McCarrick-Bericht: „Das war genau der falsche Ansatz“
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Der frühere Erzbischof von Washington ist mittlerweile aus dem Klerikerstand ausgestoßen worden.
Der künftige Kardinal Wilton D. Gregory, jetziger Erzbischof der US-Hauptstadt, hat nun eine neue Stellungnahme zum Bericht veröffentlicht. Darin schreibt er, er habe die mehr als 400 Seiten aufmerksam studiert, „um herauszufinden, was darin über unsere Ortskirche steht“. Doch dann sei ihm auf einmal klargeworden: „Das war genau der falsche Ansatz.“
Es gehe in „dieser tragischen Chronik“ nämlich gar nicht um einzelne Bistümer: „Es geht um das schwere Leid, das dieser lügnerische Mensch zu vielen Menschen zugefügt hat. Und es geht um katholische Verantwortliche, die in diesem Fall offenbar völlig versagt haben.“
Gregory, der Ende November vom Papst als erster Afroamerikaner ins Kardinalskollegium aufgenommen wird, rät dazu, den McCarrick-Bericht „mit den Augen der Missbrauchs-Überlebenden und ihrer Familien“ zu lesen. Dann würden die „dunklen Ecken unserer Kirche“ offenbar, für die er sich zutiefst schäme.
„Da fällt auf einmal helles Sonnenlicht auf eine Kultur, die zu oft damit beschäftigt war, die Kirche nicht etwa aufzubauen, sondern zu unterminieren. Das geht viel weiter als nur das amoralische Verhalten eines einzigen, gefallenen Klerikers. Die von uns, die Führungsverantwortung tragen, haben zu oft nicht verstanden und nicht verhindert, dass unseren unschuldigen Gläubigen Gewalt angetan wird.“
In der Wachsamkeit nicht nachlassen
Natürlich ist Erzbischof Gregory – falscher Ansatz hin oder her – doch erleichtert, dass aus dem McCarrick-Bericht keine sexuellen Missbrauchsfälle hervorgehen, die in seinem Washingtoner Erzbistum begangen wurden. Doch das sei „nur ein geringer Trost“. „Ich verspreche Ihnen von ganzem Herzen, dass die Wachsamkeit in unserem Erzbistum weiter anhalten wird.“
Sein Vorgänger McCarrick „mag ja sehr charmant und gesellig gewesen sein“, doch sein Verhalten sei „dem Evangelium diametral entgegengesetzt“ gewesen. „Für einen Priester kann es kein schlimmeres Versagen geben – außer vielleicht, so ein Verhalten bei anderen mitzubekommen, aber nichts dagegen zu tun.“ Nie wieder dürfe es so weit kommen, dass Opfer sich nicht trauten, auszusagen, weil sie den geballten Machtapparat der Kirche gegen sich hätten.
Die Kirche habe sich, „wenn auch sehr spät“, getraut, den Fall McCarrick ehrlich zu untersuchen und das Thema Rechenschaftspflicht von Bischöfen in den Blick zu nehmen. „Wie weitgehend und dauerhaft solche Schritte sein werden, das müssen wir den zahllosen Menschen, die wir enttäuscht haben, erst noch beweisen.“
(vatican news)
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