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Bethlehem zu Covid-Zeiten: Die Pilger bleiben aus Bethlehem zu Covid-Zeiten: Die Pilger bleiben aus 

Heiliges Land: Die schwierige Situation der Christen in Bethlehem

Die Situation der Christen in Bethlehem ist bereits zu normalen Zeiten keine einfache. Doch nun, angesichts der Corona-Pandemie, dem damit ausbleibenden Touristenstrom und der prekären Gesundheitsversorgung, ist sie geradezu verzweifelt. Das berichtet im Gespräch mit Radio Vatikan Vincenzo Bellomo von der Vereinigung Pro Terra Sancta in Bethlehem.

Christine Seuss und Fabio Colagrande - Vatikanstadt

Der Italiener, der seit 13 Jahren im Dienst der Kustodie des Heiligen Landes steht, beschreibt die dramatische wirtschaftliche Situation der palästinensischen Familien, von denen viele alle ihre Ersparnisse in Projekte investiert haben, die mit dem religiösen Tourismus zusammenhängen. Die Kustodie des Heiligen Landes versucht mit ihren Mitteln, den Auswirkungen der zweiten Pandemie-Welle entgegenzutreten und notleidende Familien zu unterstützen.

Besonders betroffen von der Blockade der Pilgerfahrten, die seit Anfang März besteht, ist die christliche Gemeinde in Bethlehem. Denn vor allem deren Einkommen ist eng mit dem religiösen Tourismus verbunden. Für sie gilt es nun nicht nur, mit der Besorgnis über das Virus fertigzuwerden, das in der zweiten Welle mit noch stärkerer Macht zuzuschlagen scheint, sondern auch, die zum täglichen Leben notwendigen Mittel aufzubringen. Öffentliche Unterstützung: Fehlanzeige. Seit Ende Juni habe sich die Situation, die zunächst unter Kontrolle schien, wieder deutlich verschärft, berichtet Vincenzo Bellomo aus Bethlehem:

„Jetzt sind wir mitten in der zweiten Welle, wir befinden uns im Ausnahmezustand“

„Wir hatten in den ersten Tagen des Monats März im ganzen Heiligen Land einen ersten Coronavirus-Alarm. Damals hatte es in Bethlehem die höchste Zahl von Fällen gegeben. Dieselbe anfängliche Phase der Angst, die die Geschichte Italiens und anderer Länder in Europa geprägt hat. Gegen Ende Mai und in den ersten Tagen des Juni schien es dann, als sei der Notstand vorbei. Aber seit Ende Juni haben die Fälle von Coronaviren in ganz Israel wieder stark zugenommen, und selbst hier in Palästina gelten wir heute wieder als Hotspot. Wenn man bedenkt, dass die ersten Flüge wieder angelaufen waren, zwischen Mai und Juni schienen wir auf dem Weg in eine bessere Phase... Aber jetzt sind wir mitten in der zweiten Welle, wir befinden uns im Ausnahmezustand.“

In Israel habe man es mit etwa zweitausend Corona-Fällen pro Tag zu tun, während in Palästina der Durchschnitt bei etwa sechshundert Fällen pro Tag liege, berichtet Bellomo. Insbesondere in den Palästinensergebieten ist die gesundheitliche Versorgung aufgrund der starken Einschränkungen bereits zu normalen Zeiten mangelhaft – nun auch mit der Coronavirus-Pendemie fertigzuwerden, ist eine Herausforderung, der das System trotz aller Anstrengungen kaum Herr werden kann, zeigt sich Bellomo besorgt.

„In diesen drei oder vier Monaten hat die Palästinensische Autonomiebehörde versucht, alles zu tun, um sich mit Zentren in den wichtigsten, vom Virus betroffenen Städten zu organisieren. Ein kleines Zentrum für Covid mit fünfzig Betten wurde ebenfalls in Bethlehem eingerichtet. Aber es ist ein Zentrum, das eine Bevölkerung von fast zweihunderttausend Einwohnern versorgen muss, Sie verstehen also, dass die Besorgnis sehr groß ist. Auch weil fast die Hälfte dieser fünfzig Betten bereits auf der Intensivstation belegt ist.”

Wirtschaftliche Sorgen größer als gesundheitliche Sorgen

Trotzdem, so zeigt sich Bellomo überzeugt, seien es derzeit vor allem die wirtschaftlichen Nöte, die die Bevölkerung umtreiben. Insbesondere in der Gegend von Bethlehem, die praktisch der Motor für die mit dem religiösen Pilgertourismus verbundene Wirtschaft in ganz Palästina ist...

„Sie müssen nur beenken, dass hier seit dem 5. März praktisch alles zum Stillstand gekommen ist und es keine soziale Sicherheit, kein Unterstützungssystem gibt. In diesen Fällen sind die Familien die einzige Form der Unterstützung. Aber die finanzielle Situation ist sehr ernst, und leider haben wir nicht einmal eine Prognose, wie lange diese Krise andauern kann. Sicher ist, dass bis zur Wiederaufnahme der Pilgerreisen die finanzielle Situation der Familien und Menschen, denen wir hier seit vielen Jahren dienen, wirklich in der Schwebe ist.”

Boom der Pilgerreisen führte zu verstärkten Investitionen - und damit Verschuldung

Auch die Geburtskirche und die anderen Heiligen Stätten seien für Pilger derzeit geschlossen, an manchen Stellen des Städtchens, in dem Pilger sonst wegen des großen Besucherandrangs sogar Schwierigkeiten haben können, eine Hotelunterkunft zu bekommen, wachse mittlerweile hohes Gras, ein beredtes Sinnbild für die Auswirkungen des Lockdowns, der den Tourismus praktisch völlig zum Erliegen gebracht hat, bedauert Bellomo. Vor allem in den vergangenen Jahren habe es einen „Boom“ von Pilgerreisen im Heiligen Land gegeben, auch durch die relativ stabile politische Situation.

„Das ermutigte die Familien, kleine Investitionen zu tätigen, ihre Kinder an der Universität einzuschreiben, Pläne für die Zukunft zu schmieden und sich deshalb auch zu verschulden”, erläutert Bellomo. „Das Problem ist, dass jetzt alles zum Stillstand gekommen ist und die Palästinensische Autonomiebehörde hier keine sozialen Sicherungssysteme hat, so dass die Situation für die Familien ziemlich dramatisch ist.”

Grenzverkehr bereitet Sorgen

Auch die Lage der Menschen aus Bethlehem, die normalerweise den israelischen Checkpoint passieren, um zur Arbeit in und um Jerusalem zu gelangen, sei prekär. Zwar seien die Genehmigungen dafür durch die israelischen Behörden aufrecht erhalten worden, doch die Autonomiebehörde hatte angesichts der hohen Infektionszahlen in Israel versucht, den Übertritt von einem ins andere Gebiet zu unterbinden. Ein Anliegen, das sich der schieren Not der Menschen, die in Israel zumindest ein Auskommen haben, beugen musste.

„Deshalb kommen immer wieder viele Menschen über den Checkpoint, und seit etwa einem Monat haben sich die israelischen und palästinensischen Behörden darauf geeinigt, dass diejenigen, die ihn passieren, um in Israel arbeiten zu gehen, dort für mindestens vierzehn Tage einen Schlafplatz haben müssen. Wenn sie dann theoretisch nach Palästina zurückkehren, sollten sie sich testen lassen oder ein paar Tage in Quarantäne gehen. Ich muss sagen, dass die Pandemie auch das System der Kontrollen, der Grenzen, in eine Krise gestürzt hat, denn es ist eine Krise, die alle betrifft, nicht nur einen Teil. Es gibt also Regeln, aber es herrscht auch viel Verwirrung.”

Keine Renten, keine Sozialsysteme

Seine Hilfsorganisation, die im Dienst der Kustodie des Heiligen Landes steht, kümmere sich seit jeher um die grundlegenden Bedürfnisse der Menschen in dem Gebiet, erläutert Bellomo. „Wir kümmern uns um die älteren Menschen, besonders in dieser Zeit, aber wir haben das immer getan, weil sie an einem Ort, an dem es kein Sozialsystem gibt, zu den am stärksten Betroffenen gehören, weil es hier keine Rente gibt. Wir arbeiten auch mit Behinderten, mit Menschen in Schwierigkeiten, wir haben ein Sozialzentrum, das ich zusammen mit einem anderen Sozialarbeiter leite. Dort nehmen wir Menschen auf, die medizinische Versorgung benötigen. Hier gibt es in der Tat kein funktionierendes öffentliches Gesundheitssystem.“

Ein weiterer Bereich der Arbeit von Pro Terra Sancta liege darin, als eine Art Sprachrohr für die Schönheit der zu besichtigenden Orte im Heiligen Land zu wirken, erläutert Bellomo die vielfältigen Aktivitäten seiner Vereinigung. „Aber der Schwerpunkt unserer Mission lag schon immer auf der Arbeit, insbesondere für junge Menschen. In diesen Wochen aktivieren wir auch ein wichtiges Projekt, das wir mit Hartnäckigkeit verfolgen wollen, weil das schon vor der Pandemie ein Traum von uns war. ,Das Haus der drei Könige' soll das erste Beschäftigungszentrum in Palästina sein. Ziel ist es, der Arbeit die Bedeutung zu geben, die sie für alle Menschen verdient, mit besonderem Augenmerk auf denjenigen, die sich in Schwierigkeiten befinden.”

Viele junge Menschen durch den Konflikt gezeichnet

Und derer gibt es in Palästina wahrlich genug, wirft Bellomo ein Schlaglicht auf die widrigen Umstände, die insbesondere jungen Menschen zu schaffen machen und ihre Entwicklung unweigerlich negativ beeinflussen:

„Palästina ist unter den arabischen Ländern das Land mit der höchsten Zahl junger Menschen mit Problemen geistiger Behinderung, aber auch Depression. Dies ist auf den Konflikt zurückzuführen. Wir wollen diesen jungen Menschen eine Arbeitsmöglichkeit bieten. Hier zu arbeiten ist auch ein Mittel, um Auswanderung zu vermeiden, die Familien hier zu halten. Wenn Sie eine Arbeit und ein anständiges Gehalt haben, werden Sie nicht versuchen, zu emigrieren. Gerade in diesen Wochen, in denen viele Menschen ihren Arbeitsplatz verloren haben, versuchen wir auch, Projekte und Aktivitäten neu zu erfinden. Zum Beispiel, die Herstellung von Masken: wir haben hier eine Gruppe von Frauen, die lernen, wie man sie näht. Oder Gebäude-Renovierung. Wir versuchen, so weit wie möglich an der Seite der örtlichen Gemeinschaft zu bleiben, indem wir sowohl Hilfe als auch Nähe anbieten.“

(vatican news)

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31. Juli 2020, 12:49