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Flüchtlinge protestieren nach dem Brand in Moria auf Lesbos Flüchtlinge protestieren nach dem Brand in Moria auf Lesbos  

Nach dem Brand in Moria: Asylpolitik grundsätzlich überdenken

Nach dem verheerenden Brand im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos werden die Rufe nach einer schnellen und solidarischen Aufnahme der Schutzsuchenden in verschiedenen europäischen Ländern lauter. Die Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Union (Comece) forderte in einer Mitteilung an diesem Freitag ein „schnelles und entschiedenes Handeln, um die Überstellung von Asylbewerbern von den griechischen Inseln endlich Wirklichkeit werden zu lassen“.

Anne Preckel und Giancarlo La Vella – Vatikanstadt

In Deutschland setzte sich der Würzburger katholische Bischof Franz Jung gemeinsam mit Caritas-Verantwortlichen bei dem deutschen Bundesinnenminister Horst Seehofer für die Aufnahme von 2.000 Flüchtlingen aus dem abgebrannten Lager ein.

Der Almosenmeister des Papstes, der polnische Kurienkardinal Konrad Krajewski kritisierte die Politik in Europa scharf: Seit Jahren schon hätte das Lager auf der griechischen Insel Lesbos, in dem sich zuletzt fast 13.000 Menschen aufhielten, geleert werden können, so Krajewski im Interview der Zeitung „Corriere della Sera“ vom Mittwochabend (Online-Ausgabe). Bereits bei seinem ersten Besuch 2016 zusammen mit Papst Franziskus „haben wir gefordert, dieses 'Konzentrationslager', wie der Papst es damals zu Recht nannte, dieses neue europäische Lager aufzulösen“, sagte er.

Widerspruch zu europäischen Werten

Die Wortwahl „Konzentrationslager“ war damals auf Kritik gestoßen, weil viele damit vor allem NS-Vernichtungslager assoziierten. Franziskus wie auch Krajewski meinten demnach jedoch Lager, in denen viele Menschen konzentriert festgehalten würden.

Der Vatikan und die Gemeinschaft Sant'Egidio hätten leider nur einige Dutzend Personen nach Italien holen können, erklärte Krajewski. Dort würden diese Menschen gut integriert, lernten Italienisch, besuchten Schulen und kosteten den Steuerzahler keinen Euro, so der Kurienkardinal, der Sozialbeauftragter des Papstes ist. Mit ihrer Untätigkeit bringe die Politik Menschen um. „Eine unmenschliche Politik, die allen europäischen Werten widerspricht.“

EU-Asylpolitik grundsätzlich ändern

Auch der Direktor der von Jesuiten geführten Flüchtlingshilfstelle „Centro Astalli“ in Rom sieht eine schnelle Aufnahme der Hilfesuchenden in Europa als bitter notwendig an. Pater Camillo Ripamonti sagte uns:

„Wir halten das für eine Pflicht – auch wenn es schwierig scheinen mag für ein Europa, das Mühe hat, seinen Verantwortlichkeiten angesichts des Migrationsphänomens nachzukommen. Verantwortlichkeiten, die eigentlich Europa im Ganzen betreffen. Es wäre jetzt der Moment, in dem die Staatengemeinschaft einen Schritt nach vorne machen und die Flüchtlinge von Moria gemeinsam aufnehmen sollte.“

Der Brand in Moria stellt für Ripamonti die bisherige Asylpolitik der EU auf den Prüfstand. Der Ansatz, die Ankommenden in überfüllten und isolierten Lagern wie dem auf Lesbos unterzubringen, sollte grundsätzlich überdacht werden. Aufnahme sollte viel stärker mit Integration verknüpft werden, plädiert der Jesuit:

„Aufnahme und Integration müssen die beiden Worte sein, an denen sich Europa orientieren muss, um diese Menschen, die vor Kriegen und Verfolgung fliehen, immer besser aufnehmen zu können. Vergessen wir nicht, dass die meisten Menschen auch in Moria aus Syrien oder Afghanistan kommen. Sie fliehen vor Situationen der Gewalt und des Krieges. (…) Angeischts dessen wäre eine Reform des Asylsystems in europäischer Hinsicht vonnöten.“

Laut aktuellem Stand können Flüchtlinge vorerst nur in dem Land Asyl beantragen, in dem sie nach ihrer Flucht ankommen. Einen verbindlichen Verteilungsschlüssel oder eine geregelte Lastenteilung bei der Lebensrettung, Aufnahme und Integration von Migranten und Flüchtlingen in Europa gibt es bislang nicht.

Die obdachlos gewordenen Flüchtlinge von Moria haben bereits mehrere Nächte unter freiem Himmel verbracht. Nach dem Brand des Flüchtlingslagers fehlt es ihnen an Wasser, Essen, Kleidung und Sanitäranlagen. Aufgrund der Krisensituation kam es zu Demonstrationen und auch Spannungen mit den Einwohnern von Lesbos.

(vatican news/corriere della sera/kna – pr)

 

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11. September 2020, 14:18