Welttag gegen Kinderarbeit: Erfolge könnten zunichte gemacht werden
Antonella Palermo und Christine Seuss - Vatikanstadt
Doch an welchem Punkt steht die Weltgemeinschaft im Kampf gegen Kinderarbeit und für eine zivilere Welt? Zwar seien in den vergangenen Jahren große Fortschritte erzielt worden, doch viel muss noch getan werden, betont im Gespräch mit Radio Vatikan Francesco d’Ovidio von der Internationalen Arbeiterorganisation ILO mit Sitz in Genf.
„Es gab sehr gute Erfolge, seitdem die ILO und die internationale Gemeinschaft allgemein damit angefangen haben, sich ernsthaft dem Kampf gegen Kinderarbeit zu verschreiben. In der Tat hat die Anzahl der arbeitenden Kinder in den letzten Jahren um rund 100 Millionen abgenommen. Das ist sicherlich eine sehr positive Tendenz. Aber was uns jetzt große Sorgen bereitet, sind die Auswirkungen, die Covid-19 auf diese Ergebnisse haben könnte oder bereits jetzt hat. Denn wir befürchten, dass sich die Tendenz zum ersten Mal seit 20 Jahren umkehren könnte.“
Die Hälfte der Kinder arbeitet unter besonders harten Bedingungen
152 Millionen Kinder müssten derzeit Schätzungen zufolge weltweit arbeiten, davon 88 Millionen Jungen und 64 Millionen Mädchen, referiert der UN-Fachmann. 108 Millionen, also rund 70 Prozent dieser Kinder müssten im landwirtschaftlichen Sektor arbeiten, also auf Feldern, Plantagen und in der Lebensmittelproduktion allgemein, ein Phänomen, dass sich vor allem auf die ärmeren Familien in ruralen Gebiete beschränke. „Es ist hervorzuheben, dass 73 Millionen der arbeitenden Kinder, also rund 50 Prozent, unter besonders harten Bedingungen arbeiten müssen, die als die schlimmsten Formen von Kinderarbeit gelten. Dabei handelt es sich um Prostitution Minderjähriger, Kinderhandel, schuldenbedingte Sklaverei imd andere Formen der Ausbeutung, wie beispielsweise auch der Missbrauch von Kindern in bewaffneten Konflikten, die von den nationalen Autoritäten als besonders gefährlich eingestuft werden.“
Zwar habe man bisher die größten Erfolge gerade bei diesen Formen der schlimmsten Formen von Ausbeutung erzielt, doch nach wie vor verfolge man das Ziel der völligen Ausrottung dieses hässlichen Phänomens bis 2025, erinnert d’Ovidio. Doch um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, sei eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung auch der Länder nötig, die bislang besorgniserregende Zahlen zu verzeichnen hätten…
Außergewöhnliche Maßnahmen auch im Normalzustand beibehalten
„Wie auch unser Generaldirektor Guy Ryder sagt, appellieren wir dafür, nach dieser Krise [die Welt] auf eine bessere Weise wieder aufzubauen. Und das gilt auch für den Kampf gegen Kinderarbeit. In der Tat haben wir in diesen Monaten - natürlich auch in Europa, aber überall in der Welt - gesehen, dass wirtschaftliche und soziale Maßnahmen umgesetzt wurden, die wir schon seit langem mit Kraft fordern, um Kinderarbeit einzudämmen. Dazu gehören die Stärkung der Ausbildung, des Gesundheitssystems und des Sozialsystems. Es ist uns ein Anliegen, dass diese Maßnahmen, die wegen des Ausnahmezustands getroffen wurden und für die die Finanzierung möglich gemacht wurde, nicht vergessen werden, sobald die Pandemie vorbei ist, sondern dass sie auch weiterhin auf lange Sicht gelten werden. Das ist sicher die beste Garantie dafür, dass diese Krise eine Gelegenheit werden kann.“
Hintergrund
Die Internationale Arbeitsorganisation wurde 1919 gegründet und ist die älteste Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Sie ist zuständig für die Entwicklung, Formulierung und Durchsetzung verbindlicher internationaler Arbeits- und Sozialstandards. Hauptziele der ILO sind die Förderung von menschenwürdiger Arbeit, sozialer Sicherung und die Stärkung des sozialen Dialogs. Regierungsvertreter, Gewerkschaftler und Arbeitgeber aus 187 Ländern sind in ihr vertreten.
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