Pizzaballa im Interview: Was ich in Jerusalem erreichen will
Der Franziskaner Pizzaballa verfügt über lange Erfahrung im Heiligen Land. So war er – nach seinem Studium und dem Eintritt in die Kustodie des Heiligen Landes - von 2004 bis 2016 (eine sehr lange Zeit für das Amt, das alle vier Jahre neu besetzt wird) selbst Kustos, bevor Papst Franziskus ihn in Nachfolge von Foud Twal zum Übergangsleiter (Apostolischer Administrator) des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem ernannte.
2014 war es Pizzaballa, den der Papst mit der Organisation des historischen Friedensgebetes in den Vatikanischen Gärten betraute. Daran nahmen neben Israels Präsident Shimon Peres und dem palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas auch der Papst selbst sowie der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. teil. Am 24. Oktober wurde der Italiener zum neuen Patriarchen von Jerusalem, und nur vier Tage später legte ihm der Papst in Rom selbst das Pallium um.
Der frisch gebackene Patriarch erklärt im Gespräch mit uns, dass seine Priorität jetzt darin bestehe, „für die Einheit in einem vielgestaltigen diözesanen Kontext zu sorgen, in dem verschiedene Nationen, verschiedene Sprachen und Kulturen nebeneinander existieren“. Das Patriarchat von Jerusalem hat die Zuständigkeit für die Katholiken des lateinischen Ritus in Israel, Palästina, Jordanien und Zypern.
Eine gemeinsam unternommene Reise
Der neue Weg des Patriarchen wird sicher kein einsamer sein: Er will Laien, Priester, Seminaristen und Ordensleute sowie Diakone einbeziehen. „Der Bischof“, so die Überzeugung Pizzaballas, „darf nicht einfach Räume besetzen, sondern muss neue Räume schaffen. Und er muss zu einem Element der Einheit werden: Einheit bedeutet nicht, dass er allein existiert, sondern er muss dafür sorgen, dass die Herde, die Gemeinschaft, zusammengeführt wird“.
Neue Herausforderungen durch die Pandemie
Auf sozialer Ebene wird sich der Patriarch jedoch nicht nur den altbekannten Problemen, sondern auch neuen Fragen stellen müssen. „Die alten Probleme“, sagt er, „sind zum Beispiel der israelisch-palästinensische Konflikt, die angeschlagene Wirtschaft, ein sehr fragiler Sozialstaat, vor allem in einigen Teilen des Territoriums. Die neuen Situationen sind die durch die Pandemie verursachten Schwierigkeiten, die unsere schon vorher prekären Bedingungen noch verschlimmern.“
Auf die Frage, was seine erste offizielle Handlung als Patriarch sein wird, antwortet Pizzaballa, dass es „jetzt nicht die Zeit ist, sofort Regierungsakte zu vollziehen. Aber es ist klar, dass man an die ersten Mitarbeiter denken muss, denn der Bischof arbeitet nicht allein; so wird es notwendig sein, über die Ernennung der Vikare in den verschiedenen pastoralen Regionen nachzudenken, über die der Presbyterialräte und so weiter... Kurz gesagt, zunächst einmal müssen wir eine Gruppe von Mitarbeitern schaffen, mit denen wir die Linien für die nahe Zukunft umreißen können“.
Gebet und Hoffnung, Kompass für den neuen Dienst
Doch vor allem seien es Hoffnung und Gebet, die sein komplexes Amt prägen sollen, betont der Patriarch im Gespräch mit uns. „Die christliche Hoffnung ist jedoch nicht der einfache Optimismus, der uns sagen lässt, dass alles in Ordnung ist. Wir verwechseln diese beiden Dinge oft. Christliche Hoffnung ist es, dem, was wir leben, einen Sinn zu geben. Die Aufgabe des Bischofs besteht darin, zu lernen und dann sein Volk anzuleiten, in einer gegebenen Situation zu leben, wobei er eine Haltung der Belastbarkeit und nicht eine Haltung der Niederlage oder Frustration einnehmen soll. Klarerweise ist das Gebet die Voraussetzung für all dies. Es ist das Gebet, das Kraft gibt.“
(vatican news - cs)
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