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Ein Bild des heiligen Franz von Assisi, der vor den Augen eines Schülers die Vögel füttert Ein Bild des heiligen Franz von Assisi, der vor den Augen eines Schülers die Vögel füttert 

Assisi bereitet sich auf das Fest der Vergebung vor

Eine Vergebung, die nach wie vor „das Paradies schafft“: so hatte Papst Franziskus bei seinem Besuch vor vier Jahren in Assisi die Gnade genannt, die der heilige Franziskus für die ganze Welt erbeten hatte. Diese Barmherzigkeit ist auch heute ein Geschenk für die Welt, sagt uns im Interview Bruder Thomas, Pilgerseelsorger in Assisi.

Am Mittwochabend wurde in Assisi das Triduum zur Vorbereitung auf die Vergebungsfeier mit einer feierlichen heiligen Messe, die vom Bischof von Tortona, Vittoria Viola, zelebriert wurde, eingeläutet.

Am kommenden Samstag, 1. August, wird die heilige Messe zur Eröffnung der Vergebungsfeier, wie üblich unter dem Vorsitz des Generalministers des Franziskanerordens, Michael Perry, gefeiert. Diese endet mit der traditionellen Prozession zur „Öffnung der Vergebung“, was bedeutet, dass die der Portiunkula vorbehaltene Gewährung des vollständigen Ablasses auf alle Pfarrkirchen und franziskanischen Kirchen weltweit ausgeweitet wird – allerdings nur bis 24 Uhr des 2. August, dem Zeitpunkt, an dem das Fest endet.

Am Sonntag wird die heilige Messe um 11.30 Uhr gefeiert. Die Gebetswache der Jugendlichen dagegen findet dieses Jahr aufgrund der Corona-Pandemie nur online über die Social-Media Kanäle der Franziskaner um 20.30 Uhr statt. Die traditionelle Wallfahrt der Jugendlichen musste in diesem Jahr ganz ausfallen, ebenso wie das Feuerwerk, das in normalen Zeiten zu Volksfeststimmung beiträgt.

Vollkommener Ablass in der Portiunkula

Um in der kleinen Portiunkula-Kapelle den vollständigen Ablass der zeitlichen Sündenstrafen für sich oder Verstorbene zu erhalten muss man beichten, an der heiligen Messe mit Empfang der heiligen Eucharistie teilnehmen, ein Vaterunser und das Glaubensbekenntnis sowie in der Meinung des Heiligen Vaters beten.

Die Portiunkula in Assisi
Die Portiunkula in Assisi

In der Portiunkula selbst hatte der heilige Franziskus die Vision, aufgrund derer er Papst Honorius III. um das Privileg zur Gewährung des vollständigen Ablasses gebeten hatte. Am 2. August 1216 war es schließlich so weit, und der Heilige aus Assisi konnte vor einer großen Menge und im Beisein der umbrischen Bischöfe die „Vergebung von Assisi“ bekanntgeben, die fortan jedes Jahr an diesem Tag begangen werden sollte. Vor vier Jahren feierte die Weltkirche das 800. Jubiläum dieses bedeutsamen Tages. Auch Papst Franziskus besuchte den umbrischen Wallfahrtsort aus diesem Anlass – allerdings ein paar Tage nach dem großen Fest, das einheimische Gläubige und Pilger aus aller Welt zusammenführte. Pilger, die in diesem Jahr nur schleppend in Assisi eintreffen, berichtet im Gespräch mit Radio Vatikan der Minorit Bruder Thomas Freidel, der seit vielen Jahren als Pilgerseelsorger (aber auch „Fremdenführer“) in Assisi wirkt: 

Zum Nachhören

Bruder Thomas: „Momentan kommen knapp 30 Prozent der Besucher, die uns normalerweise besuchen. Das sind vor allem Kirchenbesucher am Wochenende. Das hat uns auch überrascht, dass schon vor ein paar Wochen, als es möglich war, wieder Gottesdienste zu besuchen, vor allem die italienischen Gläubigen gekommen sind. Und auch jetzt am Wochenende erwarten wir deshalb wieder viele Besucher. Natürlich gibt es aufgrund der aktuellen Schwierigkeiten keine größeren Besuchergruppen aus dem Ausland, es kommen kleinere Gruppen, gerade heute Morgen habe ich wieder eine Gruppe mit sechs Leuten in der Basilika geführt. Die großen Gruppen fehlen, aber die Pilger, die Kirchenbesucher, die am Sonntag kommen, werden am Sonntag jetzt sicher auch kommen.“

Radio Vatikan: Aber wahrscheinlich werden die Feierlichkeiten zum Fest der Vergebung jetzt wegen der Coronabeschränkungen in einem wesentlich kleineren Rahmen stattfinden müssen?

Bruder Thomas: „Ja, sicher, zum Beispiel wurde auch die große Jugendwallfahrt abgesagt, die unsere Mitbrüder von der Basilika Santa Maria degli Angeli organisieren, die ja direkt über der Portiunkula-Kapelle liegt. Jedes Jahr machen sie eine Wallfahrt mit Jugendlichen, die dann hier an der Basilika (Anm. San Francesco) endet, und die gibt es dieses Jahr nicht. Auch andere Wallfahrten wurden abgesagt. Aber es werden trotzdem viele Leute kommen, denn wir haben ja nach wie vor präsent, was der heilige Franziskus damals sagte, nämlich, ich will euch allen helfen, dass ihr zum ewigen Leben kommt. Und deshalb ist ihm damals vom Papst dieses Privileg des Ablasses für diese kleine, damals völlig unbekannte Kapelle der Jungfrau Maria zu den Engeln, also diese kleine Kapelle, die hier im Tal unterhalb der Stadt Assisi liegt, verliehen worden. Diese Kapelle war Franziskus sehr wertvoll, hier ist er auch gestorben am Abend des 3. Oktober 1226. Er konnte für diesen Ort, der ihm sehr wichtig war, diese Möglichkeit erhalten, dass die Menschen hier diesen Ablass gewinnen können, wie es sonst nur in Rom, Jerusalem, Santiago de Compostela, also sehr großen bekannten Pilgerzielen damals möglich war.“

Radio Vatikan: Am 2. August feiert man ja den Jahrestag der Proklamation dieses Ablassprivilegs. Aber was ist denn das Besondere an diesem Fest der Vergebung, wo man doch in der Portiunkula das ganze Jahr über den Ablass gewinnen kann?

Bruder Thomas: „Ja, man kann den Ablass das ganze Jahr über erhalten, aber an diesem Tag wird das ganz besonders begangen und es ist einfach im Bewusstsein vieler Menschen, dass wir das Patrozinium dieser Kapelle feiern, also Santa Maria degli Angeli, von der ja auch, nebenbei bemerkt, die Stadt Los Angeles ihren Namen erhalten hat, denn das war eine franziskanische Missionsgründung dort. Das wird einfach in besonders feierlicher Weise an diesem Tag begangen. Das hat in normalen Jahren einen richtigen Volksfestcharakter, wo auch ein Feuerwerk gezündet wird, und viel Begegnung stattfindet. Dieses Jahr wird man leider nicht in die kleine Portiunkula-Kapelle eintreten können, denn das wäre dann zu eng für die Menschen. Aber das ist auch nicht entscheidend, man besucht diesen Ort trotzdem gerne, die Gottesdienste werden dort gefeiert, so wie auch bei uns hier in der Basilika San Francesco. Wir haben ein eigenes Privileg, das einmal durch einen Papst erlassen wurde, nämlich beginnt bei uns das Fest schon am Vortag der eigentlichen Eröffnung, in diesem Jahr also am Freitag, da kommen dann auch mehr Leute zur Beichte zu uns als das restliche Jahr über.“

Radio Vatikan: Wollen Sie mir vielleicht noch verraten, was Sie selbst an diesem Festtag bewegt, warum es für Sie besonders schön ist, diesen zu begehen?

Bruder Thomas: „Im deutschsprachigen Raum ist das Thema Ablass durch den Missbrauch, der damit getrieben wurde, für die Menschen negativ belastet. Das wurde völlig berechtigterweise kritisiert und war damit auch Auslöser für die Reformation. Aber der Grundgedanke, der dahintersteht, ist ja eigentlich einleuchtend, nämlich, dass Schuld, auch wenn sie vergeben wurde, Folgen hat, die mein Leben und auch unser Gemeinschaftsleben belasten können. Und dass da dann vor allem der Gedanke der Gemeinschaft, der Solidarität ins Spiel kommt, die Kirche also sagt, ja, das was an Ungutem geschehen ist, belastet, aber es ist ja auch viel an Gutem geschehen. Und wir öffnen die Möglichkeit, in spiritueller und geistlicher Weise teilzuhaben an dem Guten, das präsent ist, das Menschen vor uns getan haben und das natürlich in erster Linie Jesus Christus für uns Menschen getan hat.

„Der Gedanke, dass Kirche als Solidargemeinschaft eine Rolle spielt“

Also dieser Gedanke der Solidargemeinschaft, dass man sich mit dem, was einen belastet, aufgehoben fühlen kann in der Gesamtgemeinschaft der Kirche und da auch teilhaben kann an der Aufarbeitung dessen, was belastet. Aber es ist vor allem der gemeinschaftliche Gedanke, dass die Kirche als Solidargemeinschaft eine Rolle fühlt. Und das antworte ich auch, wenn mich Menschen hier fragen, was das heute noch für eine Bedeutung oder einen Sinn hat. Denn es geht ja vor allem um den Einzelnen und um sein Verhältnis zu Gott und zu den Mitmenschen. Und da sich auch wieder diese Barmherzigkeit und Vergebung Gottes zusagen zu lassen, gerade auch in Hinblick auf das, was vielleicht jeden belastet und mich ganz bewusst in die große Gemeinschaft derer hineinzubegeben, die mit mir gehen und mit mir in der Gemeinschaft der Kirche sind. Die begegnen sich auch gerade an einem Tag wie diesem hier, denn es ist ja ein Begegnungsfest mitten in der Sommerzeit hier, und das ist eigentlich für mich auch das Besondere an diesem Tag.“

Radio Vatikan: Sie sind ja auch seit vielen Jahren in Assisi als Pilgerseelsorger tätig und es ist immer wieder ein Erlebnis, mit Ihnen die Heiligen Stätten zu besuchen. Können Sie unseren Hörern sagen, wie sie mit Ihnen in Kontakt treten können, wenn sie Assisi gerne besuchen möchten?  

Bruder Thomas: „Das geht natürlich jederzeit hier vor Ort, man findet auch im Internet sehr leicht meine Zugangsdaten, wenn man nach mir sucht, also Bruder Thomas Freidel und Assisi in die Suchmaschine eingibt. Es geht also auf mehreren Wegen, kurzfristig hier vor Ort oder per Anmeldung, auch für kleinere Gruppen oder Familien, die hier in der Gegend Urlaub machen. Unser Dienst besteht vor allem in der Führung hier in der Basilika San Francesco, die ja ein etwas komplizierter Ort ist mit den vielen Fresken. Es ist auch eine große Kirche, und man kommt hier herein und fragt sich erst einmal, was das eigentlich mit Franziskus zu tun hat. Aber bei näherem Hinschauen kann man sehen, es steckt eine Botschaft dahinter, die mir auch etwas für mein Leben heute sagen kann. Also, es findet sich immer eine Gelegenheit und es ist auch immer ein schönes Erlebnis, den Menschen hier zu begegnen.“

Die Fragen stellte Christine Seuss

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30. Juli 2020, 15:30