorstehend darzustellen.
(poi - gs)
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