Nuntius in Syrien: Die Hoffnung stirbt allmählich
Mario Galgano und Massimiliano Menichetti - Vatikanstadt
Über eine halbe Million Tote und etwa 12 Millionen Vertriebene: Dies ist die vorläufige Bilanz des seit zehn Jahren wütenden Konflikts in Syrien. Zu der wachsenden Armut und dem Hunger kommt nun auch noch die Bedrohung durch das Coronavirus, wie uns der Papstbotschafter in einem Interview sagt.
Zenari erinnert daran, dass Papst Franziskusoft vom „Dritten Weltkrieg in Stücken“ spricht. Tag für Tag werde Syrien Opfer von chemischen Waffen, Streubomben, Minen; Entführungen und Massengräbern gehörten leider zum Alltag, Aussicht auf Frieden oder ein bisschen Stabilität gebe es nicht.
„Was leider in Syrien in den Herzen der Menschen stirbt, ist die Hoffnung: Viele Menschen, die nach zehn Jahren Krieg jetzt immer noch keinen wirtschaftlichen Aufschwung, keinen Wiederaufbau erleben, verlieren die Hoffnung, und das tut sehr weh. Die Hoffnung zu verlieren bedeutet in Wirklichkeit, etwas Grundlegendes und Lebensnotwendiges zu verlieren. Und so müssen wir versuchen, das Vertrauen wiederherzustellen, diesen armen Menschen Hoffnung zurückzugeben.“
Neue Verfassung
Derzeit werde in Damaskus an einer neuen Verfassung gearbeitet, die nach Meinung vieler das Vertrauen zwischen den Parteien stärken könnte. Doch seien in vielen Teilen des Landes fast jede Nacht Raketen am Himmel zu sehen. Die Bomben machten das Land immer mehr zu einem „Trümmerhaufen“, wie der Nuntius in Damaskus formuliert. Er wisse um „eine lange Reihe von Gräueltaten“, verliere jedoch selber nicht die Hoffnung.
„Und hier möchte ich noch etwas erzählen. Es gibt einen Schriftsteller, einen syrischen Journalisten, der vor einigen Monaten schrieb: Viele Syrer sind durch verschiedene Arten von Waffen gestorben, von Streubomben über Rohrbomben und Raketen bis hin zu chemischen Waffen. Aber - so schrieb er - das Schwerste ist es zu akzeptieren, dass man stirbt, ohne dass jemand darüber spricht.“
Armuts-Bombe
Die Lage im Nahen Osten sei noch komplizierter geworden, deshalb werde immer weniger über Syrien gesprochen - und das in einer Zeit, in der Syrien wirklich sehr leide, fügt der Nuntius hinzu. Zwar sei der Krieg im Moment in einer weniger gewalttätigen Phase, aber es gebe noch viele andere Dramen im Land: Nach Angaben der Vereinten Nationen betreffe die „Armuts-Bombe“, wie Kardinal Zenari formuliert, mehr als achtzig Prozent der Bevölkerung.
„Wir können die Auswirkungen von Hunger und Unterernährung vor allem bei Kindern und Kranken sehen. Es braucht jetzt dringend Hilfe! Auf internationaler Ebene ist die Rede von mehreren Milliarden US-Dollar, konkret wird sogar von rund 400 Milliarden Dollar gesprochen. Soviel Geld wäre nötig, um Syrien wieder auf den Weg des Wiederaufbaus und der wirtschaftlichen Erholung zu bringen.“
(vatican news)
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